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Was die Tiere im Park erlebten

Was die Tiere im Park erlebten

Titel: Was die Tiere im Park erlebten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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zu sein. Von den dreien war die Füchsin bei weitem die flinkste, und sie ließ das Wiesel und den Dachs genauso schnell hinter sich, wie der Hase sie hinter sich gelassen hatte. Das Wiesel, kleiner und geschmeidiger als der Dachs, kam in seiner flotten Gangart schneller voran. Aber es blieb bei ihm und paßte sich dem Gang des älteren Tieres an. Während seine Freunde sich beeilten, zu ihm zu stoßen, war der Fuchs auf dem Weg zum Alten Hirsch. Der König des Rudels hatte mit ihm vereinbart, jede Nacht am Teich zu wachen, bis der Fuchs käme. Er senkte den Kopf, als er das wohlbekannte rotbraune Tier auf sich zulaufen sah. »Halte — dich — bereit«, keuchte der Fuchs mit heraushängender Zunge. »Sie kommen.«
    »Das ist also die Nacht«, murmelte der Hirsch. »Ruh dich etwas aus, mein Freund. Du siehst abgekämpft aus.«
    »Nein, ich — darf — nicht anhalten — muß — meine Aufgabe — zu Ende — bringen«, kam es stoßweise. »Ich — will ganz — sichergehen — dä3 sie — dich auch finden.« Und weg war er, zurück in die Richtung, aus der er gekommen war — den Männern mit den Gewehren entgegen. Er kam an einer schwarzen Pappel vorbei, in deren Zweigen Waldkauz, Turmfalke und Pfeifer eng aneinandergeschmiegt saßen. Aber sie riefen ihn nicht an, und er sah sie auch nicht. Den Hasen sah er wohl, hatte aber keine Zeit anzuhalten und sauste an ihm vorbei. Als nächstes traf er die Füchsin, die ihm einen liebevollen Blick zuwarf. Fast war er versucht, im Laufen zurückzublicken, aber um des Großen Planes willen durfte er auch sie nicht beachten. Als er dann in der Ferne den Dachs und das Wiesel entdeckte, ließ er sich zu Boden fallen, denn dahinter näherten sich schicksalsschwer zwei bedrohliche Schatten.
    »Geht in Deckung«, befahl er seinen Freunden, als sie ihn erreicht hatten. »Kein Grund, daß sich von uns jemand unnötig in Gefahr begibt.«
    Sie rannten weiter, und der Fuchs machte sich bereit zu dem Spiel, das ihn das Leben kosten konnte.
    Im schneebedeckten Ried am Teich kauerte der Hase. Er sah, wie der Alte Hirsch nervös den Kopf hochwarf, als er mit zitternden Beinen am Rande des Eises stand. Die Füchsin fand den Hasen und legte sich. Sie konnte nicht sprechen. Ihr Herz hämmerte wild. Schließlich kamen auch das Wiesel und der Dachs herbeigehuscht. Da lagen sie nun und warteten.
    Zwanzig Meter vor den Männern erhob sich der Fuchs und bellte laut. Das Signal wurde verstanden, und aus einem kleinen Wäldchen trat das Rudel der weißen Hirsche, langsam, ängstlich zu zweien und dreien, hervor. Die Männer standen still. Einer deutete auf sie, und man konnte ihre Stimmen hören. Sie musterten das Rudel genau, und der Fuchs wußte wohl, wonach sie suchten. Aber der, auf den sie es abgesehen hatten, war nicht dabei. Wieder waren die menschlichen Stimmen zu hören — hart und rauh. Die Tiere standen. Noch einmal bellte der Fuchs, und dann lief er auf sie zu. Die Hirsche stoben auseinander und rannten, wie verabredet, in Richtung des Teiches. Ein wütender Aufschrei der Männer, nun zeigten sie auf den Fuchs. Das war doch das Tier, das sie schon einmal um ihre Beute gebracht hatte. Der Fuchs raste hinter dem Rudel her, als ob er es vertreiben wolle. Jetzt hatte er die Männer im Rücken, jeder Nerv, alle seine Muskeln waren so straff gespannt wie Gitarrensaiten. Seine Nackenhaare sträubten sich, er wußte, dies war ein Spiel mit dem Tod. Schließlich mußte er einfach einen Blick zurückwerfen. Er sah, wie einer der Männer das Gewehr hob. Der Lauf zielte auf ihn, die Ursache ihrer Wut. Aber der Fuchs hatte nicht die Absicht, sich abschießen zu lassen. Er schlug einen Haken, rannte, drehte wieder ab und schlug den nächsten Haken, wie ein Hase, dem die Hunde auf den Fersen sind. Ein Schuß knallte, verfehlte aber sein Ziel.
    Jetzt liefen auch die Männer, denn ihre Beute wollten sie nicht fahrenlassen. Ein Hirsch mußte es sein, wenn sie schon den nicht haben konnten, um dessentwegen sie gekommen waren. Das Rudel erreichte den Teichrand und verteilte sich so, daß der Teich verdeckt war. Jetzt betrat der Alte Hirsch das Eis. Vorsichtig bewegte er sich und machte bei jedem Schritt eine kleine Pause, bis er den äußersten Punkt erreicht hatte, wo das Eis noch hielt. Als die Männer näher heran waren, drehte das Rudel nach rechts ab und ließ den Alten Hirsch ganz allein und ungeschützt auf dem Eis zurück. Die Männer sahen, daß auf der linken Seite des Teiches die Bahn frei war.

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