Was fühlt mein Hund, Was denkt mein Hund
bezeichnen wir als »Kopftypen«, tiefrangige als »Seelchen« und die aus dem sozialen Mittelfeld als »gesellige Typen«. Jeder Typus hat demnach seine unverwechselbaren Grundeigenschaften.
Die »Kopftypen« sind diejenigen mit dem größten Anführertalent. »Seelchen« sind im Prinzip unterwürfige Mitläufer, und gesellige Typen gehören zu den mit Abstand verspieltesten Hundeindividuen.
Erste Untersuchungen und Tests an Haushunden legen den Schluss nahe, dass auch ihre soziale Gruppenorganisation als Dreiklassengesellschaft strukturiert ist.
Draufgänger oder eher Mauerblümchen? Es ist bei Hunden nicht anders als bei uns: Der Grundcharakter lässt sich nicht verändern.
Gibt es unterschiedliche Hundepersönlichkeiten?
Der Verhaltensbiologe Dr. Immanuel Birmelin sieht in Hunden keine instinktgesteuerten, gut abrichtbaren Wesen, sondern Individuen mit persönlichen Stärken und Schwächen.
Hund mal anders: Immanuel Birmelin erforscht das Wesen vieler verschiedener Tierarten.
WAS UNTERSCHEIDET HUNDE VONEINANDER?
NINA RUGE: Sie sind der Meinung, dass die Intelligenz eines Hundes weniger von seiner Rasse abhängt als von seiner individuellen Persönlichkeit. Welche »Typen« gibt es denn?
IMMANUEL BIRMELIN: Wissenschaftlich wurde noch nie versucht, eine entsprechende Klassifizierung aufzustellen. Das würde vermutlich auch gar nicht gelingen.
Schließlich steckt die Erforschung der tierischen Persönlichkeit noch in den Kinderschuhen. Wir tasten uns erst langsam heran. Und die häufigsten Versuchstiere sind Mäuse und Meerschweinchen, weil man diese Arten leichter genetisch untersuchen kann. Aber ich habe natürlich eine eigene Meinung zu diesem Thema. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es unter den Hunden ganz ähnliche Persönlichkeitstypen gibt wie bei uns Menschen auch.
NINA RUGE: Zum Beispiel?
IMMANUEL BIRMELIN: Den Blender oder Bluffer. Den Draufgänger oder Macho.
Den Schüchternen oder Sensiblen …
NINA RUGE: Gibt es auch den Eitlen?
IMMANUEL BIRMELIN: Nein, die übertriebene Sorge um die eigene körperliche und geistige Schönheit gibt es meiner Ansicht nach nur unter Menschen. Denn Eitelkeit setzt voraus, dass ich eine Vorstellung von mir selbst habe. Und die haben Hunde nicht.
NINA RUGE: Wie entstehen denn solche Hundepersönlichkeiten und Hundetypen?
Welche Rolle spielen dabei die naturgegebenen »Voraussetzungen« wie Gene und Hormone? Und wie viel macht die individuelle Erfahrung aus?
IMMANUEL BIRMELIN: Die Gene spielen eine große Rolle. Manche Persönlichkeitsmerkmale sind schon im Welpenalter ganz klar zu erkennen. Man erkennt zum Beispiel schon recht früh, ob der Welpe sehr selbstbewusst ist oder eher zurückhaltend. Dafür gibt es auch verschiedene Tests. Manche dieser Anlagen kann man fördern, andere eher beiseiteschieben.
Doch wird beispielsweise ein von seinem Typ her eher ängstliches Tier nie ein Draufgänger werden. Auch Hormone prägen die Persönlichkeit stark – und zwar nicht nur die Geschlechtshormone, wie Testosteron, das in hohen »Dosen« die Aggressivität fördert.
NINA RUGE: Welche Hormone beeinflussen die Persönlichkeit denn noch?
IMMANUEL BIRMELIN: Ein hoher Oxytocinspiegel etwa verstärkt anhängliches Verhalten. Und auch das Stresshormon Cortisol hat einen Einfluss auf den Charakter. Wissenschaftler haben zum Beispiel an Kohlmeisen die Erkenntnis gewonnen: Ein geringer Cortisolspiegel im Blut erhöht die Neugier und die Kreativität der Vögel. Man hat auch entdeckt, dass trauernde Hunde einen erhöhten Cortisolspiegel aufweisen. Nach unserem aktuellen Erkenntnisstand wird die Persönlichkeit eines Hundes also vom Zusammenspiel der Gene, der Hormone und der Erfahrungen geprägt.
NINA RUGE: Es heißt ja immer, dass Menschen im Traum die Erlebnisse des Tages aufarbeiten und sich somit die Persönlichkeit in gewisser Weise sogar im Schlaf »entwickelt«. Trifft das auch auf Hunde zu?
IMMANUEL BIRMELIN: Der Schlaf von Hunden scheint ganz ähnlich zu sein wie bei uns Menschen. Adrian Morrison von der Universität Philadelphia hat dazu etliche Experimente durchgeführt und zum Beispiel mithilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) die elektrische Aktivität des Gehirns im Schlaf gemessen. Wir wissen heute, dass Hunde ganz ähnliche Schlafphasen durchlaufen wie wir selbst.
Daher geht man davon aus, dass auch die »Funktion« des Träumens eine ähnliche ist wie bei uns Menschen: Erlebnisse und Gedanken werden sortiert und verarbeitet, Unwichtiges wird
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