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Was die Tiere im Park erlebten

Was die Tiere im Park erlebten

Titel: Was die Tiere im Park erlebten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dann
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in die Augen. Er redete so vernünftig. »Ich finde, daß es schade ist, daß wir nicht alle in Frieden leben können«, sagte sie.
    »Das finde ich auch«, gab ihr Stromer recht. »Vielleicht sieht unsere Generation das ganz anders.«
    Die Schöne seufzte. »Aber wir müssen doch zu unseren Familien halten«, erinnerte sie ihn.
    »Das stimmt«, sagte Stromer traurig.
    Pause. »Hm — jagst du gerade?« fragte er sie.
    Die Schöne lächelte. »Ja, aber ohne Erfolg.«
    »Wenn du hungrig bist, kann ich dir gute Beute zeigen«, bot Stromer an. »In der Nähe gibt es eine Mäusekolonie.«
    Die Schöne zögerte. Sie fragte sich, ob wohl die Feldmäuse darunter waren, die man ihr verboten hatte zu töten — die alten Gefährten ihres Vaters.
    »Na komm schon«, drängte der junge Fuchs sie sanft. »Zusammen jagen macht viel mehr Spaß.«
    Die Schöne gab nach und folgte ihm zu einem Gebüsch. »Sie haben da ein richtiges Nest«, sagte er.
    Die Stelle war zu weit von dem Heimatgebiet der Farthing-Wald-Tiere entfernt, als daß es ihre Mäuse sein konnten, dachte die Schöne, und schon lief ihr in Vorfreude das Wasser im Mund zusammen.
    Stromer blickte sie an und sagte: »Ich will versuchen, sie für dich herauszutreiben.« Und genau das tat er auch. In Windeseile hatte sie vier fette Mäuse gefangen, mit denen sie nicht viel Federlesens machte. Dieser Stromer war wirklich ein netter Bursche.
    »Du hast sie aber sehr geschickt ins Freie getrieben«, lächelte sie.
    »Ah, ich kenne mich mit Mäusen ein bißchen aus«, sagte er und lächelte zurück. »Hier bin ich oft, wenn ich Zeit habe. Manchmal, wenn ich keinen Hunger habe, pirsche ich sie nur an.«
    »Es wundert mich, daß überhaupt noch welche übrig sind«, lachte sie.
    Beide blickten einander lange an, und etwas Unbegreifbares, Unnennbares ereignete sich zwischen ihnen. Dann blickte die Schöne verlegen zu Boden. »Vielen Dank, daß du meinen schlimmsten Hunger gestillt hast«, sagte sie leise. »Aber jetzt muß ich gehen. Meine Brüder suchen mich vielleicht schon.«
    »Kann ich dich noch ein Stück begleiten?« fragte Stromer hoffnungsvoll.
    »Nein«, sagte sie ablehnend, denn sie dachte an ihres großen Bruders Reaktion, wenn er sie zusammen sähe.
    »Wie du willst«, bedauerte er.
    »Tut mir auch leid«, sagte die Schöne ruhig. »Aber so ist es besser.«
    »Vielleicht treffen wir uns wieder?« sagte Stromer und ließ die Frage offen. »Du weißt ja, ich komme oft hierher. Du kennst doch den Weg, oder?«
    »Ja, aber ich gehe nicht immer so weit«, antwortete sie unverbindlich. Aber schon als sie es sagte, wußte sie, daß sie wiederkommen würde.
    »Einen guten Heimweg«, wünschte ihr Stromer.
    »Danke, dir auch.« Die Schöne lächelte freundlich und setzte sich in Trab. Stromer sah ihr nach. Das Blut rauschte in seinen Adern. Den Gedanken an seinen Vater und an die Eltern der jungen Füchsin verdrängte er.
    Der Friedfertige sah die Schöne, wie sie sich dem Bau näherte.
    »Ich habe dich schon gesucht«, sagte er. »Hast du Glück gehabt?«
    »O ja, viel Glück«, antwortete sie etwas atemlos.
    Der Friedfertige blickte sie scharf an. Sie schien in höchster
    Erregung, und da war etwas in ihrer Stimme — er wußte nicht so recht, was. Aber er fragte nicht weiter und sagte auch nichts, als sie an der Stelle vorbeikamen, wo der Kühne sich versteckt hatte. Bei sich beschloß er, bei ihrem nächsten Jagdausflug in der Nähe seiner Schwester zu bleiben.
    In der nächsten Nacht war der Friedfertige mit dem Wachehalten an der Reihe, und der Kühne hatte keine Lust, die Schöne zu begleiten. Er jagte lieber allein. Die Schöne lief gleich zu dem Mäusegebüsch, aber Stromer war nicht da. Sie war enttäuscht. Sie wartete noch eine Weile und vertrieb sich die Zeit mit Mäusefangen. Natürlich — so redete sie sich ein — würde er nicht jede Nacht zu dieser Stelle kommen. Aber sie hielt die Ohren gespitzt und lauschte auf das leiseste Geräusch. Als sie schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, hörte sie Schritte, und ihr Herz schlug schneller. Sie wußte, es war Stromer, noch bevor sie ihn an seinem Geruch erkannte. Vorsichtig kam er heran und witterte nach fremden Gerüchen. Dann sah er sie. Sie lächelten einander an.
    »Wie schön, daß du gekommen bist«, sagte er und wedelte mit dem Schwanz.
    »Ach, ich hatte Lust auf Mäuse«, flüsterte sie. Er sah sie an, und dann mußten sie beide lachen.
    »Ich habe ein paar Wasserratten gefangen«, sagte er. »Möchtest du

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