Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)
aneinander wie zwei Fragezeichen. Er verschränkte die Finger mit meinen und ich spürte seinen Atem auf meiner Haut. Wir lagen eine Weile schweigend da, ehe er weitersprach.
»Du riechst gut«, flüsterte er in meinen Nacken. Ich spürte seine Wärme. Unwillkürlich drängte ich mich mit dem Rücken an ihn und lächelte.
»Wirklich?«
»Mmm-hmm. Köstlich. Wie gebratener Speck.«
Ich lachte, während ich mich verdrehte, um ihn gleichzeitig anzusehen und zu knuffen. Er hielt mich am Handgelenk fest und mein Lachen erstarb. Dann setzte ich ein verschmitztes Grinsen auf und hob die andere Hand, um ihn zu knuffen. Mit einem Griff packte er auch dieses Handgelenk und drückte mich, die Arme über den Kopf gestreckt, zärtlich aufs Bett, während er sich über meine Hüften schwang. Die wenigen Zentimeter zwischen uns brachten mein Blut zum Kochen.
Noah beugte sich leicht nach vorn, ich konnte sein Verlangen förmlich riechen und glaubte, sterben zu müssen. Mit tiefer Stimme sagte er: »Was würdest du tun, wenn ich dich jetzt küsse?«
Ich starrte in sein wunderschönes Gesicht, auf seinen wunderschönen Mund und wünschte mir nichts mehr, als ihn zu schmecken.
»Ich würde dich zurückküssen.«
Noah schob meine Beine mit den Knien auseinander, meine Lippen mit der Zunge und schon küssten wir uns begierig. Als er sich zurückzog, stöhnte ich vor Enttäuschung. Doch dann schob er mir die Hand unter den Rücken und zog mich hoch, bis wir aufrecht saßen und er den Kopf senkte und unsere Münder sich wieder trafen. Jetzt drückte ich ihn nach unten und war über ihm und verharrte dort, bevor ich mich auf ihn fallen ließ.
Eine ganze Ewigkeit fühlte ich mich wunderbar. Ich lächelte Mund an Mund, fuhr ihm mit den Fingern durch die Haare und lehnte mich irgendwann ein wenig zurück, um in seinen Augen zu lesen, doch sie waren geschlossen und seine Lider ruhten auf steinernen Wangen. Ich rückte noch ein Stück von ihm ab und seine Lippen waren blau.
»Noah.« Meine Stimme durchbrach rüde die Stille. Aber er war nicht Noah. Er war Jude und Claire und Rachel und tot. Ich sah sie alle, eine Parade von Leichen unter mir, Totenblässe und Blut in Irrsinnsstaub. Die Erinnerung fuhr wie eine Sichel durch meinen Verstand und ließ eine leuchtende, erbarmungslose Klarheit zurück.
Zwölf Eisentüren schlugen zu. Ich hatte sie zugeschlagen.
Und da war Angst vor der Dunkelheit. Aber nicht meine. Sondern Judes.
Im einen Moment hatte er mich so fest gegen die Wand gedrückt, dass ich glaubte, eins mit ihr zu werden. Und im nächsten war er der Gefangene im Innern des Patientensaals, zusammen mit mir. Nur dass ich nicht länger das Opfer war.
Sondern er.
Ich lachte ihn aus in meinem wahnsinnigen Zorn, der das Fundament der Anstalt erschütterte und sie zum Einsturz brachte. Mit Jude und Claire und Rachel in ihrem Inneren.
Ichhatte sie umgebracht und auch die anderen. Mabels Peiniger. Und Morales.
Diese Erkenntnis schleuderte mich zurück in Noahs Zimmer, wo sein regungsloser Körper immer noch unter mir lag. Ich schrie seinen Namen, aber es kam keine Antwort, und mir knallten restlos die Sicherungen aus dem Kasten. Ich schüttelte ihn, kniff ihn, wühlte mich in seine Arme, doch sie boten keine Zuflucht. Ich warf mich ans Kopfende und tastete wild und verzweifelt nach seinem Handy. Während ich mit der einen Hand anfing, die Notrufnummer 911 einzutippen, hob ich die andere und schlug ihm mit dem Handrücken ins Gesicht, dass es brannte wie die Hölle, als sie auf Haut und Knochen traf.
Er erwachte mit einem jähen Atemzug. Meine Hand tat irrsinnig weh.
»Unglaublich«, hauchte Noah und fasste sich ins Gesicht. Sein wunderbarer Geschmack auf meiner Zunge löste sich bereits auf.
Ich machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch mir fehlte die Luft.
Noah wirkte entrückt und benommen. »Das war der beste Traum, den ich je hatte. In meinem ganzen Leben.«
»Du hast nicht geatmet.« Ich brachte die Worte kaum heraus.
»Mein Gesicht tut weh.« Noah starrte an mir vorbei, ohne etwas zu sehen. Sein Blick war verschwommen, seine Pupillen erweitert. Ob von der Dunkelheit oder etwas anderem, wusste ich nicht.
Ich legte meine zitternde Hand an sein Gesicht und gab mir Mühe, ihn nicht mit meinem Gewicht zu belasten.
»Du lagst im Sterben.« Meine Stimme überschlug sich.
»Das ist doch lächerlich«, sagte Noah und verzog den Mund zu einem amüsierten Lächeln.
»Deine Lippen waren ganz blau.« So wie Rachels Lippen es
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