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Was die Toten wissen

Was die Toten wissen

Titel: Was die Toten wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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khakifarbenen Rock, der eigentlich etwas lockerer sitzen sollte. Bestimmt kam sie sich unelegant und trampelig vor. Er hätte wetten können, dass Miriam Toles oftmals diese Wirkung auf andere Frauen hatte. Sie war nicht wirklich hübsch – war wahrscheinlich nie wirklich schön gewesen, aber sie war sehr elegant, und ihre super Figur konnte sich noch immer sehen lassen.
    Er nahm wahr, wie Chet Willoughby sich neben ihm aufrichtete, sogar den Bauch etwas einzog.
    »Miriam«, sagte der alte Kriminalkommissar ein wenig steif. »Schön, Sie wiederzusehen. Wenn auch ganz offenkundig nicht unter diesen Umständen.«
    »Chet«, entgegnete sie und streckte ihm die Hand hin, und der ältere Kriminalkommissar sackte in sich zusammen. Hatte er auf einen Kuss auf die Wange, auf eine Umarmung gehofft gehabt? Es war schon eigenartig, einen über Sechzigjährigen vor Aufregung zitternd zu sehen. Hörte das denn niemals auf? Sollte es nicht irgendwann mal ein Ende haben? In letzter Zeit
ging es vermutlich bei jeder zweiten Werbung um Impotenz – ED, wie es in den Anzeigen hieß, als ob das irgendwas beschönigen würde. Infante erachtete es als schwachsinnig, den eigenen Körper zu bekämpfen, fast als Erleichterung, wenn der Schwanz nicht mehr zur Arbeit aufstand, endlich Feierabend. Seiner würde natürlich nie den Geist aufgeben, so viel wusste er von sich, und es wäre eine Schande, wenn man von irgendwelchen anderen Medikamenten impotent werden würde. Aber er war davon ausgegangen, ja hatte sogar darauf gehofft, dass dieser Irrsinn, dieses unbedingte Gefallenwollen einmal ein Ende haben würde. Jetzt, wo er Willoughby beobachtete, wurde ihm klar, dass es erst dann endete, wenn alles andere auch zu Ende war – mit dem Tod.
     
    Miriam starrte auf das fad schmeckende Obst hinunter, das sie sich vom Frühstücksbuffet geholt hatte, harte kleine Stücke von noch nicht reifen Früchten. Sie wollte nicht zu den nervigen Leuten gehören, die ständig ihre Art, zu leben, verteidigten, aber sie vermisste Mexiko jetzt schon, all das, was sie während der letzten sechzehn Jahre für selbstverständlich gehalten hatte – das frische Obst, der starke Kaffee, die herrlichen Gebäckstücke. Dieser armselige Brunch berührte sie peinlich, auch wenn die vier Kriminalbeamten ihn anscheinend genossen. Sogar die junge Frau aß mit Lust, obwohl sie nur Eier und Speck auf dem Teller hatte, wie Miriam auffiel.
    »Ich wäre so oder so gekommen«, sagte sie ihnen. »Es ist schon wahr, ich fände es natürlich besser, wenn Ihre Informationen … an dieser Stelle eindeutiger wären, wenn das eine oder das andere bereits feststehen würde. Aber selbst wenn sie nicht meine Tochter ist, weiß sie etwas über den Tag, an dem meine Töchter verschwunden sind. Vielleicht sogar alles darüber. Wo machen wir jetzt weiter?«
    »Wir würden gern mehr über den Alltag Ihrer Tochter erfahren, all die Einzelheiten, die nur sie kennen kann. Die Aufteilung
der Wohnräume im Haus, Familiengeschichten, Witze, die sie untereinander gemacht haben. Alles, was Ihnen einfällt.«
    »Das würde Stunden, vielleicht sogar Tage dauern.« Und mir auf mannigfaltige Weise von neuem das Herz brechen . Dreißig Jahre lang hatte Miriam verstanden, dass sie ihre traurigsten Familiengeheimnisse mit den Ermittlern teilen musste – das schlecht gehende Geschäft ihres Mannes, ihre Affäre, die verworrene Geschichte, wie Sunny und Heather ihre Töchter wurden. Aber die glücklichen Erinnerungen missgönnte sie ihnen, die profanen Nebensächlichkeiten des Alltags. Die gehörten nur Dave und ihr. »Warum erzählen Sie mir nicht, was sie Ihnen bisher gesagt hat, und wir schauen mal, ob mir irgendwas davon unwahr vorkommt? Warum kann ich sie nicht einfach sehen?«
    Nancy blätterte in ihren Notizen. »Ihre Angaben waren stimmig, was Geburtstage, die Schulen, die sie besucht hatte, die Adressen angeht. Die Krux dabei ist, das meiste kann man auch im Internet oder in Zeitungsberichten finden. An einer Stelle hat sie Florida erwähnt und eine Person namens Bop-Bop …«
    »Das ist richtig, das ist Daves Mutter. Sie hat sich diesen schrecklichen Namen ausgesucht, weil sie nichts sein wollte, was irgendwie gesetzt klang. Die Mutterrolle hatte ihr schon nicht gefallen, und als sie Großmutter wurde, brachte sie das völlig aus der Fassung.«
    »Nur ist das nicht wirklich ein Familiengeheimnis, oder? Heather könnte es beispielsweise anderen Schulkindern erzählt haben.«
    »Aber wer würde

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