Was die Toten wissen
vorausplanen musste.
Seine Frau war gestorben – ich hatte den Eindruck, er hätte das Stück Land sonst nicht verkauft -, und er sagte mir, dass keine Kinder, keine Erben da seien. Er schloss mehrere Versicherungen ab, die ich ihm empfohlen hatte, eine private Pflegeversicherung, ein paar Altersvorsorgeanlagen. Die Versicherungsverträge liefen über Donald Leonard, einen Freund von mir hier im Ort, den ich von den Rotariern her kenne.«
Und du hast dafür eine ordentliche Provision kassiert , dachte Infante.
»Hat Sie Dunham auch in Bezug auf strafrechtliche Dinge um Rat gefragt?«
Hertzbach wirkte belustigt. »Selbst wenn er es getan hätte, könnte ich nichts darüber sagen. Streng vertraulich, wissen Sie?«
»Aber wenn ich es recht verstehe, ist er inzwischen geschäftsunfähig …«
»Ja, er hat schwer abgebaut.«
»Und wenn er stirbt, muss niemand verständigt werden? Keine Verwandten, Freunde?«
»Nicht dass ich wüsste. Aber vor kurzem hat mich eine Frau angerufen und wollte Auskunft über seine Finanzen haben.«
Durch Infantes Hinterstübchen schrillte ein Pfiff fast wie von einem Wasserkessel – eine Frau, die sich für das Geld interessierte. »Hat sie Ihnen ihren Namen genannt?«
»Ich bin mir sicher, das hat sie, aber dazu müsste ich meine Sekretärin fragen, damit sie in ihren Notizen nachschaut, Datum und Namen heraussucht. Sie war … ziemlich ungehobelt. Wollte wissen, wer in seinem Testament begünstigt werde und um wie viel Geld es gehe. Natürlich konnte ich ihr das nicht sagen. Als ich sie fragte, in welchem Verhältnis sie zu Mr. Dunham stehe, legte sie auf. Ich habe überlegt, ob es vielleicht jemand aus dem Pflegeheim war; eine Frau, die, als er noch bei Sinnen war, seine Gutwilligkeit ausgenutzt hatte. Zumindest hätte es so sein können.«
»Wie das?«
»Mr. Dunham ist im Februar ins Hospiz verlegt worden, das bedeutet, sie gehen davon aus, dass er kein halbes Jahr mehr zu leben hat.«
»Er stirbt an Demenz? Gibt es das?«
»An Lungenkrebs, dabei hat er mit vierzig mit dem Rauchen aufgehört. Ich muss schon sagen, er ist ein extremer Pechvogel. Verkauft sein Land für eine Stange Geld und wird dann krank. Das will uns etwas sagen.«
»Und was könnte das sein?«
Kevin hatte eigentlich gar nicht die Absicht gehabt, den Schlaumeier zu spielen, aber Hertzbach war wie vor den Kopf gestoßen. »Na ja … ich weiß nicht, jeden Tag zu schätzen?«, sagte er schließlich. »Das Leben in vollen Zügen zu genießen.«
Danke für die großartige Erkenntnis, Kumpel .
Er machte sich auf den Rückweg nach Maryland, über Bodenwellen und Unebenheiten, und grübelte derweil über den Anruf einer Frau, die sich laut Notizen der Sekretärin als Jane Jones ausgegeben hatte. Wie einfallsreich. Der Anruf war am ersten März gewesen, kaum drei Wochen her. Eine Fremde, die nach dem Geld eines alten Cops fragte. Wusste sie, dass er im Sterben lag? Aber woher? Hatte sie daran gedacht, ein Zivilverfahren gegen den Mann zu eröffnen? Dann wusste sie auch, dass der Mord an ihrer Schwester nicht verjährte.
Aber auch, dass es im Falle eines Verbrechens kein Geld gab.
Wieder fiel ihm auf, wie praktisch das alles war – die alte Farm gab es nicht mehr, und wer weiß, was aus dem angeblichen Grab geworden war. Auch der alte Mann war so gut wie nicht mehr.
Als er über die Bundesgrenze nach Maryland fuhr, kramte er nach seinem Handy und rief Willoughby an, um ihn zu fragen, ob er je etwas von Dunham gehört hätte. Es ging keiner ran. Er beschloss, Nancy noch einmal anzurufen, um zu sehen, was sie inzwischen herausgefunden hatte.
»Infante«, sagte sie sofort. Er musste sich immer noch daran gewöhnen, dass sein Name auf Nancys Display angezeigt wurde und ihn unmittelbar ankündigte.
»Der Anwalt hatte ein paar interessante Auskünfte, aber Dunham selbst führt in eine Sackgasse. Und du bist inzwischen die führende Fachfrau in Sachen Bethany?«
»Bin kurz davor. Ich habe die Mutter gefunden. Das Maklerbüro in Austin, in dem sie früher gearbeitet hat, wusste, wo sie zu erreichen ist. Es hat niemand abgenommen, und es sprang auch kein AB an, aber Lenhardt versucht es weiter bei ihr. Hier aber kommt der Clou …«
»Wir sollten sie von ihr fernhalten, bis wir uns sicher sind.«
»Ja, aber Infante …«
»Was ich damit sagen will, ist, sie wird es einfach glauben wollen. Das können wir nicht verhindern. Und es wird alles umsonst sein, wenn wir feststellen, dass es nicht ihre Tochter
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