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Was kostet die Welt

Titel: Was kostet die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nagel
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war eine Unterkunft für israelische Schulklassen, eine Basis, von der aus die Kinder mit ihren Lehrern Flora und Fauna der Wüste erkunden konnten.
    Ich hatte den kurvenreichen Weg durch die karge Berglandschaft Israels unterschätzt, es dämmerte schon, als ich in En Gedi ankam, und das einzige Hotel weit und breit war ausgebucht. Man empfahl mir, es bei dieser Field School zu versuchen. Beim Abendessen saß ich inmitten einer Horde
Schüler, achtzig bis hundert Pubertierende, die einen Höllenlärm veranstalteten. Manche waren noch Kinder, andere gaben sich größte Mühe, wie Erwachsene auszusehen. Dazwischen ein paar Lehrer mit Nerven aus Drahtseilen. Ich war der einzige Gast ohne Lehr- oder Lernauftrag.
    Abends veranstalteten sie eine Disco unter freiem Himmel. Es wurde getanzt und gebalzt. Ich hatte ein Zimmer mit drei Stockbetten für mich alleine und konnte nicht schlafen. Die Matratze war dünn, und das Bett klapperte bei jeder Bewegung, wie das lose Schutzblech an meinem alten Hollandrad.
    Am nächsten Morgen war ich der Erste, der wach war, abgesehen von den Bergziegen, die auf dem Gelände der Field School auf die Gebäude kletterten und die Blätter von den Bäumen fraßen. Die Sonne stemmte sich auf der anderen Seite des Toten Meeres über die jordanischen Berge. Ich beschloss, auf das Frühstück zu verzichten, und machte mich auf in die Berge, stolz auf mich selbst, der ich ja sonst nicht gerade als Naturbursche oder Frühaufsteher bekannt bin.
    Ich war schon wieder auf dem Rückweg meiner Wanderung, als mir am Vormittag die Menschenmassen entgegenkamen. Bataillone von Schülern, die mit lautem Getöse über die Berge herfielen, der ganze Parkplatz voller Reisebusse. Ich stieg in meinen hellblauen japanischen Kleinwagen, »Reisschüssel« hätte mein Vater dazu gesagt, oder »Joghurtbecher«. Mein Vater ist immer nur deutsche Autos gefahren. Für ihn war das Beste an der Wende nicht die Reisefreiheit, sondern die Freiheit, sich einen Mercedes zu kaufen. Mit dem er aber kaum jemals eine andere Strecke gefahren ist als Berlin-Jena und Jena-Berlin. Zur geliebten Schwester und zurück. Bloß nie woandershin. Bloß nie etwas ausprobieren.

    Mit offenen Fenstern fuhr ich runter zu der salzigen Lache, die sie Totes Meer nennen, vorbei an den Wasserstandsmarkierungen der letzten Jahre. Ich hatte nicht gewusst, dass das Tote Meer jedes Jahr um einen Meter absinkt. Ich erreichte den tiefsten Punkt des Planeten Erde, und als ich mit dem Rücken auf der Wasseroberfläche lag und wirklich nicht unterging, musste ich laut lachen. Kein Mensch weit und breit, und ich lachte und lachte und lachte.
    Das Schönste auf der Welt ist, wenn man laut lachen muss, obwohl man ganz alleine ist.
    Â 
    Ich drehe mich um und schalte den Deckenstrahler aus, der neben dem Bett steht und offenbar auch als Leselampe dienen soll. Es ist jetzt sehr dunkel und sehr leise. Wie froh ich bin, nicht in diesem scheußlichen Zimmer unter mir zu liegen. Diese Postkarten, ekelhaft.
    Besser wieder an was Gutes denken.
    Israel. Totes Meer.
    Totes lustiges Meer.
    Dem Toten Meer habe ich es sogar zu verdanken, dass ich Verena kennengelernt habe. Dem Toten Meer, einer großer Portion Zufall und den guten Longdrinks in dieser Strandbar in Tel Aviv.
    Sie saß schräg hinter mir im Sand und unterhielt sich mit zwei amerikanischen Touristen über das Tote Meer. Dass es ja so »crazy« sein solle, darauf zu liegen und so weiter. Ich belauschte sie schon seit einer Weile. Ihre Stimme klang wahnsinnig gut, so rauchig und tief. Ich war sozusagen schon scharf auf Verena, bevor ich wusste, wie sie aussieht. Schließlich drehte ich mich einfach um, sagte, dass ich zufällig mitgehört hätte und gerade erst vom Toten
Meer zurückkäme. Es sei »indeed absolutely crazy«, das dürften sie sich nicht entgehen lassen.
    Eine Minute später saß ich auf einem grünen Plastikhocker in dieser fremden Runde. Ein Pärchen aus Washington, D.C., deren Namen ich nach zwei Minuten wieder vergessen hatte, und Verena, die sich von nun an nur noch mit mir unterhielt.
    Es war Sympathie auf den ersten Blick. Ich verstand die Redewendung »auf einer Wellenlänge liegen« plötzlich sehr gut. Genauso fühlte es sich an: eine Wellenlänge. Wir redeten gleich viel, wir lachten gleich viel, wir tranken gleich viel.
    Hübsch war sie auch, auf eine

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