Was ich dir schon immer sagen wollte
ich die Frage in mich einsinken, tue ich das für mein eigenes Ego? Es ergab sich, dass es darauf nicht ankommt. Es kommt nicht darauf an, wofür ich es tue. Was auch immer mich auf diesen Gedanken gebracht hat, dem muss ich trauen. Es kann eine Tat sein, deren Sinn über mich hinausweist. Ich weiß, wie sich das anhört. Aber ich gebe mich nur dafür her, ich werde benutzt. Das Ganze hat sich wirklich ausgewachsen. Ich wollte es nur für die beiden alten Damen tun, aber ich konnte es nicht sofort tun, denn ich wollte Zeit zur Vorbereitung haben, also haben wir es für Sonntag vereinbart, und jetzt höre ich von Leuten auf der Straße davon, Leute, die ich gar nicht kenne. Ich bin baff.«
»Macht Ihnen nicht der Gedanke zu schaffen, dass Sie sich vor so vielen Leuten zum Narren machen könnten?«
»Das ist kein Ausdruck, der mir irgendetwas bedeutet, wirklich nicht. Sich zum Narren machen . Wie kann irgendwer das tun? Wie kann man einen Narren aus sich machen. Den Narren zeigen, ja, den Narren bloßstellen, aber ist der Narr nicht einfach man selbst, ist er nicht die ganze Zeit über da? Sich selbst zeigen. Was sonst kann man tun?«
Sie können, wenn möglich, an Ihrem gesunden Verstand festhalten, hätte Mr. Lougheed sagen können, aber das fiel ihm erst später ein. Doch selbst wenn es ihm eingefallen wäre, so war der Moment dafür, es auszusprechen, vorbei.
Am Sonntagmorgen fand Mr. Lougheed vor seiner Tür einen toten Vogel. Er war bereit zu glauben, dass eine Katze ihn angeschleppt hatte. Katzen kamen nämlich ins Haus, wurden von Calla oder Rover gefüttert und hinterließen den Gestank ihres Urins im unteren Hausflur. Er hob den Vogel auf und trug ihn hinunter, hinaus auf den Hinterhof. Ein Blauhäher. Er bewunderte die kalte, leuchtende Farbe. Obwohl sie keine liebenswerten Vögel waren, die Häher. Er war auf einer Farm aufgewachsen und konnte nicht anders, als über alle Formen tierischen und pflanzlichen Lebens solche Urteile abzugeben. Er erinnerte sich an eine Besucherin auf der Farm, eine nicht mehr junge Dame, die angesichts eines Feldes voll mit wildem Ackersenf in Begeisterungsschreie ausgebrochen war. Sie hatte eine Kopfbedeckung in Altrosa oder Beige getragen, aus Chiffon, falls der Stoff so hieß, und die auffällige Aberwitzigkeit dieses Hutes verband sich in seiner Erinnerung bis auf den heutigen Tag mit dem Aberwitz ihrer Begeisterung. Natürlich waren es das Aussehen und dann die Äußerungen der Erwachsenen, die ihm beibrachten, was aberwitzig war.
Er hatte vor, den Vogel unter die Erde zu bringen, konnte aber nichts finden, mit dem sich ein Loch graben ließ. Die Tür zum Keller war aufgebrochen worden. Früher gab es darin einige Geräte, aber er nahm an, dass sie inzwischen verschwunden waren. Der Erdboden auf dem Hinterhof war ohnehin wie aus Beton. Überall Steine, zerbrochenes Glas. Er tat den toten Vogel in die Mülltonne.
Er wohnte seit zwölf Jahren in diesem Haus, nachdem er seinen Drugstore verkauft hatte und hierhergezogen war, um in der Nähe seiner verheirateten Tochter zu sein. Die Tochter war mit ihrer Familie weggezogen, aber er war hiergeblieben. Das Haus und der Hof waren damals schon in einem heruntergekommenen Zustand gewesen, aber niemand, auch er nicht, hatte den Zustand voraussehen können, in dem sie sich heute befanden. Haus und Grundstück hatten einer Miss Musgrave gehört, die aus einer begüterten Familie kam. Sie lebte damals noch und bewohnte die unteren Räume, in denen jetzt Rex, Calla und Rover hausten. Bald nach seinem Einzug holte Mr. Lougheed die Sense und fing an, das lange Gras in den Ecken des Hofes zu mähen. Er hatte vor, einen ordentlichen Rasen anzulegen, was allen Bewohnern zugutegekommen wäre. Aber kaum hatte er damit begonnen, da wurde ein Fenster hochgeschoben, und eine laute, gar nicht damenhafte, sondern alkoholisierte Stimme schrie ihn an.
»Das ist Musgrave-Eigentum!«
Es war Miss Musgrave, und sie war verrückt, aber auf eine ihm vertraute Weise. In seiner Drugstore-Zeit hatte er Damen wie sie gekannt, sie kamen herein, mit schief und krumm angemaltem Mund und schief und krumm aufgesetztem Hut, bemogelten ihn mit ihren Rezepten, beschwatzten ihn, belogen ihn und taten beleidigt. Miss Musgrave war inzwischen lange tot, und ihre vertraute Verrücktheit fehlte ihm fast. Jetzt war er umringt von diesen jungen Leuten, und er vermochte beim besten Willen nicht zu entscheiden, ob sie nun verrückt waren oder nicht. Nicht einmal bei
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