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Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition)

Titel: Was geschah mit Mara Dyer?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Hodkin
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Keramikrosen baumelten von den Armen des Kronleuchters, den meine Mutter hatte anbringen lassen, doch durch die dunklen Wände ließ er das Zimmer nicht über Gebühr feminin wirken. Es funktionierte. Und ich verfügte zum ersten Mal über ein eigenes Badezimmer, was definitiv ein Plus war.
    Ich hatte weder Skizzen noch Bilder aufgehängt und plante auch nicht, das zu tun. Am Tag bevor wir Rhode Island verließen, hatte ich den Flickenteppich aus Fotos und Zeichnungen von meiner Wand genommen und mir eine Bleistiftskizze von Rachels Profil bis zum Schluss aufgehoben. Dann hatte ich das Bild angestarrt und mich gewundert, wie ernst sie darauf aussah.Vor allem im Vergleich zu ihrem fröhlichen Gesicht in der Schule, wo ich sie, nach meiner Erinnerung, das letzte Mal gesehen hatte. Wie sie auf der Beerdigung ausgesehen hatte, wusste ich nicht.
    Der Sarg war geschlossen gewesen.

9
    S chläfstdu, Liebes?«
    Ich schrak auf, als ich die Stimme meiner Mutter hörte. Wie viel Zeit war vergangen? Ich fühlte mich sofort beklommen. Ein Rinnsal von Schweiß lief mir über den Nacken, obwohl ich gar nicht schwitzte.
    Ich richtete mich im Bett auf. »Nein.«
    Sie sah mir prüfend ins Gesicht. »Hast du Hunger?«, fragte sie. Sämtliche Spuren ihres Grolls waren verschwunden. Jetzt sah sie besorgt aus. Wieder einmal. »Das Abendessen ist fast fertig«, sagte sie.
    »Ist Dad schon da?«
    »Noch nicht. Er arbeitet an einem neuen Fall. Wahrscheinlich wird er in nächster Zeit häufiger nicht zum Abendessen nach Hause kommen.«
    »Ich komme gleich in die Küche.«
    Meine Mutter tat einen zögernden Schritt ins Zimmer.
    »War es schlimm an deinem ersten Tag?«
    Ich schloss seufzend die Augen. »Es war nichts Besonderes, aber ich möchte lieber nicht darüber reden.«
    Sie wandte den Blick ab und ich bekam ein schlechtes Gewissen. Ich liebte meine Mutter wirklich sehr. Sie versorgte uns hingebungsvoll. Aber im Laufe des letzten Jahres war sie allgegenwärtig geworden. Und im vergangenen Monat war ihr Geglucke schlichtweg unerträglich gewesen. An unserem Umzugstag hatte ich auf der sechzehnstündigen Fahrt nach Florida kein Wort geredet, obwohl wir mir zuliebe mit dem Auto fuhren, weil ich Flug- und Höhenangst hatte. Nach unserer Ankunft erzählte mir Daniel, dass er mit angehört hatte, wie Mom und Dad nach meiner Entlassung aus dem Krankenhaus über die Möglichkeit gestritten hatten, mich einweisen zu lassen. Mom war natürlich dafür gewesen. Dort würde man permanent auf mich aufpassen! Aber ich hatte nicht das geringste Bedürfnis, mich in einer Gummizelle auf die Collegeaufnahmeprüfung vorzubereiten, und da die Wirkung meiner großen Geste – dem Besuch der Beerdigungen – offensichtlich verflogen war, musste ich meinen Wahnsinn so gut es ging verbergen. Es schien zu funktionieren. Bis jetzt jedenfalls.
    Mom ließ das Thema fallen, gab mir einen Kuss auf die Stirn und ging in die Küche zurück. Ich stieg aus dem Bett und tappte auf Strümpfen durch den Flur, wobei ich mir große Mühe gab, nicht auf dem versiegelten Parkettboden auszurutschen.
    Meine Brüder hatten bereits den Tisch gedeckt und meine Mutter war immer noch mit dem Essen beschäftigt, also ging ich ins Wohnzimmer, ließ mich auf die tiefe Ledercouch fallen und schaltete den Fernseher ein.
    »Kannst du das kurz lauter machen, Mara?«, bat meine Mutter. Ich gehorchte.
    »Mithilfe der Suchmannschaft der Polizeibehörden von Laurelton gelang es heute Morgen, die Leichen von Rachel Watson und Claire Lowe zu bergen. Allerdings haben die Ermittler Schwierigkeiten, die Überreste des achtzehnjährigen Jude Lowe aufzufinden, da einige Seitenflügel des Gemäuers noch stehen, aber jeden Moment einzustürzen drohen.«
    Mit zusammengekniffenen Augen starrte ich auf den Fernseher. »Was zum –«, flüsterte ich.
    »Hmmm?« Meine Mutter kam ins Zimmer und nahm mir die Fernbedienung aus der Hand. Das Bild meiner Freundinnen verschwand. Stattdessen war in einer Ecke des Bildschirms, gleich neben der Nachrichtensprecherin, das Foto eines glücklich lächelnden Mädchens mit dunklen Haaren zu sehen.
    »Die Ermittler verfolgen neue Spuren im Fall der ermordeten Zehntklässlerin Jordana Palmer«, trällerte die Nachrichtensprecherin. »Die Polizei von Miami-Dade führt derzeit mit einem Team aus K-9-Spezialisten eine weitere Suche nach Beweisen im unmittelbaren Umkreis des Palmer’schen Anwesens durch. Kanal Sieben berichtet.«
    Das Fernsehbild zeigte die wacklige Videoaufnahme

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