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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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fuhr er fort. »Es raschelte. Gänge unter den Bettdecken. Päckchen wurden ausgewickelt. Sie errötete.«
    Und mir erging es ebenso.
    »Im Halbschlaf kroch sie ganz nahe an sein Kopfkissen und flüsterte ihm ins Ohr, das noch feucht war vom –«
    »Das ist nicht aus dem Samtkaninchen «, sagte ich mit leicht eingerosteter Stimme vom mangelnden Gebrauch.
    »Willkommen zurück«, sagte Noah.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also sagte ich das, was ich dachte. »Das war schrecklich.«
    Noah antwortete, indem er ein weiteres Kinderbuch verunstaltete. Dr. Seuss’ wurde zu einem Lehrgedicht über Fellatio. One Fish, Two Fish, Red Fish, Blue Fish
    Zum Glück kam Joseph herein, als Noah gerade den nächsten Buchtitel vorlas: Coco, der neugierige Affe .
    »Darf ich zuhören?«, fragte mein Bruder.
    »Klar«, sagte Noah.
    Schweinische Bilder vom Mann mit dem gelben Hut und seinem Affen geisterten mir durch den Kopf.
    »Nein«, sagte ich, immer noch mit dem Gesicht zur Wand.
    »Achte nicht auf sie, Joseph.«
    »Nein«, sagte ich lauter.
    »Komm, setz dich neben mich«, sagte Noah zu meinem Bruder.
    Ichrichtete mich auf und warf Noah einen vernichtenden Blick zu. »Das kannst du ihm nicht vorlesen.«
    Ein Lächeln verzauberte Noahs Gesicht. »Warum nicht?«, fragte er.
    »Weil. Weil es ekelhaft ist.«
    Zwinkernd wandte er sich Joseph zu. »Dann vielleicht ein andermal.«
    Joseph ging hinaus, lächelte aber dabei.
    »Also«, sagte Noah vorsichtig. Ich saß im Schneidersitz und in meine Decken verheddert im Bett.
    »Also«, erwiderte ich.
    »Willst du vielleicht die neuesten Abenteuer von Coco, dem neugierigen Affen, hören?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Sicher?«, fragte Noah. »Er war wirklich ein sehr unartiges Äffchen.«
    »Vergiss es.«
    Dann warf Noah mir einen Blick zu, der mir das Herz brach. »Was ist passiert, Mara?«, fragte er in ruhigem, leisem Tonfall.
    Es war Nacht und vielleicht lag es daran, dass ich müde war oder wieder angefangen hatte zu sprechen oder weil er mich zum ersten Mal überhaupt danach gefragt hatte oder weil er so herzerweichend gut aussah, wie er dort im Schein meiner Lampe neben dem Bett auf dem Boden hockte, auf jeden Fall erzählte ich es ihm.
    Ich erzählte ihm alles, von Anfang an, ohne etwas auszulassen. Und Noah saß regungslos da und ließ mich nicht einen Moment aus den Augen.
    »Himmel«, sagte er, als ich fertig war.
    Erglaubte mir nicht. Ich wandte mich ab.
    »Ich dachte, ich wäre verrückt«, sagte Noah zu sich selbst.
    Unwillkürlich sah ich ihn an. »Was? Was hast du gesagt?« Noah starrte die Wand an. »Ich habe dich gesehen, jedenfalls deine Hände, und ich habe deine Stimme gehört.
    Ich dachte, ich würde verrückt werden. Und dann bist du aufgetaucht. Unglaublich.«
    »Noah«, sagte ich. Seine Miene wirkte entrückt. Ich streckte die Hand aus und wandte sein Gesicht zu mir um.
    »Wovon redest du?«
    »Nur deine Hände«, sagte er, nahm sie und drehte die Handflächen nach oben, wobei er beim Betrachten meine Finger aufbog. »Du hast sie irgendwo gegengedrückt, aber es war dunkel. Dein Kopf hat wehgetan. Ich konnte deine Fingernägel sehen; sie waren schwarz. Dir haben die Ohren geklingelt, aber ich habe deine Stimme gehört.«
    Er verband die Sätze so, dass sie nicht zusammenpassten.
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Bevor du hierhergezogen bist, Mara. Ich habe dich gehört, bevor du hergezogen bist.«
    Die Erinnerung an Noahs Gesicht an meinem ersten Tag setzte sich zu etwas Undenkbarem zusammen. Er hatte mich angesehen, als würde er mich kennen, weil … weil es aus irgendeinem Grund so war. Alles, was ich als Nächstes hätte sagen können, verschwand aus meinem Kopf und von meiner Zunge. Das, was ich hörte, ergab keinen Sinn.
    »Du warst nicht die Erste, die ich gesehen oder gehört habe. Es gab vorher schon zwei andere. Aber ich bin ihnen nie begegnet.«
    »Andere?«,flüsterte ich.
    »Andere Leute, die ich im Geist gesehen habe.«
    Seine Worte versanken in der Luft um uns herum wie ein Stein im Wasser.
    »Beim ersten Mal war ich nachts mit dem Auto unterwegs«, sagte er hastig. »Ich habe gesehen, wie ich mit jemandem zusammenstieß; aber es war eine völlig andere Straße und auch nicht mein Wagen. Trotzdem bin ich geradewegs auf das Mädchen zugerast. Sie war in unserem Alter, glaube ich. Eingeklemmt hinter dem Lenkrad. Sie ist stundenlang gestorben«, sagte Noah mit hohler Stimme.
    »Ich habe alles gesehen, was sie durchgemacht hat, alles gehört, was

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