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Was ist Demokratie

Was ist Demokratie

Titel: Was ist Demokratie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Nolte
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ist höchst bemerkenswert, auch im Vergleich mit anderen Erfahrungen der Demokratisierung nach Diktatur und Krieg bis in die Gegenwart.
    Die Bildung der amerikanisch-britischen «Bizone» hatte schon im September 1946 einen wichtigen Schritt zu wirtschaftlicher Zusammenarbeit und zur politischen Integration der Westzonen markiert, während die Franzosen noch zögerten und der notdürftige Konsens zwischen Amerikanern und Briten auf der einen, den Sowjets auf der anderen Seite immer mehr bröckelte. Am 6. September 1946 machte der amerikanische Außenminister James F. Byrnes bei einem Deutschlandbesuch – in einer viel beachteten Rede in Stuttgart – die Akzentverschiebung deutlich. Es ging nicht mehr um die Unterwerfung eines Feindes, sondern um den «erfolgreichen Wiederaufbau Deutschlands».Die Deutschen sollten auch auf der nationalen Ebene ihre Angelegenheiten selber in die Hand nehmen, in der Form einer demokratischen Regierung. Denn die amerikanische Regierung glaube nicht, so stellte Byrnes ausdrücklich fest, «dass große Heere ausländischer Soldaten oder ausländischer Bürokraten, wie gut ihre Ansichten und Disziplin auch sein mögen, auf die Dauer die zuverlässigsten Beschützer der Demokratie eines anderen Landes sind». Wenige Wochen später, am 1.Oktober 1946, endete der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof. Auch die Entnazifizierung durch Fragebögen und vor den sogenannten «Spruchkammern» überschritt bald, im Laufe des Jahres 1947, ihren Höhepunkt. Die rigide Verfolgung nationalsozialistischen Engagements und Geistes mutierte zur «Mitläuferfabrik» (Lutz Niethammer): Man bekam bescheinigt, allenfalls in der niedrigsten von vier Kategorien belastet zu sein, wenn man nicht durch einen «Persilschein» ganz von möglicher Schuld weißgewaschen war und als «Entlasteter» gelten konnte. So konnten Demokratisierung und Schuldverdrängung, auch vor dem Hintergrund des sich immer deutlicher abzeichnenden globalen Systemkonflikts im «Kalten Krieg», ineinandergreifen.
    Dieser Zusammenhang zeigt bereits: Die Deutschen waren nicht nur Objekt von Demokratisierung, sondern – je später desto mehr – selber gestaltende Akteure. Der westdeutsche Übergang zur Demokratie nach zwölf Jahren NS-Diktatur wäre nicht so schnell und erfolgreich verlaufen, wenn ihn nicht eigene politisch-kulturelle Traditionen unterstützt und vorangetrieben hätten, wenn sich nicht viele Hunderttausende Deutsche noch in den Besatzungsjahren demokratisch engagiert hätten. Eine dieser Traditionslinien schien noch während des Krieges in den Neuordnungskonzepten des Widerstands auf. Der konservative Widerstand freilich blieb mehrheitlich deutschnational und damit demokratieskeptisch geprägt, und selbst in den Diskussionen des «Kreisauer Kreises» um Helmuth James von Moltke um Peter Yorck von Wartenburg, dem auch Sozialdemokraten und Gewerkschafter wie Julius Leber und Carlo Mierendorff angehörten, war eine Zurückhaltung gegenüber der westlichen Demokratie spürbar, so unzweifelhaft das Bekenntnis zu Freiheit, Recht und Menschenwürde ausfiel. So sollten nach dem Kreisauer Papier vom 9. August 1943 die Landtage und der Reichstag nicht direkt vom Volk gewählt werden, sondern von der jeweils nächstniedrigeren Vertretung. Die Landtage sollten also von den Kommunalparlamenten gewählt werden, das nationale Parlament vonden Landtagen. Darin mischten sich vordemokratische Vorstellungen von Repräsentation aus dem frühen 19. Jahrhundert mit der traumatischen Erfahrung der Weimarer Republik, in der Hitler und die NSDAP durch plebiszitären Massenzuspruch, und nicht zuletzt durch Wahlerfolge, an die Macht gekommen waren. Dazu kam ein altertümlicher Patriarchalismus, der einen klaren Rückschritt hinter die Weimarer Republik bedeutet hätte: Den Landtagen und dem Reichstag sollten nämlich nur Männer (ab 27 Jahre) angehören können. Nimmt man auf der anderen Seite die moskautreue Linie des kommunistischen Widerstandes bzw. der Emigration hinzu, wird man es – bei aller moralischen und auch politischen Wertschätzung des Widerstandes – eher einen Glücksfall nennen können, dass diese Traditionen durch die Schärfe der Zäsur von 1945 und den «Filter» der (westlichen)

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