Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Janes
Vom Netzwerk:
Agnes nachgedacht«, sagte Trudie nun.
    »Das ist ja mal was ganz Neues«, murmelte ich, aber niemand reagierte darauf.
    »Ich glaube, wir könnten im Wald Kontakt zu ihr herstellen. Ich wette, ihr Geist spukt dort herum.«
    »Eine mitternächtliche Geisterjagd?« Simon grinste. »Gruselig.«
    Ich versuchte, Dannys Blick einzufangen, aber er merkte es nicht. »Ich wette, sie wird nicht erscheinen, selbst wenn ihr die ganze Nacht dort herumhängt«, sagte er.
    Trudie sprang sofort darauf an. »Um was wetten wir?«
    Mein Versuch, ihn unter dem Tisch zu treten, misslang, und ich stieß mir stattdessen den Zeh am Tischbein an.
    »Wie viel Geld hast du denn?«
    »Hundert Pfund«, sagte Trudie.
    »Blödsinn, glaube ich nicht«, entgegnete Danny. Hundert Pfund waren für uns ein Vermögen. Woher, um alles in der Welt, sollte Trudie hundert Pfund haben?
    Trudie war sauer. Sie mochte es nicht, wenn man ihre Worte anzweifelte. Mit einer fließenden Bewegung schob sie ihren Stuhl zurück und stapfte die Treppen zu ihrem Zimmer hinauf.
    »Hör auf«, bat ich. »Stachel sie nicht noch mehr an. Eine Geisterjagd im Wald ist völlig blödsinnig. Das würde sie nur wieder aus der Bahn werfen.«

    »Reg dich ab«, sagte Danny. »So viel Kohle hat sie nicht. Glaub mir. Sie wird gleich wieder da sein und behaupten, die ermordete Agnes habe es geklaut oder etwas in der Art.«
    Auf der Treppe waren erneut Trudies Schritte zu vernehmen. Die Hände hinter dem Rücken, betrat sie die Küche und förderte dann mit einer schwungvollen Geste eine Handvoll Geldscheine zutage.
    »Meine Fresse«, rief Simon. »Damit könnten wir den Bauarbeiter bezahlen und hätten immer noch einiges übrig.«
    »Es gehört euch«, sagte sie. »Wenn Agnes nicht erscheint.«
    »Du kannst die Wette nicht annehmen«, sagte ich zu Danny. »Bei dem Betrag kannst du nicht mithalten.«
    »Wir sollten es bleiben lassen«, stimmte Simon zu. »Es ist okay, Trudie. Wir wollen dein Geld nicht haben.«
    »Vielleicht sollten wir um andere Dinge wetten«, schlug Danny vor.
    Trudie schniefte verächtlich. »Wie zum Beispiel was?«
    »Keine Ahnung. Dass wir eine Woche lang kochen oder  – hey, ich hab’s: Wer verliert, muss nackt in dem neuen Teich schwimmen  –  was haltet ihr davon?«
    »Das wird mir allmählich zu blöd«, sagte ich. »Wie auch immer, wir werden jedenfalls nicht bei Nacht und Nebel in den Wald gehen und nach Geistern Ausschau halten. Das ist eine total bescheuerte Idee.«
    Aber niemand hörte auf mich. Trudie und Danny übertrafen sich gegenseitig mit immer verrückteren Wettideen: einem Polizisten den Helm klauen, nackt durch die Kathedrale flitzen. Genervt ging ich schließlich nach oben, um mir ein Bad einzulassen. Das Badezimmer befand
sich direkt über der Küche, und ich konnte die anderen lachen und rufen hören, ihre Stimmen schwächer als das stete Tropfen eines Wasserhahns, der irgendwo in der Nähe zu hören war.
    Der untere Teil des Badezimmers war in nüchternem Weiß gefliest. Eine einzelne Reihe grüner Kacheln markierte die Stelle, wo die Fliesen endeten und die cremeweiß gestrichenen Wände begannen. Das Fenster hatte eine mit kleinen Dellen gemusterte Milchglasscheibe. Selbst in Klöstern oder Gefängnissen gab es wahrscheinlich schönere Badezimmer. Der Boiler war noch nicht lange angeschaltet, deshalb war das Wasser noch nicht richtig heiß. Dennoch zog ich mich aus, stieg in die Wanne und seifte mich mit energischen Bewegungen ein, als könnte ich damit die Demütigungen des Tages wegwaschen. Dann legte ich mich in die Wanne und beobachtete, wie sich mein Haar über der Wasseroberfläche ausbreitete. Eine Faser aus grünem Moos schwamm dazwischen. Das Wasser war gerade warm genug, um die Kacheln mit Dampf zu überziehen. Hin und wieder bildete sich ein Tropfen, der unmerklich größer wurde, bis er sich nicht mehr halten konnte und die Wand hinunterlief, wodurch ich in meinem peripheren Gesichtsfeld immer eine Bewegung im Raum wahrnahm.
    Ich dachte an Mrs Ivanisovics mütterlichen Rat bezüglich meines Kleides. Mir missfiel die Vorstellung, Mrs Ivanisovic als Schwiegermutter zu haben. Sie würde ständig etwas an mir auszusetzen haben. Andererseits gab es sicher eine Menge Mädchen, die liebend gern mit mir tauschen würden. Danny war ein begehrter Junge  –  gut aussehend, intelligent, witzig. Seine Eltern waren gut situiert. Vielleicht war ich ja verrückt, dachte ich  –  vielleicht
sollte ich ihn tatsächlich heiraten.

Weitere Kostenlose Bücher