Was kostet die Welt
wollen wir mit ein paar Freunden was machen. Wahrscheinlich aufs Weinfest in Sörz. Du bist natürlich herzlich eingeladen mitzukommen.«
»Alles klar, dann bis morgen.«
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Gut, dass er wegmuss, denke ich, ich bin heute sowieso viel zu verkatert für eine weitere Winzerpredigt, ich werde seine Abwesenheit also gerade noch so verkraften. Wo immer er auch hinfährt, er soll sich ruhig Zeit lassen.
Flo geht in den Hof und fängt an, Weinflaschen in Kisten zu verpacken und zum Auto zu tragen. Susi liegt wie ein ausgefranster FuÃabtreter vor der Tür in der Sonne. T. C. Boyle und seine Frau rollen flötend auf ihren Fahrrädern vom Hof.
Ich gieÃe mir noch einen Kaffee ein. Als ich den Deckel der Thermoskanne zuschraube, verstummt auch das Zischen.
Was mache ich denn jetzt mit diesem Tag?
»hallo mutti, bin übers wochenende an der mosel. echt wahr. schön hier. nicht grad viel los, aber ruhe = auch mal gut. melde mich wenn zurück. tobias.«
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SENDEN.
SUCHEN.
M.
U.
MUTTER MOBIL.
AUSWÃHLEN.
MITTEILUNG WIRD GESENDET.
MITTEILUNG GESENDET.
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»hallo schwesterherz, bin übers wochenende an der mosel. echt wahr. schön hier. nicht grad viel los, aber ruhe = auch mal gut. melde mich wenn zurück. tobias.«
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SENDEN.
SUCHEN.
S.
I.
SILVIA MOBIL.
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MITTEILUNG WIRD GESENDET.
MITTEILUNG GESENDET.
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»tach chef, du glaubst nicht wo ich grad bin: tief im westen, an der mosel! hab ich dir von dem typen erzählt, den ich in NYC kennengelernt habe? flo, ein jungwinzer. häng ein paar tage da aufm weingut ab & verbrenn letztes geld. meld mich wenn zurück. meise.«
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SENDEN.
SUCHEN.
H.
O.
HOLGER MOBIL.
AUSWÃHLEN.
MITTEILUNG WIRD GESENDET.
MITTEILUNG GESENDET.
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»hallo verena, ich wollte mich schon längst melden, aber«
13
»GLOBUS - Da ist die Welt noch in Ordnung« steht auf dem 333er nach Bernkastel-Kues. Der Bus ist komplett mit Werbung für diesen Zeller-Supermarkt verziert. Allerlei Lebensmittel sind fotografisch abgebildet. Direkt neben dem Eingang ist es Fleisch in vielen verschiedenen Variationen. »Die längste Wursttheke der Region« steht darüber. Ein überlebensgroÃer Verkäufer strahlt mich zuversichtlich an. Mit seiner Sparbuchvisage könnte er für alles mögliche werben - nur halt für nichts, das man gerne haben möchte.
Am Steuer sitzt Tamara Danz, die von den Toten auferstandene Silly-Sängerin, und streckt den versprengten Teilnehmern des öffentlichen Nahverkehrs an der Mosel fröhlich grinsend ihr wulstiges Zahnfleisch entgegen. AuÃer mir steigen nur zwei weitere Personen ein, ein Jugendlicher mit entzündeten Pickeln auf der Stirn und eine Frau mit einem winzigen Lederrucksack auf dem Rücken.
Wir drei sind die einzigen Fahrgäste.
Ich setze mich auf die hinterste Bank. Der Bus fährt auf die BundesstraÃe, dann in den nächsten Ort und, ohne anzuhalten, wieder hinaus. Hinter mir sehe ich zwei Jungs aus einer Bushaltestelle hervorspringen und wild mit den Armen in der Luft herumfuchteln. Tamara Danz sieht die Jungs nicht, oder sie hat einfach keine Lust, anzuhalten. Wenn ich das richtig sehe, können die beiden jetzt zwei Stunden auf den nächsten Bus warten.
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Die engen Altstadtgassen von Bernkastel quellen über vor Menschen. Es sind überwiegend Urlauber aus Holland, Belgien und Deutschland, auch ein paar Amerikaner und Franzosen. Die meisten sind jenseits des Rentenalters. Irgendwo haben sie den Ausflugsdampfer Viking Sky geentert und fallen nun wie gierige Piraten über das Städtchen her, das mit seiner absurden Mischung aus Folklore und Kommerz so was wie das touristische Epizentrum hier zu sein scheint. Der Hackesche Markt des Moseltals.
Ich stoÃe fast gegen eine ältere Frau, die unvermittelt vor mir stehen bleibt und miÃbilligend einen Klamottenladen betrachtet.
»Guck mal, Walter, wie vollgestopft das Geschäft ist! Wie im Ausland!«
Ja, fragt man sich da, wo liegt das eigentlich, dieses sogenannte Ausland , und wie komme ich auf schnellstem Wege dorthin?
Walter reagiert nicht. Er schlendert mit auf dem Rücken verschränkten Armen weiter die StraÃe hinauf. Walter ist von oben bis unten beige: Mütze, Haare, Polohemd, Socken, Sandalen und die kurze Hose - alles beige. Sogar seine Haut hat diesen traurigen Farbton zwischen grau und ranzig.
Ich weià wirklich nicht, was ich hier
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