Was mit Rose geschah
geht.«
Sie schaut wieder ihren Mann an, der kaum merklich nickt. »Ja. In Ordnung.«
»Hätten Sie etwas dagegen, wenn er Kontakt zu Ihnen aufnähme?«
Wieder schaut sie ihren Mann an. »Das möchte ich mir erst überlegen.«
»Natürlich. Ich kann Ihnen die Adresse hierlassen. Ihre Schwester Kizzy ist sehr traurig, dass sie die Verbindung zu Ihnen verloren hat. Margaret auch.«
Rose – ich muss jetzt wohl Rena sagen – zuckt mit den Schultern und verzieht den Mund.
»Und da wäre noch Ihr Sohn … Es ist natürlich lange her … Er ist sechs.«
Plötzlich ist es in der Kirche nicht mehr nur kalt, sonderngeradezu eisig. Der Pastor und Rose starren mich an, die Augen weit aufgerissen. Dann setzen sie gleichzeitig zu sprechen an.
»Das muss ein Missverständnis sein …«
»Mein was? «
»Ihr Sohn. Ihr und Ivos Sohn – Christo.«
Rose und ihr Mann sehen einander an. Er wirkt skeptisch. Sie schüttelt den Kopf und lächelt zornig.
»Ich weiß nicht, mit wem Sie gesprochen haben. Ich habe keinen Sohn. Ich habe keine Kinder. Ich kann keine haben.«
Ich erinnere mich, wie Ivo behauptete, sie sei depressiv und wahnhaft gewesen, habe die Geburt geleugnet. Vielleicht hatte er recht. Aber sie wirkt nicht wahnhaft. Nur sehr, sehr wütend.
Peter Hart ergreift wieder ihre Hand und rückt näher an sie heran. »Meine Frau kann leider … keine Kinder bekommen.«
»Wer hat Ihnen von dem Jungen erzählt?«, will Rose wissen. »Doch nicht Dad? Oder Ivo?«
»Wieso nicht Ivo?«
Sie atmet heftig aus. Schüttelt immer wieder den Kopf, wobei ihre Augen hart funkeln.
»Herrgott!«, bricht es schließlich aus ihr heraus.
Ihr Mann wirkt schockiert, presst die Lippen aufeinander.
»Tut mir leid, aber ich habe noch nie solchen Unsinn gehört! Wenn Ivo ein Kind hat, dann ganz gewiss nicht mit mir. Das wäre niemals möglich gewesen.« Sie lacht kurz und freudlos auf.
Peter sieht sie flehend an; offenkundig geht die Sache für ihn zu weit. »Vielleicht könnten wir es dabei belassen. Sie haben herausgefunden, was Sie wollten … Es … Sie werden verstehen, dass diese Erinnerungen belastend sind …«
Doch Rose schaut ihn an, nicht länger eine Porzellanpuppe, sondern eine Frau aus Eisen. »Ich möchte nicht, dass diese Herren irgendwelche Lügen über mich glauben.«
Sie wendet sich uns zu. »Vielleicht sollten wir uns in Ruhe unterhalten. Irgendwo … anders.«
Wir beschließen, in ein Café an der High Street zu gehen. Während Rose ihren Mantel holt, wirft Peter uns ein leicht gequältes, missbilligendes Lächeln zu.
»Bitte drängen Sie sie nicht zu sehr. Sie müssen wissen, dass meine Frau etwas … labil ist.«
Er klingt distanziert, als hielte er eine Predigt, gleichzeitig sieht er uns bittend an. Vielleicht kann er gar nicht anders sprechen.
»Sie hat viel durchgemacht, und …«
Er hält inne, als Rose zurückkommt. Sie trägt eine erbsengrüne Jacke mit Schulterpolstern und hat eine Handtasche dabei. Labil sieht sie nicht gerade aus.
»Nun, dann lasse ich Sie jetzt allein. Bis später, Liebling.«
Er küsst sie auf die Wange, und sie lächelt ihn an. Er sieht immer noch besorgt aus.
»Wie lange kennen Sie Ihren Mann schon, Mrs Hart?«
Wir sitzen an einem Tisch im Bäckerladen des Ortes. Die Atmosphäre ist ungemütlich, da der Raum mit Neonlampen und einem Insektenfänger ausgestattet ist, der alle paar Sekunden summt, wenn er das nächste Opfer erwischt hat.
Rose – ich kann einfach nicht anders an sie denken – rührt in ihrer Teetasse. Sie hat einen Teller mit kleinen, bunt glasierten Kuchen bestellt, die wie radioaktiver Abfall auf dem Tisch glühen.
Statt die Frage zu beantworten, nippt sie an ihrem Tee und sieht sich lächelnd um. »Es ist nett hier, nicht?«
»Ja, sehr nett.«
»Peter. Ich habe ihn kennengelernt, als ich aus meiner ersten Ehe fliehen wollte. Die Heirat mit Ivo Janko war ein furchtbarer Fehler. Sie sind ein Rom, oder, Mr Lovell?«
»Zur Hälfte. Meine Mutter war eine gorjio. «
»Dann haben Sie vielleicht eine Vorstellung, wie es gewesen ist. Für mich war es schwierig … Wenn man aus einer Familie wie meiner kommt … sie hätten mich nicht zurückgenommen,nachdem ich verheiratet war. Die Schande, wissen Sie. Peter hat mir geholfen. Ich weiß nicht, was ich ohne ihn gemacht hätte.«
»Kannten Sie Ivo gut, bevor Sie ihn geheiratet haben?«
»Nein, wir kannten uns kaum. Ich glaube, wir waren uns zweimal begegnet und das nicht einmal unbeaufsichtigt. Es reichte
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