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Was der Winter verschwieg (German Edition)

Was der Winter verschwieg (German Edition)

Titel: Was der Winter verschwieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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andere es aufnehmen konnte.“
    Die Unterhaltung fühlte sich für Sophie unwirklich an. Sie sprach mit ihrem ehemaligen Schwager, den sie seit Jahren kannte, und doch war das hier die vermutlich ehrlichste Unterhaltung, die sie je mit ihm geführt hatte.
    „Nun, die Gefahr, mich nach einem geheimnisvollen Mann zu verzehren, besteht bei mir nicht.“ An Noah war überhaupt nichts Geheimnisvolles. Abgesehen vielleicht von ihrem Wunsch, ihre Beziehung geheim zu halten.
    „Jetzt ist alles so gut“, erklärte Philip, „dass es mir schon beinahe Angst macht. Meine Töchter sind beide verheiratet, und Laura und ich haben gerade den Termin festgesetzt. Der erste Samstag im Mai.“
    Sophie beneidete ihn dafür, dass er nach so vielen Jahren als Single nie die Hoffnung auf Liebe aufgegeben hatte und nun diesen Sprung wagte. „Das ist ja toll. Ich freue mich sehr für dich, Philip.“
    Er grinste. „Sie und ich sind der Beweis, dass Liebe ihre ganz eigene Zeitrechnung hat. Jemand, den man seit Jahren kennt, wird auf einmal zum Mittelpunkt deiner Welt.“
    Sie überquerten den geschäftigen Marktplatz. Die Anwaltskanzlei befand sich in einem alten, dreistöckigen Backsteingebäude mit reich verzierter Fassade, das im Erdgeschoss einen Buchladen und ein Café beherbergte. Sophie stellte überrascht fest, dass sie ein wenig nervös war. Was, wenn diese M. L. Parkington mit den Romano-Schwestern befreundet war? Als der Gedanke versuchte, sich in ihr festzusetzen, erkannte sie, dass das die Denkweise der alten Sophie war – das Schlimmste annehmen und weglaufen. Doch dieser Mensch war sie nicht mehr. Na gut, sie
versuchte
, nicht mehr dieser Mensch zu sein.
    „Alles in Ordnung mit dir?“, erkundigte sich Philip. „Du bist auf einmal so still.“
    „Ich lasse das alles nur gerade sacken. Ich denke, du und Laura werdet ein wundervolles Leben haben.“
    „Und du?“
    „Bei mir wird auch alles gut.“
    Melinda Parkington wurde von allen nur Mel genannt. Sie war Asiatin und hatte ihren Juraabschluss an einer Universität gemacht, von der Sophie noch nie etwas gehört hatte. Mit einem strahlenden Lächeln begrüßte sie ihre Besucher auf angenehm selbstbewusste Art. Sie war mit ihrem dritten Kind im achten Monat schwanger, und ihre Kanzlei würde sehr bald eine Weile ohne sie auskommen müssen.
    „Bleiben Sie sitzen“, sagte Sophie und streckte die Hand aus, um Mel zu begrüßen.
    Mel lächelte und stützte einen Schnellhefter auf ihrem Bauch ab. „Danke. Ich habe mir gerade Ihren Lebenslauf angeschaut“, sagte sie, nachdem Philip die beiden allein gelassen hatte. Sie zeigte auf die Mappe. „Sehr beeindruckend. Ich glaube, ich bin eifersüchtig.“
    Sophie ließ ihren Blick über die kindlichen Kunstwerke gleiten, die eine Wand des Büros bedeckten – mit Wachsmalstiften gemalte Bilder, zwei kleine Handabdrücke in Ton, viele bunte Fotos. „Das müssen Sie nicht. Ihre Familie ist toll. Wer kümmert sich um Ihre Kinder, während Sie arbeiten?“
    „Meine Schwiegermutter. Ich habe großes Glück, sie so nah bei mir zu haben. Doch nach der Geburt plane ich, sechs Monate zu Hause zu bleiben.“ Mel legte die Mappe beiseite. „Gibt es einen Grund, warum Sie sich aus dem internationalen Recht zurückziehen?“
    Auf diese Frage war Sophie vorbereitet. Sie wusste, dass das Thema aufkommen würde, und ihre potenzielle Partnerin verdiente es, darüber Bescheid zu wissen, was passiert war. Doch auch wenn sie die Frage erwartet hatte, war sie nicht darauf vorbereitet, wie schwer es wäre, sie zu beantworten. Ihr Mund wurde mit einem Mal ganz trocken.
    „Da gab es diesen Vorfall im Januar dieses Jahres … einen gewalttätigen Vorfall in Den Haag. Ich steckte mit einem Mal mittendrin.“ Sie reichte Melinda ein Dossier. „Hier ist der offizielle Bericht des Auswärtigen Amts. Sie können ihn gerne lesen und mich dann wissen lassen, wenn Sie noch weitere Fragen haben.“
    Melinda überflog das Dokument. Dann schloss sie die Mappe und musterte Sophie lange und eindringlich.
    „Ich kann es mir nicht leisten, richtig in Elternzeit zu gehen“, sagte sie. „Ich muss meine Kanzlei am Laufen halten. Kommen Sie, ich führe Sie herum.“
    Die Kanzlei bestand aus Mel, einem anderen Anwalt namens Wendell, der eine Fliege trug und so schüchtern war, dass er Sophie kaum anschauen konnte, und Daphne, dem Mädchen für alles, die hellrosa gefärbte Haare hatte und deren Schreibtisch neben einer Reihe Klientenakten und Buchhaltungsordnern

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