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Was der Winter verschwieg (German Edition)

Was der Winter verschwieg (German Edition)

Titel: Was der Winter verschwieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Mel sich in den Mutterschutz verabschiedete, waren einige familienrechtliche Fälle noch anhängig. Und so saß Sophie mit einem Mal einem Mann namens Alfie Garner gegenüber, der sich von seiner Frau scheiden lassen wollte. Das Konsultationsgespräch fühlte sich seltsam an, beinahe wie ein Déjà-vu. Sie hatte nichts mit diesem Mann gemeinsam. Er verdiente sich seinen Lebensunterhalt als Truckfahrer, seine Frau war Hausfrau und Mutter, und doch waren ihr jedes Wort, das er sprach, sein verzweifelter Gesichtsausdruck und die Traurigkeit in seinen Augen nur allzu vertraut. Vertraut, aber … weit weg. Ja, auch sie hatte dieses Tränental durchschritten, aber jetzt war sie in der Lage, Alfie in die Augen zu schauen und aufrichtig zu sagen: „Es wird besser, glauben Sie mir.“
    Schnell erkannte sie, dass man ein solides Verständnis von Familien haben musste – wie sie funktionierten, auf welche Arten sie auseinanderbrechen konnten und wie man das zarte Gleichgewicht dazwischen fand –, um gut im Familienrecht zu sein. Sie wechselte ständig zwischen der alten Sophie – scharf, schnell urteilend, immer kontrolliert – und der Frau, die sie jetzt sein wollte – verständnisvoll, flexibel, mitfühlend –, hin und her. Interessanterweise stellte sie fest, dass eine Kombination aus beiden ihren Klienten am besten zu helfen schien. Was ihr nur recht war, denn sie vertraute der neuen Sophie noch nicht so recht. Ihr gefiel es nicht, so verletzlich zu sein.

24. KAPITEL
    D aisy fuhr vor dem Haus ihrer Cousine vor. Olivia und ihr Ehemann Connor Davis hatten es direkt am Fluss gebaut, und es war traumhaft schön geworden. Von außen bestand es aus Flusssteinen und Holz und hätte sich gut auf einer Doppelseite in einem Architekturmagazin gemacht. Doch als Daisy ihren Sohn aus dem Kindersitz holte, waren ihre Gedanken nicht bei dem Haus. Sondern bei Julian Gastineaux.
    Er war Connors jüngerer Bruder – Halbbruder –, der zu Besuch in die Stadt gekommen war. Vermutlich hatte jeder tief in seiner Vergangenheit einen Julian begraben. Der perfekte Junge, an den man immer dachte, auch wenn man ihn Monate oder gar Jahre nicht gesehen hatte. Derjenige, von dem man sich wünschte, er würde den nächsten Schritt machen. So einer war Julian. Außerdem war er der Typ Junge, der Eltern Sorgen bereitete – gefährlich und aufregend, ein Adrenalinjunkie, der Extremsport, schwindelnde Höhen und ungewöhnliche Musik mochte. Seine häusliche Lage war etwas prekär, und er sah genauso aus, wie man sich die bösen Jungs vorstellte. Er trug hauptsächlich schwarze T-Shirts und Jeans, die tief auf den Hüften saßen, und er fuhr Motorrad. Was ihn – alles zusammen – natürlich unwiderstehlich machte.
    Als sie auf der Veranda stand und an die Tür klopfte, fragte Daisy sich, ob er sich sehr verändert hatte, jetzt, da er auf ein erstklassiges College ging. Vielleicht hatte sein erstes Semester auf der Cornell ihn in einen Streber verwandelt oder …
    „Hey, Daisy.“ Da stand er und hielt ihr die Tür auf.
    Cornell hatte ihn definitiv nicht in einen Streber verwandelt. Cornell – oder der Lauf der Zeit oder die ganzen Extremsportarten – hatten ihn noch umwerfender gemacht, als sie ihn in Erinnerung hatte. Er hatte immer noch Dreadlocks, die breitschultrige Figur eines Athleten und ein Lächeln, das sein gesamtes Gesicht erhellte.
    „Selber hey.“ Sie grinste zurück. „Es ist echt schön, dich zu sehen.“ Sollten sie einander jetzt umarmen? Hände schütteln? Mit dem Baby auf der Hüfte war es irgendwie komisch. Charlie drückte sein Gesicht in Daisys Schulter, als wolle er sich verstecken. In seinem Schneeanzug mit der Kapuze sah er aus wie ein flauschiger Teddybär, den sie auf dem Jahrmarkt gewonnen hatte. „Bei Fremden ist er im Moment ein wenig schüchtern“, erklärte sie.
    „Schon okay. Geht mir bei Babys genauso.“
    Dieses ehrliche Eingeständnis brachte sie zum Lachen. „Willkommen im Club der Männer.“
    „Kommt rein. Ich wollte gerade die Sachen einladen.“ Heute wollten sie mit Sonnet und Zach im Deep Notch Eisklettern gehen. Julian, der für Extreme immer zu haben war, hatte die Expedition organisiert und die entsprechende Ausrüstung vom Kletterclub an der Cornell mitgebracht.
    „Dann sehe ich zu, dass Charlie hier sein Plätzchen findet, und helfe dir dann.“
    Sie ließ ihre Stiefel an der Tür stehen und ging in freudiger Erregung den Flur hinunter. Außer an den Tagen, an denen sie Charlie bei

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