Was im Dunkeln liegt
Gedankenfluss unterbrach.
»Ich frage mich, wie lange dieses Wetter noch anhalten wird«, sinnierte er.
»Hoffe lieber, dass es nicht umschlägt, bevor du mit der Arbeit beginnst«, sagte ich. »Es wäre grässlich, wenn du im Regen herumbuddeln müsstest.«
»Es ist immer noch massenhaft Zeit.«
»Ich weiß. Fast drei Monate, bis Simons Onkel zurückkommt.«
»Ich wette, im Auto ist es nicht so heiß«, sagte Danny.
»Hoffentlich denkt Cecile daran, die Karten abzuschicken«, sagte ich.
Cecile war die Kommilitonin aus der Pädagogischen Hochschule, mit der ich angeblich nach Frankreich gereist war, um den Sommer über auf der Obstplantage ihres Onkels als Erntehelferin zu arbeiten. Ich hatte ihr einen
Packen Briefkarten mitgegeben, die in angemessenen Abständen an meine Eltern geschickt werden sollten und von mir vorher mit nichtssagenden Mitteilungen beschrieben worden waren, die sinngemäß darauf hinausliefen, dass ich Spaß hatte, die Arbeit anstrengend war, das Wetter gut, Ceciles Familie nett und ähnlich leeres Gewäsch: Alles dazu angetan, meine Eltern davon zu überzeugen, dass ich in Frankreich unter der Aufsicht der Familie meiner Freundin fleißig arbeitete und nicht mit meinem Freund im ländlichen Herefordshire vögelte. Damals war es nämlich nicht üblich, dass anständige Mädchen mit ihrem Freund während der Sommerferien zusammenwohnten – jedenfalls nicht in meiner Familie.
Als Trudie und Simon an jenem Nachmittag zurückkehrten, hatten sie eine prall gefüllte Tragetasche mit frischem Obst und Gemüse dabei. Am Abend gab es ein Festmahl aus Würstchen, Folienkartoffeln und Gemüse. Als ich mir mehr Bratensoße auf den Teller lud, stellte ich fest, dass ich mich mit jeder Minute mehr für Trudie erwärmte. Es war für uns seit vierzehn Tagen das erste anständige Essen.
Simon schien der Meinung zu sein, dass Trudie unser Team vervollständigte – wenn sie mir bei der Hausarbeit half, sagte er, könnten Danny und er sich ganz auf den Garten konzentrieren (wiewohl mir nicht aufgefallen war, dass das Kochen und die Hausarbeit sie übermäßig von der Arbeit abgelenkt hätten). Er versprach, gleich am nächsten Tag mit der Aushebung des Teiches zu beginnen, verstieg sich sogar zu so kernigen Bemerkungen wie »mit Volldampf voraus«, wozu Danny ihm mit einer halb geleerten Flasche Newcastle Brown zuprostete.
Es war nett, dachte ich, dass Simon nun auch jemanden
hatte – denn daher schien der Wind zu wehen. Und nicht einfach irgendjemanden. Es ließ sich nämlich nicht bestreiten, dass Trudie schön war. Ich glaube, ich hatte sie am Vortag nicht richtig in Augenschein genommen, aber jetzt konnte ich es sehen. Sie hatte wohlproportionierte Züge, dunkelbraune Augen und einen Mund wie aus einer Lippenstiftreklame. Die locker sitzende Bluse und der Maxirock, die sie am Strand getragen hatte, hatten ihre Figur verhüllt, die nun durch die abgeschnittenen Jeansshorts und ein bis unter die Brust hochgerolltes weißes Baumwoll-Shirt mehr als betont wurde. Trudie sah absolut atemberaubend aus. Kein Wunder, dass Simon sie zum Bleiben aufgefordert hatte.
All dies trug dazu bei, dass Trudie einen gefährlich nachhaltigen Eindruck hinterließ. Mrs Ivanisovic hatte sie nur einmal gesehen – aber es musste genügt haben.
Ich will mich dem Brief nicht stellen, aber habe ich eine Wahl?
Liebe Mrs Ivanisovic,
ich werde am Mittwoch, dem 25., um vierzehn Uhr zu Ihnen kommen, es sei denn, Sie teilen mir mit, dass Ihnen dieser Termin nicht passt.
Mit freundlichen Grüßen
K. Mayfield
6
Die Arbeit am Teich begann einen Tag nach Trudies Eintritt in unsere ménage à trois . Bis zum Ende des Vormittags hatte sich die wahre Größe des Unterfangens herauskristallisiert. Simon hatte den geplanten Umriss mit einer langen Schnur begrenzt, die er mit Steinen fixierte. Das Resultat von zwei Stunden anstrengenden Grabens war ein kleines, unregelmäßiges Loch im Zentrum der Fläche, deren größerer Teil nach wie vor aus unbearbeitetem Erdreich bestand.
Nach einer Pause bei Käsebroten und Bier setzten die Jungs ihre Bemühungen fort, während Trudie sich in die Küche zurückzog und Kartoffeln für unser Abendessen schälte. Um nicht als Faulenzerin dazustehen, holte ich ein Staubtuch aus dem Schrank und ging in den vorderen Bereich des Hauses zu dem Zimmer, das wir »die Bibliothek« getauft hatten. Ich begann mit den Gegenständen auf dem Schreibtisch und nahm mir dann den
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