Was der Winter verschwieg (German Edition)
Angst.“
„Manchmal denke ich, ich sollte das mit dem Studium komplett vergessen und nur für Charlie da sein.“
„Das wäre eine Möglichkeit“, stimmte Sophie zu. „Aber andererseits könntest du auch versuchen, dich nicht so schuldig zu fühlen, weil du etwas möchtest, etwas brauchst, das nichts mit Charlie zu tun hat.“
Oh Gott. Wieso klang das so … na ja, so wie Mom eben? Und warum ergab es so viel Sinn? „Ich kann nicht anders, ich fühle mich schuldig“, erklärte Daisy. „Auf der einen Seite möchte ich für Charlie die beste Mutter der Welt sein, auf der anderen Seite bedeutet ein Studium, dass ich uns beiden ein besseres Leben ermöglichen kann.“
„Ich verstehe das. Und auch wenn ich vielleicht nicht die Expertin auf diesem Gebiet bin, kann ich dir sagen, dass es niemandem gelingt, alles zu schaffen. Du musst einfach dein Bestes geben. Sei der beste Mensch, der du sein kannst, und lass Charlie sehen, wer du bist. Ich war nicht perfekt, Daisy. Und ich weiß, dass dir nicht immer gefallen hat, was du in mir gesehen hast. Ich habe dich für einen Job zurückgelassen, der mich gute sechzig Stunden pro Woche in Anspruch genommen hat. Ich wünschte, ich hätte ein besseres Gleichgewicht gefunden. Du hast mich nicht nach meiner Meinung gefragt, aber ich habe eine.“
Daisy konnte das Lächeln nicht unterdrücken. „Ach ja?“
„Du musst ein Leben haben, Daisy. Lass dir von niemandem etwas anderes einreden. Ich sage nicht, dass mein Weg perfekt war, aber irgendwo in der Mitte liegt die Wahrheit. Du musst ein Gleichgewicht finden zwischen einem eigenen Leben und deinem Leben als Charlies Mom.“
Daisy musterte ihre Mutter ein paar Minuten lang, ohne etwas zu sagen. „Wie kommt es nur, dass du immer klüger wirst?“
Sophie erwiderte das Lächeln. „Wir können uns beide so glücklich schätzen.“
Daisy zögerte. „Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich das Studium überhaupt aufnehmen kann. Mein Betreuungsplan für Charlie ist gerade zusammengebrochen.“ Wenn ihre Mutter schon mal hier war, konnte Daisy sie genauso gut auf den neuesten Stand bringen. Also erzählte Daisy ihr von dem Problem mit ihrer Tagesmutter. „Bis zum Ende der Woche muss ich eine Lösung gefunden haben. Dad und Nina haben zwar gesagt, dass sie auf ihn aufpassen würden, aber mit dem anstehenden Winterkarneval werden sie bald alle Hände voll zu tun haben, also will ich nicht …“
„Ach, und ich existiere wohl gar nicht, was?“
„Mom, ich erwarte nicht, dass du jemanden engagierst …“
„Das wollte ich auch gar nicht vorschlagen. Was ich dir aus tiefstem Herzen anbieten möchte, ist, dass ich mich um Charlie kümmere, während du im College bist.“
„Mom, das Semester dauert bis Mai.“
„Ich habe vor, noch wesentlich länger hierzubleiben.“
Das kam für Daisy vollkommen überraschend. „Ich habe das Thema nicht aufgebracht, um mir deine Hilfe zu erschleichen.“
„Ich weiß. Aber es ist trotzdem ein ernst gemeintes Angebot.“
Daisy vertraute den Worten ihrer Mutter nicht ganz. „Du bist gerade erst hier angekommen, Mom. Bald schon wirst du dich langweilen und weiterziehen wollen.“
Sophie senkte den Blick. „Das habe ich verdient.“
„Mom …“
„Vielleicht könntest du zwei Kurse belegen“, fuhr sie fort und sah irgendwie ungewohnt aufgeregt aus. „Ich bin hergekommen, um bei dir, Max und Charlie zu sein. Bitte, lass mich dir helfen.“
Daisy runzelte die Stirn. Trotz ihrer Zweifel hatte sie das Gefühl, dass ihre Mutter das wirklich wollte. Sich regelmäßig um Charlie kümmern, Woche für Woche, damit Daisy ihren Traum verfolgen konnte. „Entschuldigung, aber wer sind Sie, und was haben Sie mit meiner Mutter gemacht?“
Sophie wusste nicht, ob sie Daisys schockierte Reaktion auf ihr Angebot beleidigend oder amüsant finden sollte. Sie war sich jedoch sicher, dass sie das wirklich tun wollte. Bei ihrem Enkel hatte sie noch nichts vermasselt, doch als sie ihn jetzt hielt, verspürte sie einen leichten Anflug von Besorgnis. Ihr Herz war so zerbrechlich und verletzbar, als wäre es aus mundgeblasenem Glas und könnte selbst unter dieser kleinen, puppengleichen Faust, die sich um ihren Finger krallte, zerspringen. Würde sie das wirklich schaffen? Ja. Sie war entschlossen, ihr Versprechen Daisy gegenüber zu halten, ihre Tochter auf diese Weise zu unterstützen und wieder ein Teil der Familie zu werden.
Sie fuhren zu ihrer ersten Station, einer Boutique namens Zuzu’s Petals.
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