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Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition)

Titel: Was mich fertig macht, ist nicht das Leben, sondern die Tage dazwischen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Birbæk
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biegt sich richtig durch und zeigt mir den Goldzahn.
    »Fünfundzwanzig Jahre ...«, prustet er und lässt sich auf den Rasen plumpsen.
    Er lacht und lacht, bis Grete rauskommt, um zu fragen, was zum Teufel hier los ist.
    »Fünfundzwanzig!« , brüllt Far und ringt nach Luft.
    Grete wirft mir einen Blick zu. Ich zucke die Schultern. Sie wendet sich wieder ihm zu.
    »Beruhige dich, sonst kriegst du noch einen Herzinfarkt.«
    Nichts zu machen, er zappelt auf dem Rasen. Grete droht ihm mit einem Finger.
    »Wenn du nicht sofort aufhörst, hole ich einen Eimer kaltes Wasser!«
    Diese Drohung verfehlt ihre Wirkung nicht. Er beruhigt sich langsam und richtet sich wieder auf.
    »Schon gut, war nur ein kleines Missverständnis«, keucht er. »Für einen Augenblick dachte ich tatsächlich, mein Sohn hätte fünfundzwanzig Jahre gebraucht, um sich mal zu fragen ...«
    Er fängt wieder an zu lachen.
    »Was?«, fragt Grete.
    »... warum er damals ... haha ... stundenlang im Meer ... oooohh ...«
    Er biegt sich wieder durch und hält sich den Bauch mit beiden Händen.
    »Ich hole den Eimer«, sagt Grete und geht zum Haus.
    »Und ich habe mir Gedanken über deine Erziehung gemacht«, keucht Far. »Hätte ich gewusst, dass die eine fünfundzwanzigjährige Inkibi ... hihi ... Inkibuhu ... huhu ...«
    »Inkubitationszeit?«, schlage ich vor.
    » huuuaahhh !«, schreit er und bricht zusammen.
    Grete kommt aus dem Haus gewankt. Sie schleppt schwer an einem alten Blecheimer.
    Ich stupse Far an. Er winkt ab.
    »Keine Sorge, sie kann nicht mehr so schnell. Die Gicht. Haben alle Zeit der Welt.«
    Grete baut sich vor uns auf. Sie keucht vom Schleppen und ist wild entschlossen, hier ein böses Wasservergießen zu verursachen.
    »Eins!«, stöhnt sie und bringt den Eimer in Schwung.
    Ich werfe einen Blick auf Far. Er sitzt locker da und grinst breit.
    »Zwei!«
    Far blinzelt mir zu.
    »Drei!«
    Ich lasse mich auf die Knie fallen. Der Wasserschwall haut mich fast um, und ich erstarre wegen des Kälteschocks. Neben mir höre ich ein lautes blechernes Geräusch und einen Aufschrei. Ich öffne die Augen. Mein Vater liegt im Gras und hält sich den Kopf. Grete steht kreideweiß daneben und schaut bedröppelt aus der Wäsche. Bevor sie etwas sagen kann, beginnt er wieder zu kichern.
    »Es tut mir Leid, Liebster. Das wollte ich nicht«, stammelt Grete.
    Far fängt an zu lachen, und ich setze ein, bis wir schließlich nebeneinander auf dem Rasen sitzen und uns die Bäuche halten. Grete geht wieder zum Haus. Diesmal, um Eis für die Beule zu holen, die sich auf seiner Stirn ausbreitet.
    »Tolle Ratschläge hast du«, spotte ich.
    »Du hättest wissen müssen, dass sie flach abwirft«, kichert er und hält sich den Kopf.
    »Klar. So wie du wusstest, dass sie den Eimer loslassen würde.«
    Er schneidet eine Grimasse. Ich stehe auf und helfe ihm auf die Beine.
    »Also?«
    »Also, was?«, fragt er und prüft die Beule.
    »Warum hast du mich damals immer mit zum Angeln genommen?«
    »Er weiß es immer noch nicht ...«, murmelt er.
    »Darum frag ich ja.«
    »Häh?«
    »Darum frag ich ja.«
    Er schaut mich verwirrt an.
    »Na, das liegt doch auf der Hand«, sagt er schließlich, »ich wollte sehen, wann du dich dafür entscheidest, den Fisch zu fangen, wenn du schon stundenlang im Wasser herumstehst. Ich meine, wenn du den Fisch nicht willst, brauchst du schließlich auch nicht zu angeln, oder?«
    Ich starre ihn an.
    »Das ist alles?«
    »Was, alles?«
    »Das ist der Grund, warum ich meine halbe Kindheit im Wasser verbracht habe? Ein gottverdammtes Erwachsenenpsychospiel ...«
    Er hebt den Finger.
    »Hör auf mit dem Gefluche, verdammt nochmal!«, kichert er und blinzelt mir zu, aber so leicht kommt er mir nicht davon.
    »Du hättest es mir einfach erklären können!«
    Er schaut mich verblüfft an.
    »Dir was erklären? Dir konnte man nie was erklären! Ich dachte, dass dir irgendwann von alleine klar wird, dass es etwas Sinnvolleres gibt, als im Meer herumzustehen, wenn du nicht angeln willst. Ich meine, du hattest da draußen ’ne Masse Zeit zum Nachdenken, oder?«
    Auch diese Argumentation will mir nicht ganz einleuchten.
    »Und wenn du dich aus irgendwelchen Gründen plötzlich entschlossen hättest, den Fisch zu fangen, dann hättest du dir etwas einfallen lassen müssen. Zum Beispiel, etwas weniger zappeln«, kichert er und macht eine Parodie auf jemanden, dem gerade ein Fön in die Wanne gefallen ist.
    Dann glättet sich sein Gummigesicht wieder, und

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