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Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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riechen, als meine Zunge sich anfühlt, aber das hätte ich mir auch sparen können, denn kaum habe ich Freiburg betreten, drückt Britta mir auch schon ein Glas in die Hand.
    »Was ist das?«
    »Nicht reden – trinken.«
    Ich leere das Glas in einem Zug. Als ich es ihr zurückgebe, kommt der Geschmack. Wodka pur. Ätzend! Das Zeug frisst sich durch meinen Magen, und Britta schaut fassungslos auf das leere Glas.
    »Bist du ’n Hardcoresäufer geworden, oder was?«
    »Noch nicht«, sage ich und schaue mich um.
    In der einen Ecke sitzen Schimanski und Sabine und halten Händchen, in der anderen liegen Vivi und Marco und knutschen. Lauter Verliebte ... Genau, was ich jetzt brauche.
    »War Max hier?«
    Britta schüttelt den Kopf.
    »Und wo ist die Rothaarige?«
    »Nach Hause«, sagt sie. »Es ging ihr nicht gut.«
    »Wem geht es das schon?«, sage ich und nehme ihr die Zigarette aus der Hand.
    Sie mustert mich.
    »Ich hab das Liebeslied gelesen.«
    »Themenwechsel«, sage ich und fülle das Glas mit dem Rest der Wodkaflasche.
    Britta schnappt sich meinen Arm und marschiert mit mir in die Küche zurück, wo sie sich vor mir aufbaut.
    »Was soll diese Opfertour?«
    »Nicht reden – trinken«, sage ich und halte ihr das Glas an den Mund.
    Sie schaut mich einen Moment an, dann trinkt sie. Als ich das leere Glas absetze, zieht sie eine Grimasse.
    »Die einzige Frau, neben der ich aufwachen kann, ohne mich einsam zu fühlen, nennt mich Opfer, wenn ich mal einen schlechten Tag habe.«
    Ihre Augen weiten sich.
    »Den schlechten Tag hast du seit Wochen! Und verschone mich mit diesem Schuldzuweisungsgequatsche, ja? Seit ich wieder da bin, rennst du mit dieser Flappe herum, und ich darf nichts sagen, nichts fragen, nichts machen, immer nur schön die Schnauze halten. Muss immer so laufen, wie Chef will, was?«
    Sie steht wie ein Kampfhund vor mir. Funkelnde Augen, Zähne gebleckt. Wolken ziehen auf. Mein Kopf hämmert. Die Verliebten schmatzen. Ich bin müde.
    »Tut mir Leid, so war das nicht gemeint.«
    »Ach nein?«
    »Hör mal, wenn ich dich vernachlässige, tut’s mir Leid. Ändert sich bald wieder. Ich muss nur noch diese eine Sache ...«
    »Wann hast du bloß aufgehört, dich für mich zu interessieren?«, unterbricht sie mich rau.
    »He ...«
    »Wann hast du aufgehört, mir Fragen zu beantworten, mich anzurufen, mich zu fragen, wie es geht, mich in den Arm zu nehmen. Du hast doch gar keine Ahnung, wie es mir geht!«
    Für einen Augenblick sieht es aus, als würde sie anfangen zu weinen.
    »Ich ...«
    »Meinst du wirklich, ich wüsste nicht, dass sie wieder in der Stadt ist? Seitdem ist das Einzige, was du machst, hinter dieser egoistischen Schlampe herzurennen und herumzujammern, wenn sie dich mal wieder auflaufen lässt. Ein Jahr höre ich mir diese Scheiße schon an – ein Jahr ...! Weißt du, wie lang ein Jahr ist?«
    Muss sie mich ausgerechnet jetzt zusammenfalten? Ich habe null Energie, um mich sinnvoll zu streiten. Wenn ich mich jetzt aufrege, flippe ich sicher gnadenlos aus, und Britta ist definitiv die falsche Adresse.
    »Bin ich nicht. Und außerdem wäre es toll, wenn du aufhören würdest, mich für blöd zu halten.«
    »Ich ...«
    Sie hebt einen Finger.
    »Lass mich raten ... Sie hat sich bei dir gemeldet, und daraufhin warst du so clever, sofort zu ihr rüberzuhecheln, um dein Ding in sie zu stecken. Als sie herausgefunden hatte, dass sie dich immer noch herumkommandieren kann, hat sie dich mal wieder abserviert, und, hui, das kam für dich dann doch ziemlich überraschend, nicht?«
    »Scheiße, wenn du alles so verdammt besser weißt, warum fragst du dann noch?«
    »Ich wollte es von dir hören«, sagt sie und dreht die Augen zur Decke. »Nicht zu fassen! Wie kann man nur so dämlich sein? Hast du keine Selbstachtung? Merkst du nicht, was hier vor sich geht? Sag mal, bist du eigentlich total bescheuert?! Du hast nichts dazugelernt! Nichts! «
    Ich schaue sie an, während sie weitertobt. Ihre blitzenden Augen, ihre roten Wangen, die geballten Fäuste. Sie ist wunderschön. Schlimmer noch, sie hat Recht. Vielleicht habe ich nichts dazugelernt, aber das wird nicht so bleiben, ich bin ja nicht blöde, und es wird Zeit, es zu beweisen. Nicht nur ihr.
    Plötzlich unterbricht sie ihren Redeschwall und legt den Kopf schief.
    »Du hörst mir doch zu ...«
    »Sonst noch was?«, frage ich still.
    Sie will schon aufbrausen, merkt aber rechtzeitig, dass ich es so meine. Sie schließt die Augen und atmet tief

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