Was die Tiere im Park erlebten
und ging auf Jagd. Er ließ durch nichts anmerken, daß er wußte, daß seine Freunde in der Nähe waren. Sie sahen ihn im Mondlicht friedlich davontraben.
Eine Zeitlang war alles ruhig. Der Dachs erschauerte ein paarmal in der Kühle des Abends und wünschte, er könnte sich ein bißchen bewegen. Weder er noch der Waldkauz gaben einen Laut von sich. Eine leichte Brise fuhr durch die Zweige der Weide, ließ ihr Laubwerk rauschen, aber gleichzeitig konnte man ein anderes Geräusch hören — ein regelmäßiges Geräusch. Fußtritte! Der Dachs in seinem Farnkrautversteck spannte alle Muskeln an. Das Geräusch kam näher... tripp — trapp, tripp — trapp... und dann war eine große, hundeähnliche Gestalt zu erkennen. Die Tritte hörten auf. Der narbige Fuchs trat ins volle Mondlicht und schlich langsam und sehr vorsichtig zum Haupteingang des Fuchsbaus.
Dort stand er still, blickte vorsichtig um sich und witterte, einen Augenblick lang schaute er in die Richtung, wo der Dachs sich versteckte. Der Mondschein traf ihn voll, ließ eine von vielen Kämpfen vernarbte und häßliche Fuchsfratze erkennen. Der Dachs konnte nicht verhindern, daß sein Herz einen Schlag aussetzte. Jetzt wandte sich das Tier um, duckte sich und wollte leise in den Eingang schlüpfen.
Sofort glitt der Waldkauz geräuschlos von seinem Ast, und der Dachs rannte los. Der Narbige sprang zurück.
»Du hast keinen Anlaß, dort hineinzugehen«, sagte der Waldkauz. »Was willst du eigentlich?«
»Dir bin ich keine Rechenschaft schuldig«, fuhr ihn der Fuchs an, denn er war zornig, daß man ihn ertappt hatte. »Aber den Bewohnern des Baus bist du Rechenschaft schuldig, denn soviel ich weiß, haben sie dich nicht eingeladen.«
»Was geht schon einen Vogel ein Anstandsbesuch unter Füchsen an«, fauchte der Fuchs.
»Ausgerechnet mich hat man aber gebeten, auf Eindringlinge zu achten«, informierte der Waldkauz ihn kühl. »Eindringlinge?« fuhr ihn der Narbige an. »Sagtest du Eindringlinge? Wie kannst du es wagen, von mir als einem Eindringling zu sprechen. Ich habe mein ganzes Leben in diesem Park verbracht — und meine Verwandten auch. Ich habe mehr Rechte, diesen Bau zu betreten, als die, die darin wohnen — und wenn sie noch so viele Junge haben.«
»Bloß weil du hier geboren bist, heißt das noch lange nicht, daß der Park dir gehört, und das weißt du.« Zum ersten Mal sprach der Dachs. »Es ist Platz hier genug für uns alle, darum braucht man sich wirklich nicht zu streiten. Wir haben unsere ursprüngliche Heimat verloren, weil die Menschen sie uns weggenommen haben, und wir sind hierhergekommen, weil wir gerade hier vor den Menschen sicher sind.«
»Ja, ja, wir haben von eurer heldenhaften Wanderung gehört«, sagte der Fuchs ironisch. »Ich war bei eurer Ankunft mit im Empfangskomitee, genau wie alle anderen. Euch konnte der Park wohl aufnehmen. Aber nun habt ihr Nachkommen...«
»Nur einige von uns«, korrigierte ihn der Dachs. »Ich selbst habe keine Gefährtin. Der Waldkauz hier auch nicht. Aber von unserer Gruppe hast du nichts zu fürchten. Wir bleiben lieber unter uns.«
»Ihr braucht Futter, oder etwa nicht? Sicherlich verläßt ihr den Park nicht jedes Mal, wenn ihr auf Jagd geht.«
»Natürlich nicht«, entgegnete der Waldkauz ungerührt. »Du etwa?«
Der Narbige geriet neuerlich außer sich. »Das ganze Naturschutzgebiet ist mein Revier«, sagte er wütend. »Seit undenklichen Zeiten haben meine Vorfahren hier gelebt und gejagt, lange bevor es von den Menschen eingezäunt wurde oder einen Namen hatte. Schon als hier noch Wildnis war, t reiften sie frei und ungezwungen durch dieses Gebiet. Und so wird es immer sein. Meine Kinder werden hier nach mir jagen, und danach ihre Kinder...«
»Undsoweiter bis in alle Ewigkeit, amen«, machte sich der Waldkauz über ihn lustig.
Wutentbrannt blickte ihn der Narbige an und fletschte die Zähne. Dem Dachs sank das Herz, aber der Waldkauz schien ungerührt. Langsam und drohend sagte der Narbige: »Das freie Leben im Park soll keiner anderen Familie gehören. Sag deinem >edlen< Anführer, daß er zu Hause bleiben soll, wenn ihm das Leben seiner Füchsin und seiner Kinder lieb ist. Meine Familie ist groß, und ich habe viele Anhänger. Er soll sich ja nicht einbilden, daß er mich überlisten kann. Ich bin schon ziemlich alt, aber hereingelegt hat mich noch keiner.« Und mit einem letzten Fauchen sprang er zurück in die Schatten.
»Oh«, flüsterte der Dachs. »Was für ein
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