Was der Winter verschwieg (German Edition)
Aber sie schob ihn nicht weg, sondern schlang ihm die Arme um den Nacken.
„Du hast gar nichts zu essen im Haus. Gib mir eine Stunde, um was zuzubereiten.“
„Ich bin nicht …“
„Wenn du in einer Stunde nicht an meinem Haus bist, komme ich zurück.“ Er wollte sie noch ein letztes Mal küssen, entschied sich aber dagegen. Sie wollte seinen Kuss, das spürte er an der Art, wie ihre Lippen weich wurden und sich ein kleines bisschen öffneten, daran, dass sie leicht die Augenlider senkte.
Mit größter Willensanstrengung zog er sich von ihr zurück. Vielleicht war es gar keine so schlechte Strategie, sie mit der Sehnsucht nach mehr zurückzulassen. „Wir sehen uns in einer Stunde.“
12. KAPITEL
N achdem Noah gegangen war, blieb Sophie noch einige Minuten mit dem Rücken an die Wand gelehnt stehen. Das Zimmer wirkte jetzt düsterer, die knackenden Geräusche im Ofen erschienen lauter. Was, zum Teufel, war über sie gekommen, mit diesem Mann ins Bett zu gehen? Sie beide hatten sich wie verliebte Teenager benommen. War es das, was man unter Spontaneität verstand? Vollkommen die Kontrolle zu verlieren?
„Reiß dich zusammen“, sagte sie laut und drückte sich entschlossen von der Wand ab. Sie war unruhig, aber auf eine Weise, die sich gut anfühlte. Ziellos tigerte sie durchs Haus, schaute sich die Bücher auf den Regalen an, sah einige dicke, verlockende Romane der Art, die sie schon immer mal hatte lesen wollen, wozu sie aber nie die Zeit gefunden hatte. Jetzt hatte sie Zeit im Überfluss. Daher suchte sie ein Buch aus und legte es auf ihren Nachttisch.
Dann hielt sie inne und stand nur da am Bett, musterte die zerwühlten Decken und zerknitterten Laken, während sie Revue passieren ließ, was sie und Noah an diesem Tag miteinander getan hatten.
Sie beugte sich vor, um das Bett zu machen und den Quilt als Überdecke ordentlich darauf zu legen. Während sie das tat, wurde sie von weiteren Erinnerungen überflutet – jeder Kuss, jede Berührung, jedes Wort, das er ihr ins Ohr geflüstert hatte, jedes lustvolle Stöhnen. Wann hatte sie sich beim Sex das letzte Mal so glücklich gefühlt? Wann war sie überhaupt jemals so glücklich gewesen?
Sie ließ den Quilt fallen. Zum Teufel mit einem gemachten Bett. In dieser Nacht würde sie inmitten der zerknüllten Laken schlafen und sich noch einmal an alles erinnern. Sie schlang die Arme um den Oberkörper, warf den Kopf in den Nacken und lachte laut auf. Lachte einfach. Ein lautes und irgendwie unpassendes Geräusch in der stillen Hütte.
Immer noch lächelnd sah sie nach ihren E-Mails und war überrascht, eine von Brooks Fordham zu sehen, dem Reporter.
„Hallo“, sagte sie und öffnete die E-Mail. „Willkommen zurück.“
Es war eine kurze Nachricht, die nur aus einer Zeile bestand,
Was ist mit dem Abendessen, das Sie mir versprochen haben?
, gefolgt von einer Telefonnummer mit einer New Yorker Vorwahl. Sie ging zu ihrem Telefon, begierig, seine Stimme zu hören, und voller Hoffnung, dass seine Nachricht ein Zeichen für seine vollständige Genesung war.
Bevor sie jedoch die Nummer wählen konnte, ertönte der Klingelton, den sie Max zugeordnet hatte. Sie klappte ihr Handy auf. „Hey“, sagte sie. „Schön, dass du dich meldest.“
„Hey, Mom. Ich habe deine Nachrichten erhalten.“
Seine tiefe, beinahe erwachsen klingende Stimme überraschte sie. „Ich bin eingeschneit“, sagte sie. „Ich sterbe vor Sehnsucht, dich zu sehen, aber ich kann nicht, weil die Straßen noch nicht geräumt sind.“
„Alle sind eingeschneit. Ich finde das super.“
„Eine erzwungene Auszeit. Die können wir alle ab und zu gut gebrauchen. Wie geht es dir, Max? Was macht die Schule?“
„Ganz okay.“
„Und dein Eishockey?“
„Ganz okay.“
„Und das Leben allgemein und die Welt im Großen und Ganzen?“
„Ganz okay.“ Ein leicht amüsierter Unterton hatte sich in seine Stimme geschlichen. „Also, was ist los, Mom? Daisy hat mir erzählt, du wohnst in einem Haus am See?“
„Stimmt, das tue ich.“
„Für wie lange?“
Es machte sie traurig, dass er sofort annahm, ihr Aufenthalt wäre zeitlich begrenzt. Aber es überraschte sie nicht. Wie sollte er auch etwas anderes von ihr erwarten? Sie hatte ihm doch genau das beigebracht. Als er noch ganz klein gewesen war – sie hatte ihn sogar noch gestillt –, hatte die Milchpumpe öfter an ihren Brüsten gelegen als er, und sie hatte nur Fläschchen zurückgelassen, damit andere Menschen ihren Sohn
Weitere Kostenlose Bücher