Was fühlt mein Hund, Was denkt mein Hund
Frage ist, ob der Mensch die Klugheit, Weitsicht und sozioemotionale Stabilität aufbringt, sich aus der Welpenerziehung durch deren Mutter vornehm herauszuhalten.
Denn das sollte er tun.
Ausreichend lange Verschnaufpausen helfen dem Kleinen, das Erlebte zu verarbeiten.
Die Rolle des Züchters
Hundezüchter werden meiner Meinung nach viel zu wenig kontrolliert. Wie heißt es so schön im Volksmund: »Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.« Wer den Stammbaum sämtlicher Zuchthunde bis zu den Anfängen herunterleiern kann, hat in meinen Augen noch nichts bewiesen. Auch der Besitz allseits hoch gelobter »Champions« sagt wenig über die Züchterqualität aus, weil bei Hundeausstellungen viel zu viel Wert auf Optik und viel zu wenig Wert auf Verhalten gelegt wird. »Schön« muss er halt sein, der standardisierte Ausstellungshund.
Selbstverständlich gibt es erfreuliche Ausnahmen. Menschen, die bei der Zucht von Hunden eine größere genetische Vielfalt zulassen, bei nordamerikanischen Huskies zum Beispiel oder russischen Laiki. Die kommen in allen möglichen Schlägen und Farbvarianten daher. Und das ist gut und richtig so. Zwar züchten auch Züchter anderer Rassen durchaus verantwortungsvoll und orientieren sich zum Beispiel bei der Auswahl der Eltern sehr stark am Wesen der Tiere. Der Unterschied ist aber, dass bis auf wenige Ausnahmen fast alle Rassen genetisch extrem eingeengt sind, weil von der Fellfärbung bis hin zu Größe der Augenflecken keine Vielfalt zulässig ist.
Aufzucht in der Familie
Für die Aufzucht in der Familie gibt es keine Alternative. Allerdings sollte das Ganze ohne großes Tamtam vonstattengehen.
Man sollte die Welpen ganz einfach in den Alltag integrieren, dann verhalten sie sich normalerweise auch genauso: normal. Insofern sind für mich Dinge wie ein großer Garten oder Abenteuer-Spielplätze relativ irrelevant. Bei unseren Großeltern gab es so etwas zum Beispiel überhaupt nicht. Trotzdem waren ihre Welpen gut sozialisiert – zumindest diejenigen, die ich als kleiner Junge kennenlernen durfte. Auch meine eigenen Hunde hatten in der Welpenzeit weder ein Dutzend Bälle noch Frisbees.
Wozu? Man kann als Hundebaby auch mit einem simplen Blatt spielen. Dennoch finden sich alle meine Hunde, einschließlich unserer kaukasischen Owtscharka-Hündin, stets frei laufend in Wandergruppen mit bis zu 20 anderen Hunden bestens zurecht. Sie beherzigen soziale Regeln des »Fair Play« und halten einen bestimmten Radius zu uns Menschen ein.
Woran erkenne ich »meinen« Welpen?
NINA RUGE: Eigentlich sollte beim Hundekauf ja der Kopf entscheiden, nicht der Bauch. Es gibt sogar Tests, die dabei helfen sollen, den späteren Charakter eines sechs Wochen alten Welpen zu »ermitteln«. Dazu setzt man den kleinen Hund zum Beispiel auf einen glatten Tisch und schaut, was er macht. Tapst er ohne Hemmungen schnurstracks auf die Tischkante zu und droht er sich in die Tiefe zu stürzen, dann wird er später sicher einmal ein echter Draufgänger.
Bleibt der Welpe dagegen zitternd sitzen und fiept nach der Mama, wird er wohl eine Memme par excellence. Beginnt er aber ruhig und bewusst, seine Umgebung zu ertasten und zu erschnüffeln, dann wird er ohne Zweifel ein wahrer Prachtkerl.
Diesen Test hatte ich auch mit Simba gemacht, als sie sieben Wochen alt war. Ein bisschen zögerlich war sie, aber durchaus entdeckungsfreudig. Und vor der Tischkante hatte sie eindeutig Respekt. Eine gute Mischung, wie ich fand. Doch wenn ich ehrlich war, hatte ich mich ohnehin schon längst in sie verliebt. Da kam mir der Test gerade recht.
Die Qual der Wahl: Wie soll man da nur den richtigen Welpen für sich herausfinden?
Gibt es Liebe auf den ersten Blick?
Was ist es nur, das unsere Seelen zusammenfinden lässt? Dass man ein Tier anschaut und weiß: »Genau das ist es!« (Umgekehrt scheint es übrigens genauso zu sein.) Bei Vroni waren es die Augen. Dabei hat sie eine deutliche Fehlzeichnung: die Blesse im Gesicht ist viel zu groß, sodass die beiden braunen Abzeichen über den Augen nicht wie gewünscht im Schwarzen liegen, sondern im weißen Fell. Außerdem zieht sich die weiße Zeichnung zackenförmig über den gesamten Hinterkopf – sehr interessant, aber nicht gerade der Traum eines Züchters.
Uns war das egal. Denn ihr Blick war einfach umwerfend. Vroni sah uns so sensibel, lieb und weise an, dass wir sofort überzeugt davon waren, dass sie die Richtige für uns ist.
Als weise kann ich sie heute zwar nicht
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