Was ist Demokratie
Die Kontrolle der Regierung wird immer weniger der Opposition überlassen, sondern öfter auÃerhalb des Parlaments wahrgenommen: durch die Massenmedien, durch Gerichte, und nicht zuletzt durch wachsame und kritische, organisierte und demonstrierende Bürgerinnen und Bürger selber.
4 Gewaltenteilung:
Die drei Säulen der Demokratie
Das Grundgesetz legt die Gewaltenteilung, ohne den Begriff zu benutzen, im Artikel 20 fest: «Die Staatsgewalt wird durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.» Damit sind die Parlamente, also der Bundestag und auch die Länderkammer, der Bundesrat, gemeint; die Regierung mit den ihr nachgeordneten Verwaltungsapparaten und die Gerichte â aus der Sicht des Bundes nicht zuletzt die obersten Bundesgerichte wie das Bundesverfassungsgericht oder der Bundesgerichtshof. Häufig werden diese drei Gewalten mit ihren lateinischen Fremdwörtern bezeichnet, als Legislative, Exekutive und Judikative. Diese Reihenfolge, die auch das Grundgesetz aufnimmt, ist nicht zufällig. Denn die gesetzgebende Gewalt des Parlamentes ist in besonderer Weise Ausdruck der Volkssouveränität: einerseits, weil das Parlament im Gegensatz zu den beidenanderen Gewalten unmittelbar aus freien Wahlen hervorgeht; andererseits, weil die Kompetenz zum Erlassen von Gesetzen den anderen Befugnissen in mancher Hinsicht übergeordnet ist. (Denn man kann, vereinfacht, sagen, dass die Exekutive die Gesetze ausführt und die Judikative ihre Einhaltung kontrolliert.) AuÃerdem ist ein freies Staatswesen historisch häufig als Herrschaft von Gesetzen, nicht von Willkür oder von Einzelpersonen, definiert worden (s. auch IV.6.).
Mit Recht wird der französische Schriftsteller und Philosoph Montesquieu, der eigentlich Charles de Secondat hieÃ, bis heute als Erfinder der Gewaltenteilung genannt, obwohl er â wie so häufig â nur auf den Punkt brachte, was auch anderswo und früher gedacht und gefordert wurde. In seinen aufklärerischen Schriften, vor allem im Buch über den «Geist der Gesetze» von 1748, unterschied er die drei Teile der Staatsgewalt in den bis heute üblichen Begriffen, verbunden mit der Forderung, dass in einem freien und demokratischen Staatswesen diese drei Vollmachten voneinander getrennt sein müssten. Denn auch die Demokratie â das ist eine interessante Begründung, die noch im politischen Denken der Antike wurzelt â sei nicht von vornherein oder «von Natur aus», wie man im 18. Jahrhundert sagte, eine freie Staatsform. Auch sie bedürfe der Einhegung und Kontrolle, weil alle Menschen, die in den Genuss von Macht kommen, zu deren Missbrauch neigen. Also müsse die Macht der Macht Grenzen setzen, indem jeder der drei Bereiche nur eine Teilgewalt ausübe und damit die anderen aufwiege und kontrolliere. Dieser Gedanke einer Balance und gegenseitigen Kontrolle kommt im Begriff der «checks and balances» besonders klar zum Ausdruck, der für das amerikanische Verfassungs- und Demokratieverständnis zentral ist. Er weist auch darauf hin, dass die Trennung der drei Gewalten keine absolute sein kann, denn nur in ihrem koordinierten Zusammenwirken kann der Staat funktionieren. In der Frühen Neuzeit stellte man sich den Staat häufig als einen Körper mit verschiedenen Gliedern und Organen vor, deren Spezialisierung, aber auch Zusammenspiel für das Ãberleben und Wohl des Ganzen förderlich seien. Auch das Grundgesetz spricht ja, in der Metaphorik des Körpers, noch von den «Organen» der Staatsgewalt.
Die Sichtweise Montesquieus war bei seinen Zeitgenossen â selbst bei denen, die sich mit ihm gegen die absolute Monarchie stellten â keineswegs unumstritten. Jean-Jacques Rousseau, ein anderer früher Theoretiker der Demokratie, wandte sich in seinem «Contrat Social» 1762 ausdrücklich gegen die Gewaltenteilung, ja machte sich über sielustig und stellte ihr seine Konzeption einer einheitlichen, ungeteilten Volkssouveränität gegenüber. Tatsächlich gehörte Montesquieu in der Mitte des 18.Jahrhunderts nicht zu den radikalen Aufklärern, und in seinem Hinweis auf die Grenzen der Demokratie klingt eine viel ältere Theorie der Staatsformen an, die ebenfalls zu einer wichtigen Wurzel der Gewaltenteilung wurde. Schon in der griechischen Antike hatte man nämlich in der Mischung der drei Grundformen
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