Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
Vom Netzwerk:
auf den Schlag. Nichts passiert.
    »Hm. Vielleicht Typen, die ihre beste Freundin nicht vögeln?«
    »Dass du dich selbst belügst.«
    So liegen wir eine Zeit lang da. Schließlich löse ich mich und küsse sie auf die Wange. Sie beobachtet schweigend, wie ich mich auf die Beine kämpfe und anfange, die Küchenschränke auszuräumen.
    Ich stelle eine Pfanne auf den Herd und schlage ein paar Eier auf.
    »Was machst du da?«
    »Spiegeleier. Mit Kroketten.«
    Ihre Mimik verändert sich.
    »Ein dänisches Junggesellenmenü?«
    Ich nicke.
    »Nur du und ich?«, fragt sie.
    Ich nicke wieder.
    »Und was gibt’s zum Dessert? Rødgrød med fløde?«
    Sie macht ein paar Handbewegungen, als würde sie sich die Backenzähne putzen.
    Ich grinse sie an.
    »Kannst du nie an was anderes denken?«
    »Klar, währenddessen.«
    Ich schaue sie an. Sie lächelt unschuldig.
    »Kleiner Scherz ...«
    Das Telefon klingelt und bewahrt mich vor weiteren.
    »Ja?«
    Am anderen Ende weint eine Frau.
    »Wer ist da?«
    »Ich bin’s ... Sarah ...«
    Meine Schwester. Eine eiskalte Hand legt sich um mein Herz. Ihre Stimme klingt so leer. Ich kriege bad vibes – es ist was Böses passiert.
    »Was ist passiert?«
    »Mor ist tot«, sagt sie.
    Mein Herz setzt aus.
    »Was ...«
    »Mor ist tot. Er hat sie umgebracht.«
    »Red keinen Mist! Was ist los?«
    »Die Kripo war gerade hier. Er hat sie erwürgt.«
    »Nein ...«
    »Tach, Mor ist tot. Sie ist weg! Verstehst du denn nicht ...«
    Sie weint.
    »Bist du sicher?«
    Als Antwort wird ihr Weinen lauter. Mir wird schlecht.
    »Ich habe Susann angerufen«, sagt sie, »sie kommt mit der nächsten Maschine.«
    »Wo ist er?«
    »Er hat sich danach umgebracht.«
    Stille. Ich versuche zu begreifen, was hier gerade passiert. Was passiert. Muss hin.
    »Ich bin in vier Stunden da. Nein, warte, ich kann jetzt nicht fahren. Morgen früh.«
    »Okay«, weint sie leise.
    »Du bist doch nicht alleine, oder?«
    »Alex ist bei mir.«
    Ihr beknackter Mann. Aber jetzt bin ich sogar über seine Anwesenheit froh.
    »Ich bin gegen sieben bei euch.«
    »Sie ist tot, Tach. Tot.«
    »Wird alles wieder gut. Versuch zu schlafen. Morgen, wenn du aufwachst, bin ich schon da.«
    »Einfach weg«, sagt sie leise und legt auf.
    Ich starre auf den Hörer. Britta mustert mich mit großen Augen. Es ist nicht wahr. Es kann nicht wahr sein! Dieses Arschloch hat nicht meine Mutter umgebracht. Dieser Wichser, dieses verdammte Stück Scheiße hat nicht meine Mutter umgebracht. Es ist nicht wahr ...

12. Das Eis
    I ch weiß nicht, wie ich nach Wolfsburg gekommen bin, aber morgens um sieben steige ich vor Sarahs Haus aus Brittas Auto. Bevor ich klingeln kann, geht die Tür auf, und Susann fällt mir weinend in die Arme. Ich halte sie. Lange. Hinter ihr stehen Sarah und ihr Mann Alex. Ich nicke den beiden zu. Susann durchweint mein Hemd. Ich sehe es, merke es aber nicht. Hunderte Jahre tief in mir vergraben.
    Sarah kommt näher und umarmt uns. So stehen wir miteinander. In diesem Augenblick enger vereint als je zuvor. Mir wird klar, dass das nicht der richtige Augenblick ist, um zusammenzubrechen.
    Sarah löst sich.
    »Möchtest du einen Kaffee?«
    Ich nicke und werde endlich die einzige Frage los, die mich auf dieser beschissenen Welt interessiert.
    »Was ist passiert?«
    »Er hat sie umgebracht. Danach hat er sich im Keller erhängt«
    Ich starre sie an.
    »Aber was ist passiert ?«
    Sie zieht die Schultern hoch.
    »Ist sie wirklich tot? Bist du sicher? «
    Sarah nickt nur. Susann schluchzt laut auf. Ich ziehe sie noch enger an mich. Jetzt glaube ich es. Begreifen kann ich es nicht. Sie kann nicht tot sein. Ich kann nicht hier sein und sie ist weg. Sie war schon immer da, schon immer ...
    »Dieser verdammte ... dieser ...«
    Ich atme tief durch. Versuche, den Schmerz reinzulassen, aber nur Hass brennt in meiner Brust. Will raus. Irgendwas kaputtmachen. Zerstören, was mich zerstört.
    »Wo ist sie?«
    »In der Pathologie. Wir können um elf hin.«
    Wir trinken Kaffee. Susann in meinem Arm. Sarah in der Nähe. Gutes Gefühl. Endlich sind wir wieder zusammen. Aber Alex lässt uns keine Minute alleine. Steht rum, stört, redet Klugscheißerzeug. Ich mag ihn nicht.
    Sarah erzählt, was die Kripo ihr mitgeteilt hat: Ein Nachbar hat ihn im Keller gefunden und die Polizei gerufen. Die haben dann bei Mor geklingelt, um sie zu benachrichtigen, dass ihr Ehemann sich umgebracht hat. Als niemand öffnet, machen sie die Tür auf und finden sie im Bett. Daneben

Weitere Kostenlose Bücher