Was im Dunkeln liegt
Muschel – und mit nach Hause genommen.«
Das war typisch für Trudie – eine charmante Lüge, auf eine Art verpackt, dass man halb darüber lächeln musste und halb daran glaubte. Denn in Wahrheit war es Trudie gewesen, die sich wie eine Klette an uns hängte, und wir hatten sicher niemals die Absicht, sie nach Hause mitzunehmen; doch als die Reifenpanne endlich behoben war, stand außer Frage, dass wir nicht vor Mitternacht zurück im Haus sein würden. Das ländliche England und Wales klappte um halb zehn Uhr abends die Bürgersteige hoch, und während wir durch dunkle Dörfer fuhren, war völlig klar, dass uns nichts anderes übrig bliebe, als Trudie ein Bett für die Nacht anzubieten.
Als wir am Haus ankamen, waren wir alle erledigt. Ich begann zu frieren, sobald wir aus der Wärme des Wageninneren stiegen, und rieb mir die vor der Brust gekreuzten Arme. Danny bemerkte es und zog mich an sich, während wir darauf warteten, dass Simon die Haustür aufsperrte. Das Haus fühlte sich schrecklich leer und abweisend an. Meine Badeschlappen klatschten auf den Steinboden der Diele, und unsere Stimmen hallten unnatürlich laut. Ich beobachtete Trudies Miene, als sie sich umschaute, versuchte abzuschätzen, was ihr durch den Kopf ging. Simon meinte, sie könne das Zimmer mit dem Messingbett haben,
und so zeigte ich ihr den großen Schrank, in dem die Bettwäsche aufbewahrt wurde, und überließ es ihr, das Bett zu beziehen.
Wir drei wohnten damals schon zwei Wochen in dem Haus, aber die Arbeiten im Garten kamen nur sehr langsam voran. Frei von den Beschränkungen, die uns zu Hause und im Studium auferlegt waren, konnten wir ganze Tage im Bett vertrödeln oder in Simons Wagen durch die Gegend fahren. Wir redeten und lachten stundenlang, und trotz unserer Vertrautheit war unser Interesse an der Meinung des anderen noch nicht verbraucht. Das Leben war plötzlich voller aufregender neuer Möglichkeiten, wie nackt im Speichersee zu schwimmen oder sich mit Unmengen von Wodka und Limes zu betrinken. Obwohl Simon und Danny bei Weitem nicht so behütet aufgewachsen waren wie ich, waren wir alle gleichermaßen von diesem Gefühl der Freiheit erfüllt. Wie Kinder, die draußen spielen durften, waren wir voller Ideen – ohne Eltern, die uns zurückhielten, gab es nichts, was wir nicht tun könnten. Es wurde sehr viel davon geredet, die schönen Plätze der Umgegend zu erkunden, alte Klöster und verfallene Schlösser: Pläne, die meist nicht verwirklicht wurden, da sie langen Nächten und einer allgemeinen Weigerung, vor zwölf aufzustehen, zum Opfer fielen. Danny hatte bereits begonnen, größere und bessere Pläne zu entwerfen. »Nächstes Jahr könnten wir nach Italien gehen«, sagte er. »Uns Rom ansehen und Florenz – vielleicht auch Venedig.«
»Gestern wolltest du noch nach Spanien«, wandte ich ein.
»Dorthin könnten wir auch. Was haltet ihr davon, durch Europa zu fahren? Wir könnten ein Zelt mitnehmen und den ganzen Sommer über herumreisen.«
Seine Begeisterung war ansteckend. Praktische Erwägungen hatten da keinen Platz. Die große Europatour im nächsten Sommer war in diesen Anfangstagen ein häufiges Gesprächsthema. Es verstand sich von selbst, dass Simon in diese Pläne mit einbezogen war – abgesehen von allem anderen war er der Einzige von uns, der richtig Auto fahren konnte.
In der Zwischenzeit bestand die Gartengestaltung, obwohl der Rasen gestutzt und halbherzig auch ein wenig Unkraut gerupft worden war, nach wie vor lediglich aus einer Reihe von Entwürfen und einer Menge guter Absichten. Und das galt ebenso in Bezug auf meine Hausfrauenrolle. Hin und wieder staubte ich ein wenig ab, was mir nichts ausmachte, weil ich mit der großen Sammlung von Objekten in Berührung kam, die in den unteren Räumen verstreut war – vieles davon, wie es mir schien, antik und vielleicht sogar sehr wertvoll. Doch meine Bemühungen reichten nur so lange, bis sich die erste Ablenkung bot, sei dies in Form eines modrig riechenden Buches, das ich entdeckte, oder irgendeiner neuen Zerstreuung, die sich Simon und Danny ausgedacht hatten. Meine Sonnenbräune nahm mit jedem Tag zu, aber dieser Fortschritt fand keine Entsprechung in der Küche, wo meine erbärmlichen kulinarischen Fähigkeiten uns zu einer Ernährung verdammten, die sich auf Fertiggerichte mit genauen Kochanweisungen beschränkte: ein Repertoire aus Currygerichten und Fischstäbchen, was in dieser Anfangszeit nur gelegentlich
Weitere Kostenlose Bücher