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Was die Tiere im Park erlebten

Was die Tiere im Park erlebten

Titel: Was die Tiere im Park erlebten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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Körpertemperatur nicht, wie ihre Freunde, die Säugetiere, von innen regeln — darum mußte sie ja auch in den kalten Monaten ihren Winterschlaf antreten. Wenn sie beweglich bleiben wollte, war sie ganz auf äußere Wärme angewiesen, und sie wußte auch, daß sie, wenn sie sich nicht richtig aufwärmen konnte, zu langsam für den Feind sein würde, denn dazu brauchte sie vor allem Schnelligkeit.
    Es vergingen noch ein paar Tage, und die Kreuzotter wurde immer schlaffer und schlaffer. Eines Morgens merkte sie, daß die Sonne wieder schien. Sie brauchte die Wärme dringend und wußte, daß sie, komme was da wolle, sich herauswagen und ein Sonnenbad nehmen mußte, wenn ihr Plan Erfolg haben sollte. Mit äußerster Vorsicht glitt sie aus ihrem Versteck im Gestrüpp und fand eine kleine Lichtung, die von Farnkraut umgeben war, wo sie die Sonne in aller Abgeschiedenheit genießen konnte. Nirgendwo ein Zeichen oder ein Laut vom Narbigen oder seinem Clan. Leider konnte sie nicht wissen, daß Stromer jede Nacht über den Bach schwamm, um sich mit seiner neuen Freundin zu treffen, und daß er gerade an diesem Morgen sehr spät in das Revier seines Vaters zurückkehrte.
    Nach seinem letzten Treffen mit der Schönen hatte der junge Fuchs so gute Laune, daß er vor Freude den ganzen Park durchstreift hatte. In der Morgendämmerung hatte er von einem Versteck aus die Aktivitäten einer roten Katze im Garten des Wildhüters beobachtet. Solch ein Tier hatte er noch nie gesehen, nur das Verschwinden der Katze hatte ihn wieder in Marsch gesetzt und an den Heimweg denken lassen. Er hatte Glück, denn als er wieder zum Bachufer kam, hatte er ein Kaninchen gerade in jene Farne getrieben, hinter denen die Schlange in der Sonne lag. Stromer erblickte die Schlange und erinnerte sich sofort an die Worte seines Vaters. Er lief, um ihm sofort zu berichten.
    Der Narbige nahm die Nachricht ohne große Begeisterung auf. »Eine Schlange ist eine Schlange«, sagte er. »Ich glaube kaum, daß es die ist, die mich interessiert. Die ist viel zu gut versteckt.«
    »Sie liegt nicht weit von der Stelle, wo unser Vetter getötet wurde«, beharrte Stromer. »Sollen wir der Sache nachgehen?«
    »Nein«, erwiderte der Narbige verstimmt. »Du siehst eher so aus, als ob du Ruhe brauchtest.«
    »Nein, Vater, ich fühle mich ganz frisch«, versicherte Stromer.
    »Das bestimme ich!« sagte der Narbige grob, und der junge Fuchs wußte, daß er damit entlassen war.
    Der alte Fuchs saß ganz allein und dachte nach. Obwohl es unwahrscheinlich war, daß die Schlange in der Sonne die war, auf die er es abgesehen hatte, durfte er auch den kleinsten Hinweis nicht übergehen. Vielleicht konnte man das Tier dazu bringen, seine Schuld einzugestehen. Wenn sie ihm ohne jedes Mißtrauen begegnete — konnte er sie dennoch töten. Eine Giftschlange weniger, das war auch etwas. Aber er wollte dabei allein sein. Diese Unternehmung erforderte all seine Geschicklichkeit und Schläue. Er schlug um seinen Bau einen Halbkreis und schwamm weiter unten durch den Bach. Dann kroch er geräuschlos und langsam auf die Farne zu, die Stromer ihm beschrieben hatte. Seine Pfoten machten kein Geräusch auf dem Boden.
    Er schlüpfte ins Farnkraut und kroch hindurch. Seine Füße setzte er vorsichtig auf den weichen Boden, aber nicht einmal er konnte es vermeiden, daß es ganz leise raschelte, als er trockene Farne vom vergangenen Jahr streifte. Die Kreuzotter merkte nichts, bis der Fuchs mit einem letzten Sprung durch das Gebüsch brach.
    Flink schlängelte sich die Schlange zur Seite, als der Narbige sie mit gefletschten Zähnen ansprang. Dann begann die Jagd. Die Kreuzotter glitt ins dichtere Gebüsch, während ihr Verfolger hierhin und dorthin sprang und versuchte, ihr den Weg abzuschneiden. Die Kreuzotter dachte nur noch an Flucht — ein Gegenangriff war unmöglich. Den Überraschungseffekt, der in einem Kampf mit einem größeren Tier eine so wesentliche Rolle spielte, konnte sie hier nicht nutzen. Wieder und wieder schnappte der Narbige zu, aber im Gestrüpp war die Schlange schwer zu fassen. Ein Knurren vor Wut und Enttäuschung gab er von sich. »Du — entkommst mir nicht«, keuchte er. »Du bezahlst — mir — dafür, daß — du ein Mitglied meines Clans gebissen hast.« Zeit zu antworten hatte die Kreuzotter nicht, selbst wenn sie gewollt hätte. Also wußte der Narbige immer noch nicht, ob er die richtige Schlange jagte. Schließlich, als die Schlange nicht mehr auskonnte und

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