Was mit Hass begann
Blick in sein Gesicht, und sie wußte, es war vergebliche Liebesmüh. »Was hat es für einen Sinn, sich mit dir darüber zu unterhalten? Dein Urteil über mich steht doch fest.« Sie wollte sich entfernen, aber er hinderte sie daran. »Faß mich nicht an!« sagte sie und wich zurück.
»Ja, richtig«, sagte er spöttisch. »Das Kräutlein Rührmichnichtan.«
»Im Gegensatz zu dem, was du von mir denkst...« begann sie. »Ach was, ist ja egal.« Und damit eilte auch sie ins Lager zurück.
Dort hatte Sandy inzwischen Hot dogs und Bohnen zubereitet. Die Dünne des Duos stocherte mit der Gabel auf ihrem Zinnteller herum und säuselte, daß Hot dogs etwas Ekelhaftes seien. Die Dicke bürstete gerade zu Kanes offenkundigem Entzücken Ruths Haare. Nach dem Essen verbreitete sich die Dünne über pyramidenförmige Kristalle. In blumigen Worten schilderte sie, solche Gebilde seien günstig für das Sexleben. Schließlich schlug sie Ruth schelmisch vor, sie solle sich eins an einen Ast über ihren Schlafsack hängen. Angeekelt entfernte sich Cale vom Lagerfeuer und ging zu den Pferden.
»Würdest du dir mal das Hemd ausziehen, damit ich mir deine Schulter ansehen kann?«
Sandys Worte überraschten Cale. Doch sie ließ sich nichts anmerken und lächelte ihn nur strahlend an. Hinter Sandy tauchte Kane auf, und Cales Lächeln erlosch.
»Was ist denn mit ihrer Schulter?« fragte Kane.
Sandy wirbelte herum und fuhr den Jüngeren an: »Dein Verstand steckt wohl nur noch in der Hose? Sonst müßtest du doch gesehen haben, daß sie sich verletzt hat, als sie zum zweitenmal Ruth den Hals gerettet hat.«
Ah, süße Gerechtigkeit! Mein lieber Ritter kam mir zu Hilfe. Ob Sandy wohl gern zu mir nach New York ziehen und in einem Penthaus wohnen möchte?
Mit rotem Gesicht murmelte Kane, er würde sich selber Cales Schulter ansehen. Aber sie reckte das Kinn, drückte die Schultern durch und schritt selbstbewußt wieder auf das Lagerfeuer zu. So wohl wie in diesem Moment hatte sie sich in Colorado noch nicht gefühlt.
7
Ruhelos wälzte Kane sich im Schlafsack hin und her.
Immer wieder hämmerte er auf das Nylonding ein, das ein Kopfkissen vorstellen sollte, fluchte ausgiebig und machte bei all dem einen Lärm, der selbst Eulen erschrecken konnte. Eigentlich sollte er jetzt an Ruth denken. Nach allem, was er von ihr gesehen und gehört hatte, war sie die vollkommene Frau. Hinter dem schönen Äußeren ein sanfter, weicher Charakter. Er konnte sich vorstellen, wie gut sie sich mit seinen Söhnen verstehen würde. Und er stellte sich auch vor, wie lieb sie aussehen würde, wenn sie im achten Monat mit ihrem gemeinsamen Kind schwanger wäre.
Aber so sehr Kane sich auch bemühte, seine Gedanken schweiften immer wieder von Ruth ab. Statt dessen tauchte vor seinem geistigen Auge dauernd diese ungezogene kleine Schriftstellerin auf. Sie erschien ihm wie ein Splitter im Finger, der sich nicht herausziehen ließ und nun zu eitern anfing. Er hatte einen Mordsschrecken bekommen, als sie die Zügel dieses Pferdes ergriffen hatte, um Ruth zu retten. Ein falscher Tritt, und sie wäre unter die Hufe des Tiers geraten. Ja, es war eine Dummheit von ihm gewesen, daß er ihr gesagt hatte, sie hätte auf sein Eingreifen warten sollen. Sie hatte wirklich genau das getan, was zu tun war. Und doch haderte er mit ihr.
Er wußte aber nicht recht, was ihn so sehr an ihr ärgerte. Vielleicht ihr spöttisches Lächeln und ihre witzigen Bemerkungen. Vielleicht auch, weil sie Ruth immer so ansah, als wäre sie das letzte. Oder waren es die Kurven ihrer Hinterfront in den engen Jeans?
Warum war er so zornig auf sie geworden, als sie Ruth gerettet hatte? Bei jeder anderen Frau wäre er stolz auf ihre Geistesgegenwart und ihr blitzschnelles Handeln gewesen. Aber irgendwas an dieser Blondine ließ ihn immer vor Wut schäumen. Und doch: auch als er sie so bitterböse angestarrt hatte, fühlte er den Drang, sie beschützerhaft in die Arme zu nehmen.
Sie beschützen? Ebenso gut konnte man ein Stachelschwein beschützen. Ja, sie war genau wie ein Stachelschwein: klein, stachlig und gefährlich.
Gegen 3 Uhr morgens schlüpfte er aus dem Schlafsack und ging in den Wald. Er folgte einem Fußpfad, den er gut kannte. Von einem Felsblock konnte man auf den darunterliegenden Reitweg hinabsehen. Morgen abend würden sie die Geisterstadt Eternity erreichen, wo ein Transporter seines Vaters die Schriftstellerin abholen würde. Danach konnte er noch viele Tage ungestört mit
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