Was kostet die Welt
wimmelt.
»Was kann ich denn für dich tun, SüÃer?«
Ich halte mich für alles andere als verklemmt, aber jetzt bin ich wirklich unsicher.
»Hm, französisch?«, sage ich, wie eine Frage, weil es das Erste ist, was mir einfällt. Mir einen blasen zu lassen ist bestimmt die einfachste und schnellste Möglichkeit, das hier hinter mich zu bringen. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das überhaupt französisch heiÃt. Ich meine, das sagt ja keiner. Aber »Blasen« klingt zu stumpf, und »Fellatio« zu klinisch.
»Hallo, einmal Fellatio bitte«, das klingt ja wie in der Apotheke.
»Kein Problem, noch ein paar Hustenbonbons dazu?«
Tanja lächelt. »Klar, Schatz. Hast du denn auch zwei Blaue für mich?«
»Blaue?«
»Vierzig Euro.«
»Ach so.«
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Ich krame mein noch immer prallgefülltes Portemonnaie aus der Tasche und blättere ihr das Geld hin. Sie faltet die
Scheine zusammen und steckt sie sich in den BH, als wolle sie mir bei meinem ersten Prostituiertenbesuch eine besonders klassische Vorstellung liefern.
Sie knöpft meine Hose auf und zieht sie mir bis zu den Knien herunter. Die Unterhose auch. Dann drückt sie mich aufs Bett und kniet sich vor mich auf den groÃen flauschigen Teppich. Sie fummelt ein Kondom aus der Verpackung, nimmt es zwischen die Lippen und streift es mir mit dem Mund über den Schwanz. Alle Achtung. Das macht die nicht zum ersten Mal.
Wild bewegt sie den Kopf auf und ab. Sie schmatzt und seufzt und wird immer schneller, sie stöhnt und grunzt, aber ich merke schon nach einer Minute, dass das so nichts wird.
Ich versuche mich zu konzentrieren. Stelle mir andere Frauen vor. Die amerikanische Geschäftsfrau aus dem Flugzeug, die ich aber irgendwie nicht auf diese Situation transferieren kann. Die süÃe Bedienung aus dem Siebenbürgen, aber das klappt auch nicht. Dann probiere ich es mit Julia, einer Freundin von Yolanda, die ich ziemlich scharf, als Mensch aber viel zu anstrengend finde, weil sie wahnsinnig viel redet und immer auf hundertachtzig ist, ein bisschen wie Flo, dazu aber auch noch launisch. Man kann gut mit ihr feiern, und sie sieht fantastisch aus, groÃer Mund, gierige Augen, tolle Figur, und flirten kann sie wie keine Zweite, manches Mal war ich kurz davor, ihr zwischen zwei Drinks einfach meine Zunge in den Hals zu stecken, aber irgendetwas hat mir immer geraten, besser die Finger von ihr zu lassen. Trotzdem, eines Tages muss ich mal mit ihr ins Bett, am besten bei ihr zu Hause, drauÃen in Grünau, wenn ihr Macker nicht da ist. Ich war da auf der Einweihungsparty. Tolles Haus. Ihr Typ ist ein angesagter Electro-DJ, scheint
ziemlich gut zu verdienen. Das Wohnzimmer von denen ist der Hammer, mit Blick auf den Garten und Erker und Kamin und allem, Kunst an der Wand, nur die allerbesten Möbel. Komplett ikeafrei, die Wohnung, und dann haben die noch den weltbesten Stuck unter der Decke â¦
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Erst als Tanja ein tiefes Gurgeln hören lässt, fällt mir auf, dass ich mit den Gedanken überall bin, nur nicht hier in diesem Wohnwagen, bei dieser Blasnummer. Bei halbwegs okayem Sex denkt man an nichts, aber schon gar nicht an die Innenarchitektur der Häuser von entfernten Bekannten. Ich blicke auf Tanjas Hinterkopf, der engagiert auf und ab geht. Ihr Zopf baumelt hin und her wie eine ausgefranste alte Peitsche.
Das Haar ist auf jeden Fall gefärbt, denke ich, und dann: Was mache ich hier eigentlich?
Pissgelbe Wände. Ein albern vor sich hin blinkendes Herz in der dunklen Fahrerkabine. Die schmierige Plastiktürklinke, angefasst von was weià ich wie vielen ranzigen Händen einsamer Eifel-Männer. DrauÃen auf dem Parkplatz ein Mann in Jeanskluft, der ihr gerade seinen Dödel sonst wohin gesteckt hat, und irgendwo in Trier oder Koblenz ein fieser drittklassiger Zuhälter.
Das hat einfach alles keinen Stil hier.
Letzte Ausfahrt: Fake. Ich gebe ein paar laute Jauchzer von mir, als hätte ich gerade den derbsten Orgasmus. Tanja, oder wie auch immer sie in Wahrheit heiÃt, macht ein paar übertriebene Schluckgeräusche. Obwohl ich ja nur vortäusche. Und auÃerdem ein Kondom über habe.
Fehlende Erotik kann man nicht mit Lautstärke ausgleichen. Wir versuchen es trotzdem. Ich seufze laut. Sie röchelt. Ich schiebe sanft ihren Kopf weg, drehe mich zur
Seite und ziehe mir das Kondom vom Schwanz, welcher traurig zwischen meinen
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