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Was der Winter verschwieg (German Edition)

Was der Winter verschwieg (German Edition)

Titel: Was der Winter verschwieg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Sophie die Umkleidekabine, als das große Zittern sie überfiel. Auf gar keinen Fall durfte Daisy erfahren, dass das einer ihrer Triggerpunkte war – die Erinnerung ans Schwimmen. „Kommt
was
vom Schwimmen?“, fragte sie in scharfem Ton durch den geschlossenen Vorhang hindurch.
    „Hey, du musst mich nicht gleich enthaupten“, sagte Daisy. „Ich habe mich nur gefragt, ob das Schwimmen dich so gut in Form hält.“
    „Tut mir leid. Ja, ich denke schon.“ Sophie versuchte vergeblich, das beklommene Gefühl in ihrer Brust zu verscheuchen. „Ich schätze, hier muss ich mir einen neuen Sport suchen.“ Auch wenn es unbedeutend schien, aber die Freude am Schwimmen hatten ihr die Terroristen auch kaputt gemacht. Schnell und weit zu schwimmen war seit der Highschool ihr Sport gewesen. Doch nach dem Vorfall in Den Haag hatte sie nie wieder auch nur in die Nähe von Wasser kommen wollen.
    Sie betrachtete sich im Spiegel, befühlte ihre schweißbedeckte Stirn. Man hatte sie gewarnt, dass einige Themen als Trigger wirken könnten. Sie nahm sich eine Minute, um die Erinnerung abzuschütteln und ein Lächeln aufzusetzen. Kurz darauf hatte sie drei Kaschmirpullover in Schokobraun, Beige und einem dunklen Grünton ausgesucht. Daisy bestand darauf, dass Sophie sich auch eine dünne Fleecejacke kaufte, die sie unter ihrem Skianorak tragen konnte.
    „Ich habe überhaupt keinen Skianorak.“
    „Noch nicht.“
    Nachdem sie bezahlt hatten, gingen sie als Nächstes in einen Laden ein paar Türen weiter. Dort, im Sporthaus, kauften sie Handschuhe, einen Schal, einen Skianorak, Schneestiefel und eine Mütze.
    „Das hat Spaß gemacht“, sagte Sophie, als sie mit Tüten beladen auf den Bürgersteig hinaustrat. Die neue Jacke und die dicken Stiefel hatte sie gleich anbehalten. „Danke für deine Beratung, Daisy.“
    „Gern geschehen.“
    Sie packten die Tüten in den Kofferraum des Wagens. Dann schlenderten sie zur Sky River Bakery hinüber. Auf dem Weg dorthin schaute Sophie sich aufmerksam um. Es war das erste Mal, dass sie sich den Ort genauer anschaute, den sie zu ihrem zukünftigen Zuhause auserkoren hatte.
    Avalon war eine klassische, altmodische Kleinstadt. Der Marktplatz wurde von roten Backsteinhäusern umrahmt, es gab einen öffentlichen Park im Zentrum und von Bäumen gesäumte Straßen, die sternförmig von der Ortsmitte abgingen. Und natürlich den kleinen Bahnhof. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt. Die sinkende Sonne verlieh dem Schnee auf den Dächern einen tiefen, geheimnisvollen Blauton. Aus den Schaufenstern fiel goldenes Licht. Neben Zuzu’s und dem Sporthaus gab es noch den Christian Science Leseraum, eine altmodische Drogerie mit Wasserspender, ein Schmuckgeschäft, einen Spielzeugladen und einen Gemischtwarenladen. Über dem Camelot Bookstore verkündete ein Schriftzug auf dem Fenster im ersten Stock: M. L. Parkington, Anwältin.
    Als Sophie das las, verspürte sie ein verheißungsvolles Prickeln. Vielleicht könnte sie doch Arbeit hier finden und Geld verdienen. Ihre Eltern hatten sie beim letzten Telefonat gewarnt, dass sie das Leben in einer Kleinstadt bedrückend und einengend finden würde. Sie hatten ihr prophezeit, dass sie an dem provinziellen Leben ersticken würde.
    Und dumm, wie sie war, hatte Sophie zugelassen, dass leichte Zweifel in ihr aufkamen.
    Jetzt jedoch schaute sie sich in dem Bilderbuchstädtchen um und war sich sicher, dass sie das Richtige tat. Avalon stand für etwas, das sie nie zuvor besessen hatte – eine Heimatstadt. Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, da reckte der Zweifel wieder sein hässliches Haupt.
    Worauf, um alles in der Welt, lasse ich mich hier nur ein?
    Sie setzte ein strahlendes Lächeln auf und betrat hinter Daisy die Bäckerei. Es war warm und hell, und in der Luft lag ein köstlicher Duft. Die Sky River Bakery war
der
Treffpunkt in der Stadt. Hier kamen die Leute her, um bei einer Tasse Kaffee die Zeitung zu lesen, ein Brot zu kaufen oder für den Nachtisch einen Beerenkuchen mitzunehmen. Und meistens traf man dabei irgendeinen Freund oder Bekannten. Als Daisy nach Avalon gezogen war, hatte sie nach der Schule hier gearbeitet. Einige ihrer besten Drucke – gerahmte Fotos, die sie in der Umgebung aufgenommen hatte – hingen an den Wänden, kunstvoll beleuchtet und mit ihren entsprechenden Preisen versehen. Ein paar Kunden saßen an den kleinen runden Tischen am Fenster, und eine Frau wählte gerade ein paar Gebäckstücke aus der Vitrine am Tresen

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