Was Menschen gutes tun
auch nur ein geringer Trost, dass ansonsten beinahe alle Aenar hatten gerettet werden können. Die einzige Ausnahme neben Theras bildete der eine, der in der Transporterfehlfunktion umgekommen war.
Erst jetzt erkannte er, wie falsch er Theras eingeschätzt hatte.
Ich war so blind wie er
, dachte Shran,
wenn auch auf völlig andere Art
. Der sanfte Theras, der während der gesamten Entführungsgeschichte ein schmelzender Eiszapfen gewesen zu sein schien, hatte sich in Wirklichkeit als der tapferste Aenar erwiesen, den Shran jemals kennengelernt hatte. Er hatte seine innerste Natur überwunden – seine pazifistischen Ideale, nach denen er immer gelebt hatte –, um dabei zu helfen, seine Mit-Aenar zu befreien.
Entschuldigungen waren noch nie Shrans Stärke gewesen, aber nun wünschte er sich wirklich, die Möglichkeit zu haben, Theras um Verzeihung zu bitten. Er hatte ihn abscheulich behandelt. Wie ein Schläger hatte er sich aufgeführt, der ein stilles, sanftes Lebewesen bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit einschüchterte. Er selbst war als Krieger aufgewachsen und es daher gewohnt, sich in Gefahr zu begeben. In den meisten seiner Taten lag kein Heldentum. Sein Handeln war entweder von Pflichtbewusstsein geprägt gewesen, von der Lust am Adrenalinkick, der damit einherging, oder schlicht von dem Umstand, dass er nichts anderes kannte.
»Du irrst dich, Shran.«
Auf einmal war Jhamels Stimme in seinem Geist. Er drehte sich um und sah, dass sie zu ihm aufblickte, die Augen offen, aber blind wie immer.
»Du kannst ein Held sein, wenn du es möchtest. Es ist noch nicht lange her, da hast du mir geholfen, die Romulaner zum ersten Mal zu besiegen. Und auch mit meiner Trauer über Garebs Tod fertigzuwerden.«
»Ganz so, wie du mir geholfen hast, Talas loszulassen«
, dachte Shran zurück. Doch im Grunde wollte er die Vergangenheit gar nicht Revue passieren lassen. Sein Blick war viel zu sehr auf die Zukunft gerichtet. Er trat noch etwas näher an das Bett heran und nahm ihre bleiche Hand in die seine. »Wie fühlst du dich?«, fragte er.
Sie schenkte ihm ein schwaches Lächeln. Als sie anhob zu sprechen, war ihre Stimme ganz rau: »Müde. Hungrig. Erleichtert. Traurig. Wir müssen wirklich aufhören, einander zu treffen, wenn einer von uns an ein Bett gefesselt ist.«
Ein kurzes Auflachen kam über Shrans Lippen. Ihre Gefühle füreinander waren damals, als sie ihn besuchte, während er sich von einer Verletzung erholte, erwacht. Gleichzeitig hatte ihn der Tod seiner geliebten Talas beschäftigt, und sie hatte gegen alle Wahrscheinlichkeit gehofft, dass ihr todgeweihter Bruder gerettet werden würde. Shran hatte im Bett gelegen, und als er erwacht war, sah er sie. Später, als sich Jhamel von einem Einsatz mit dem Telepräsenzhelm erholte, bei dem sie versucht hatte, ihrem Bruder zu helfen, hatte er über sie gewacht, während sie in einem anderen Biobett schlummerte. Und er hatte ihre Hand gehalten, ganz so wie jetzt.
»Ich bin froh, dass es dir gut geht«, sagte Shran.
Ein beunruhigter Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Und Vishri und Shenar? Was ist mit Ihnen?«
»Sie schlafen tief und fest«, sagte Shran mit einem weiteren Seitenblick zu Jhamels Bündnispartnern.
»Aber nur, weil ihre Gedanken nicht mit deinen verbunden sind«
, gab Jhamel in seinem Geist zurück.
»Was für ein Glück für sie. Die Aufregung in deinem Kopf würde einen Frosteber aus dem Winterschlaf reißen.«
»Es tut mir leid«, sagte Shran, obwohl er ihr Lächeln sah und ihr liebevolles, stilles Lachen spürte. »Ich kann gehen, wenn es dir dann leichter fällt, dich auszuruhen.« Er begann seine Hand aus der ihren zu ziehen.
»Nein, bleib!«, sagte Jhamel und hielt ihn entschieden, wenn auch schwach, fest. »Ich wollte dich nur necken.«
»Es hat mir gefallen, was du vor einigen Augenblicken über Theras gedacht hast«
, fuhr sie in Gedanken fort.
»Verzeih mir, dass ich gelauscht habe.«
Er lächelte sanft.
»Ich habe keine Geheimnisse vor dir, Jhamel«
, antwortete er lautlos. Zumindest
wollte
er keine Geheimnisse vor ihr haben. Aber was sie fühlte, musste sich erst noch zeigen.
»Der Pfad, den Theras gewählt hat, war schrecklich für ihn«
, dachte Jhamel.
»Aber er wählte ihn, um uns zu retten und um letzten Endes auch das, was ihn selbst ausmachte, zu bewahren.«
»Ich glaube, ich verstehe das jetzt«
, sagte Shran.
»Ich bin mir nicht sicher, ob du das tust«
, dachte Jhamel.
»Ich glaube, ich selbst habe es bis
Weitere Kostenlose Bücher