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Was ich dir noch sagen will

Was ich dir noch sagen will

Titel: Was ich dir noch sagen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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einfach so anzusprechen? Würden sie überhaupt etwas für ihn tun können? Vielleicht wollte er gar nicht, dass man ihm half. Lisa wurde unsicher.
    Der Mann stand einfach nur da und beobachtete das Treiben. Er trug einen hellgrauen Mantel und ausgelatschte Stiefel. Als er Erik und Lisa auf sich zukommen sah, hielt er Lisas Blick stand.
    «Entschuldigung, dass wir Sie einfach so ansprechen», sagte Lisa zögernd. Sie sah sich kurz vergewissernd zu Erik um und ergänzte dann: «Wir würden Ihnen gern einen Gefallen tun.»
    Herr Griesgram musterte sie in aller Seelenruhe und hob dann fragend seine Augenbrauen. Er hatte einen Bart, und sein Gesicht war faltig. Dennoch hätte Lisa nicht zu sagen vermocht, wie alt er wohl war. Aus der Nähe betrachtet, kam er ihr schon gar nicht mehr so griesgrämig vor. Sie meinte sogar, in seinen Augen kurz etwas Freundliches aufblitzen zu sehen.
    Erik räusperte sich. «Tja, also … Es ist so: Wir haben uns für heute vorgenommen, mal was Gutes zu tun. Und auch wenn es etwas seltsam klingt: Wir möchten Ihnen gern eine kleine Freude bereiten.»
    Der Mann sah noch einmal skeptisch zwischen ihnen hin und her. Dann lächelte er. Es war ein warmes, von Herzen kommendes Lächeln, das unmittelbar den Blick auf eine große Lücke zwischen seinen bräunlich verfärbten Zähnen freigab.
    Bei dem Anblick schreckte Lisa etwas zurück. Als sie sich nach einem kurzen Moment wieder gefangen hatte, traute sie sich zu fragen: «Gibt es vielleicht etwas, was wir für Sie tun können?»
    Der alte Mann schien durch sie hindurchzusehen. Oder dachte er nach? Lisa war sich nicht sicher, ob er sie überhaupt verstand. Schließlich sagte er ruhig, aber bestimmt: «Ich brauche nichts.»
    Doch sogleich begann er heftig zu husten. Das Röcheln hörte sich so entsetzlich an, dass es seine Aussage Lügen strafte.
    «Mein Mann ist Arzt.» Lisa deutete in Richtung Erik, während sie Herrn Griesgram weiter in seine seltsam leuchtenden Augen sah. «Sie sollten sich untersuchen lassen. Sie brauchen doch sicher Medikamente.»
    Doch statt eine Antwort zu geben, bekam der Mann einen weiteren Hustenanfall.
    Erik wendete sich ihm zu und fragte: «Sind Sie in Behandlung?»
    Der Mann winkte ab und röchelte weiter wie ein kleiner Mops, der zwar kaum Luft bekam, aber trotzdem sonderbar agil wirkte.
    Als er sich ein wenig beruhigt hatte, gab Erik sich einen Ruck. «Kommen Sie», sagte er freundlich, aber mit fester Stimme. «Wir laden Sie auf einen Kaffee ein.»
    Herr Griesgram blickte ihn verständnislos an. Dann zuckte er mit den Schultern und sagte: «Wenn Sie meinen.» Bereitwillig trottete er neben ihnen her in Richtung Bäckerei.
    «Ganz schön kalt heute, was?», fragte Lisa, um die seltsame Situation etwas zu entkrampfen.
    «Och, es geht immer noch schlimmer», erwiderte Herr Griesgram und lachte kurz auf. Doch die Reaktion führte zu einer nächsten Hustenattacke.
    Als sie in der warmen Bäckerei ankamen, deutete Erik den beiden, dass sie sich schon einmal zur Sitzecke begeben sollten.
    «Dürfen wir Sie auch zu einem Kuchen einladen?», fragte er, bevor er an den Tresen trat.
    Auf einmal lächelte Herr Griesgram wieder. «Schwarzwälder Kirsch!»
    Erik nickte und sah Lisa an.
    «Ich nehme eine Müslistange», erklärte sie und setzte sich zu ihrem Gast an den einzig freien Tisch. Sie registrierte die neugierigen Blicke ihrer Tischnachbarn.
    Die Servicekraft, die gerade das dreckige Geschirr abräumte, war dagegen bemüht, sich nichts von ihrer Irritation über diese augenscheinlich ungewöhnliche Konstellation anmerken zu lassen.
    Als Lisa ihre Jacke ablegte, tat der alte Mann es ihr gleich. Er zog seinen hellgrauen Tweedmantel aus, an dessen Bündchen man erahnen konnte, wie lange das Kleidungsstück nicht mehr gewaschen worden war. Statt ihn beiseitezulegen, faltete er den dicken Stoff etwas umständlich und legte ihn behutsam wie eine Serviette auf seinen Schoß.
    Nachdem Erik zunächst drei große Kaffeebecher und ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte an den Tisch gebracht hatte, marschierte er erneut zur Theke, um auf einem Teller die Müslistange und für sich ein Stück Obstkuchen zu holen. Anschließend zog er seine Jacke aus und setzte sich zu ihnen.
    Die Stimmung war noch immer recht beklemmend.
    «Guten Appetit», sagte Erik etwas unsicher und sah Lisa auffordernd an, damit sie die Konversation in Gang hielt.
    Der Mann bedankte sich knapp, hob die Tasse und roch mit geschlossenen Augen an seinem

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