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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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erst passiert ist. Heute Nachmittag im Lehrerzimmer. Scotty Hughes hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, irgendwann mal einen Kaffee mit ihm trinken zu gehen.»
    «Scotty Hughes, der Typ aus der Kantine?», frage ich verwirrt. Dann denke ich nach. Gut möglich, dass er der Mann aus meiner Vision gewesen ist.
    «Ja, ich weiß, purer Zufall.» Susanna wischt sich mit dem Handrücken über die Mundwinkel. Für den Griff zur Serviette ist sie inzwischen schon viel zu entspannt. «Ich habe nein gesagt. Es ist zu früh.»
    «Es ist nicht zu früh!» Inzwischen bin ich mir fast sicher; das, was ich gesehen habe, fügt sich zusammen wie Puzzleteile – die Figur, die Frisur. Ja. Das ist bestimmt Scotty Hughes gewesen.
    «Ernsthaft. Sieh zu, dass du wieder in den Sattel kommst», sagt Ashley.
    «Ich dachte, alle Männer sind Schweine?», fragt Susanna zurück.
    «Nicht wenn sie niedlich sind und einen um ein Date bitten», erklärt Ashley, als würde das irgendeinen Sinn ergeben, was es in unserem Zustand auch tut. Also nicken wir, als hätte sie uns mit der Weisheit eines Zen-Meisters beglückt. Lasagne kauend lassen wir uns diese Möglichkeit durch den Kopf gehen.
    Irgendwann haben wir den Überblick über die Anzahl der Gläser verloren, und die Küche fängt an zu schwanken. Umgeben von der aufrichtigen Zuneigung und Empörung meiner Freundinnen kann ich sie zum ersten Mal seit Monaten wieder spüren – diese Kraft, die Ashley in mir freigesetzt hat, die Stärke, die Wahrhaftigkeit in meinen Eingeweiden. Wir ziehen um ins Wohnzimmer und machen es uns auf dem Fußboden gemütlich, die Köpfe auf Kissen gebettet, und sehen an die Decke wie Kinder, die den Sternenhimmel bewundern. Ashley macht die Donuts auf, und ich liege auf dem Rücken und lutsche an einem Schoko-Munchkin. Die frische Süße passt besser als erwartet zu dem Merlot, der mir immer noch auf der Zunge liegt.
    «Erinnert ihr euch noch an unsere Fußballmannschaft in der Sechsten?» Ashley setzt sich schwankend auf. Sie hat sichtlich Mühe mit dem Gleichgewicht. «Erinnerst du dich noch, wie dein Vater sich im Finale mit dem Schiedsrichter angelegt hat?» Ich drehe mich auf den Bauch, stütze mich auf die Ellbogen, sehe sie kichern und stelle fest, dass Ashley, wenn sie es nur zulassen würde, unter dem übertriebenen Lidstrich eigentlich ziemlich hübsch wäre.
    «Was? Nein.» Ich sehe Darcy fragend an, aber dann fällt mir ein, dass sie damals ja noch ein Kleinkind war. «Keine Ahnung. Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern.»
    «Doch, doch!», sagt Ashley. Sie ist aufgestanden, der Schiefe Turm von Pisa in Person, um die Szene nachzustellen. «Der Schiri hat ein Tor nicht gegeben, das du geschossen hast, und dein Vater rannte aufs Spielfeld. Sie haben doch überhaupt keine Ahnung! » Ashley schüttelt wild ihren Zeigefinger, und ihr Hals schwillt rot an, genau wie bei meinem Vater immer. «Einen größeren Idioten als Sie hat die Welt noch nicht gesehen! Sie sind blind! Völlig blind! Ein blinder Maulwurf, sonst gar nichts!» Lachend lässt Ashley sich wieder auf den Boden fallen. «Und nach all dem Trubel haben wir auch noch verloren und sind nicht Meister geworden.»
    Darcy lacht mit ihr, obwohl keiner weiß, warum. Vielleicht liegt es am Alkohol oder an der Ironie, dass mein Vater tatsächlich in die klassische Rolle von Papa Bär geschlüpft ist.
    «Wieso weißt du das noch?» Ich versuche, mich zu konzentrieren, mich an irgendwas zu erinnern. «Ich habe keinerlei Erinnerung daran. Du, Susie?»
    Susie schüttelt den Kopf und streckt sich nach dem nächsten Donut.
    «Einfach so», sagt Ashley. «Nein, eigentlich erinnere ich mich daran, weil mein Vater die ganze Heimfahrt lang von nichts anderem geredet hat. Er fand, dein Vater hätte eine Medaille verdient. Und meine Mom meinte, er wäre ein schlechtes Vorbild, weil das ein Beispiel für Unsportlichkeit gewesen wäre, und mein Vater solle endlich den Mund halten.» Ashley senkt die Stimme. Sie klingt plötzlich fast nüchtern. «Sie haben sich fürchterlich gestritten.»
    «Das ist zwar Ewigkeiten her, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass deine Eltern sich jemals gestritten hätten», meldet Susanna sich zu Wort. «Und ich meine – hallo? – die waren verheiratet!» Sie unternimmt einen Versuch, sich aufzusetzen, aber es ist ihr zu anstrengend, und sie sinkt erschöpft zurück aufs Kissen.
    «Doch, haben sie.» Ashley nickt. «Definitiv.» Sie wirft mir einen Blick zu. «Tja, nur

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