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Was ist Demokratie

Was ist Demokratie

Titel: Was ist Demokratie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Nolte
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Verfassungsordnung insgesamt gewannen. Dabei spielten zwei Institutionen eine wichtige Rolle: das Volkstribunat und die Volksversammlungen. Die Volkstribune agierten gegenüber der aristokratischen Herrschaft und den durch sie bestellten Amtsträgern als eine Art Sprecher oder Sachwalter des Volkes; in Konfliktfällen schritten sie mit ihrem «Interzessionsrecht» ein. (Heute läge eine Parallele mit Ombudsleuten nahe.) Die Volksversammlungen unterschieden sich beträchtlich von der Bürgerversammlung Athens; man muss von ihnen in der Mehrzahl sprechen, weil sie keine geschlossene Körperschaft darstellten, geschweige denn mit der Vollbürgerschaft politisch identisch waren. Vier verschiedene Versammlungen existierten nebeneinander, die teils auf regionalem (Wohnort-)Prinzip beruhten, teils Familienverbände spiegelten, teils eine Vertretung militärischer Einheiten, der Zenturien, waren. Diese besonders wichtigen Versammlungen, die «Zenturiatskomitien», gliederten sich zudem nach dem Vermögen. Nach einer Reform im Jahre 367 stellten die Plebejer meistens auch einen der beiden Konsuln, also der obersten Amtsträger der Republik.
    Das aristokratische Machtzentrum Roms jedoch bildete der Senat mit seinen 300 (am Ende der Republik: 600) Mitgliedern. Einmal Senator,blieb man es sein Leben lang. Und hinein gelangte man nicht durch Wahl oder Losung, sondern nach dem Ausscheiden aus einem politischen Amt, nach der Bekleidung einer «Magistratur». Diese Ämter, mit den Konsuln an der Spitze, bildeten einen charakteristischen Teil der republikanischen Verfassung. Manches an ihnen erinnert an heutige «basisdemokratische» Prinzipien: Man hatte ein Amt immer nur für ein Jahr inne («Annuität») und konnte es danach auch nicht erneut übernehmen; man teilte sich zumeist die Ausübung mindestens zu zweit – das Prinzip der Kollegialität. Aber obwohl die Volksversammlungen die Magistrate wählten, spielten Einfluss, Geld und die Herkunft aus bestimmten Familien dabei eine entscheidende Rolle. In der späteren Republik etablierte sich sogar immer mehr ein fester Karriereverlauf, der «cursus honorum». Man begann als relativ junger Mann in einem niedrigen Anfangsamt als Quästor oder Ädil und stieg von dort weiter auf, möglichst bis zum Konsulat.
    Bis zum Schluss blieb die Republik eine im Wesentlichen aristokratische Verfassung mit einigen «popularen», also das Volk einbeziehenden Elementen. Das drückte auch die Souveränitätsformel «Senatus populusque Romanus»: der Senat und das Volk von Rom, aus, die in der Abkürzung «SPQR» den römischen Legionen vorangetragen wurde (und sich heute auf Gullydeckeln der Stadt Rom findet). Im Senat selber standen sich bisweilen zwei Flügel oder Richtungen gegenüber: Die «Optimaten» standen für eine mehr aristokratische Politik, die «Popularen» richteten sich eher an den Interessen des breiten Volkes aus bzw. versuchten auf diese Weise, ihre Machtbasis zu erweitern. So geht schon die Rede von einem demokratischen Teil der republikanischen Verfassung Roms zu weit, weil das Volk zwar Anteil an der Herrschaft hatte, aber sie nicht in «demokratischen» Institutionen (wie sie die Athener besaßen) ausübte.
    Es fehlten auch die sozialen Voraussetzungen für eine Demokratie. Die Bürgerschaft Athens, wiewohl längst nicht alle (männlichen) Einwohner umfassend, konstituierte sich aus Gleichen, dem Prinzip der Isonomie folgend – Besitzunterschiede gab es natürlich, aber sie galten für die Polis nicht. Die römische Gesellschaft dagegen blieb vertikal strukturiert, nicht nur in Hinsicht auf ökonomische Ungleichheit oder die (tendenziell in den Hintergrund tretende) Differenz zwischen Patriziern und Plebejern. Sie beruhte auf persönlichen und familiären Abhängigkeitsverhältnissen, in denen Herr und Abhängiger, «Patron» und «Klient» in der Sprache Roms, einander Schutz und Dienste leisteten.Unabhängigkeit und politische Freiheit konnten in diesem Klientelsystem nicht entstehen, ähnlich wie (in noch schärferer Form) Jahrhunderte später im europäischen Feudalismus von «Lehnsherr» und «Vasall». Das römische Bürgerrecht war, anders als das griechische, kein politisch-partizipatives. Oft wird auch eine besondere Mentalität angeführt, wenn man die nicht überschrittenen Grenzen

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