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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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abglitten, die ihm den Atem abschnürte. Sie rümpfte die Nase. Noch immer glaubte sie den schwachen Eisengeruch von Marks austretendem Blut wahrzunehmen. Es war, als könnte sie ihn hinten im Gaumen schmecken. Weder hatte sie sich bemüht, seine Todesqualen zu lindern, noch irgendein Wort des Trostes gesprochen. Tatsächlich hatte sie gelächelt, als könnte er davonkommen, als wäre er noch immer der starke, tüchtige Mann, der Holz sägen, Wände streichen und seine Hand gegen sie erheben konnte.
    Vielleicht hatte sie sogar vor sich hin gesummt. So, als schwanke sie nicht. Zu sehr wünschte sie sich, Zeugin dieses Ablebens zu werden, das das Ende des ganzen elenden Kapitels bedeuten würde. Als sie zu ihm gesprochen hatte, war ihr Tonfall beiläufig gewesen.
    »Du brauchst dich nicht zu beeilen. Ich habe stundenlang Zeit, ich muss nirgendwohin und habe das ganze Leben vor mir. Versprochen ist versprochen.«
    Ihr frivoler Pragmatismus kaschierte, dass ihr Herz vor Erleichterung ächzte.
    »Mir bleibt nicht mehr viel Zeit.«
    Seine Stimme wurde leiser, war kaum noch ein Flüstern. Er stieß seine letzten Worte zwischen stockenden letzten Atemzügen aus.
    »Zu langsam, zu qualvoll. Dafür wirst du bezahlen.«
    In Gedanken löschte sie diese Worte, bevor er sie ausgesprochen hatte. Sie würde sie niemals wiederholen, davon berichten oder sich daran erinnern.
    »Ach, Mark, ich habe schon bezahlt.«
    Sie beugte sich weit vor, bis ihr Gesicht nur wenige Zentimeter von seinem entfernt war. Dabei atmete sie die übel riechende Luft ein, die er ausstieß, und wartete auf seinen allerletzten Atemzug. Kathryn wunderte sich über die Fähigkeit des Menschen, sich an die Gegenwart zu klammern. Das war trotz der offenkundigen Zwecklosigkeit wirklich beeindruckend, ja sogar faszinierend.
    »Ja, ja, ich habe es getan, Roland. Ich war es. Ich ganz allein.«
    In ihrem Geständnis schwang ein Hauch von Stolz mit, als berichte sie über eine besondere Leistung. Roland fand das sehr verwirrend. Er schüttelte den Kopf. Selbst nachdem er sie beobachtet und ihr Geständnis gehört hatte, konnte er das Ganze nicht recht glauben. Er blickte die gepflegte Frau mittleren Alters mit dem hübschen Gesicht an, die ihm gegenübersaß. Die gleiche Frau, die ihm Appetithäppchen auf mit Tortenspitzen verzierten Tabletts gereicht, ihm Filterkaffee serviert und selbst gebackenen Kuchen angeboten hatte. Die Fakten wollten einfach nicht zusammenpassen. Sie war mit Mark Brooker verheiratet gewesen, einem Mann, den er mochte und bewunderte. Ein Mann, den er mit der Erziehung seiner einzigen Tochter betraut hatte.
    Roland atmete langsam aus und kratzte sich an der Stelle am Kinn, an der die Haut vom Bartwuchs am meisten gereizt war. Die stickige, angespannte Atmosphäre im Befragungsraum schien seiner empfindlichen Haut nicht gerade zuträglich zu sein. Er wollte nach Hause und unter die Dusche gehen. Besser noch, er wollte den Tag zurückspulen, nicht um 3 Uhr in der Früh einen Anruf entgegennehmen, der seine Familie aus dem Schlaf reißen und sein gewohntes Umfeld stören sollte.
    Kathryn spürte seine Verwirrung, da sie wusste, dass er zu jenen Menschen zählte, die großen Wert auf ihren Schlaf legten. Sie stellte ihn sich zu Hause vor, wie er am frühen Abend eine Seebrasse mit gedünstetem Gemüse und dazu einen gekühlten Weißwein zu sich genommen hatte. Zuvor war er eine Stunde im Fitnessstudio gewesen, um sich seinen flachen Bauch zu bewahren. Keiner konnte ahnen, dass sein Sonntag so enden würde, dass er ihr zu dieser unchristlichen Stunde in der Polizeistation Finchbury am Tisch gegenübersitzen und herauszufinden versuchen würde, was zum Teufel wirklich passiert war.
    »Bist du sicher, dass du mit mir sprechen willst?«, fragte er.
    Sein Jackett sprang auf und ließ das rosa Futter seines maßgeschneiderten Anzugs aufblitzen. Sie malte sich aus, dass seine Kollegen ihn damit aufzogen. Aber sie kannte Roland gut und wusste, welch großen Wert er auf sein Erscheinungsbild legte. Er würde ihrer Neckerei keinerlei Beachtung schenken. Ihn sah man nie in den zerknitterten billigen Klamotten, die einige seiner Zeitgenossen trugen.
    Kathryn erinnerte sich, ein Gespräch zwischen ihm und Mark aufgeschnappt zu haben, bei dem er sich über den Verlust seiner Uniform beklagt hatte – eine unvermeidliche Begleiterscheinung seiner Beförderung zum Chief Inspector. Es hatte ihm Freude gemacht, Knöpfe zu polieren, Stiefel zu putzen und Fussel von der

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