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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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etwas? Ich lasse die Tür vorsichtshalber weit offen stehen.
    Im Grunde sieht es nicht anders aus als beim letzten Mal. In der Küche ist alles sauber und aufgeräumt. Der Kühlschrank ist leer, im Schrank liegen nur noch eine Packung Kekse und Instant-Kartoffelpüree. Ich zwinge mich, auch ganz hinten in die Schränke zu schauen, doch diesmal finde ich nichts Merkwürdiges. Die Plastiktüte hinter den Putzsachen ist verschwunden – er hat sie nicht zu unserem Müll nach draußen gestellt, sondern wahrscheinlich direkt zur Kippe gebracht. Ich sehe nichts Verdächtiges.
    Ich ziehe alle Schubladen heraus und öffne die Schränke. Nur seine Kleidung scheint weg zu sein. Ich weiß nicht genau, wie es vorher ausgesehen hat, aber alle Bilder, der Nippes, selbst einige Spielsachen von Christo und die Kinderbücher sind noch da. Es ist, als wäre jemand für ein paar Tage verreist und könnte jeden Moment wieder hereinkommen. Bei dem Gedanken läuft es mir kalt über den Rücken. Insgesamt entdecke ich nichts Ungewöhnliches. Die Frauensachen sind verschwunden. Und trotz des seltsamen Geruchs – den ich schon nicht mehr wahrnehme, weil er verflogen ist oder ich mich daran gewöhnt habe – finde ich keine Spuren von Pflanzen oder Zweigen. Keinen komischen Kram. Und nichts von dem Zeug, das ich bei dem Exorzismus gesehen habe, nicht einmal Kerzen. Nichts, was in irgendeiner Weise auf einen Mörder hindeutet.
    In einem Kasten unter einer Sitzbank finde ich allerdings einen Plastikkanister, der dort seit Monaten vor sich hin staubt. Es ist einer von denen, die ich in Lourdes mit heiligem Wasser gefüllt habe, aber er ist noch fast voll. Darauf klebt noch meinselbstgemaltes Etikett mit der Bleistiftzeichnung von Maria (oder sollte es Bernadette sein? – Ich kann mich nicht erinnern), samt Heiligenschein und kindlichen Ausrufezeichen. Letztes Mal habe ich ihn nicht bemerkt, vielleicht ist er mir auch bloß nicht aufgefallen. Mir wird heiß, als ich ihn anschaue. Ivo muss ihn nach unserer Rückkehr hier verstaut und vergessen haben.
    Wie muss er über mich gelacht haben.
    Als ich den Kanister anhebe, kreist Dreck am Boden und trübt das heilige Wasser. Ich reiße das peinliche Etikett herunter, wobei mich Scham und Zorn wie eine Welle überfluten und wie kochende Lava in mir emporsteigen. Dann schraube ich den Kanister auf, kippe das Wasser über die Sitzpolster, den Teppich und den Rest wieder über die Polster, damit alles richtig schön durchtränkt ist. Nach ein paar Tagen wird es anfangen zu stinken und zu schimmeln. Als ich das Wasser ausgeschüttet habe und mich immer noch nicht besser fühle, schleudere ich den Kanister so heftig wie möglich zu Boden. Er prallt hoch. Ich komme mir vor wie ein Kind. Wie ein Idiot. Wie ein vierjähriges idiotisches Kind. Ivo hat mich zum Narren gehalten. Er hat uns alle zum Narren gehalten. Wir wissen nicht einmal, was er getan hat – Lügen und Geheimnisse und jetzt anscheinend noch etwas Schlimmeres, er hat Mr Lovell verletzt, hat vielleicht sogar Rose getötet. Und wir alle waren nett zu ihm und haben ihn bemitleidet und sind wie Marionetten um ihn herumgesprungen und nach Lourdes gefahren und haben getan, als würden wir daran glauben.
    Am liebsten würde ich den Wohnwagen mit bloßen Händen auseinanderreißen. Ich trete gegen die Schubladen, hinterlasse aber nicht einmal eine Beule – nur mein Fuß tut weh. Ich knirsche vor Wut mit den Zähnen, was auch nicht hilft. Ich habe heiliges Wasser über alles gekippt! Ich habe diesen Wohnwagen gesegnet, statt ihn zu verwüsten. Ich bin vollkommen nutzlos.
    Ich gehe nach draußen und knalle die Tür zu. Mir ist egal,wer mich jetzt hört. Ein weiteres Stückchen Glas fällt aus dem zerbrochenen Rahmen. Scheiß drauf. Scheiß auf ihn. Scheiße Scheiße Scheiße.
    Ich fahre mir mit dem Handrücken übers Gesicht. Es ist nass, genau wie der Teppich und die Polster.

47
    Ray
    Die Unitarierkirche in dem walisischen Badeort ist ein einfacher Kasten aus Ziegelstein. Er liegt am Ende einer Straße mit lauter gleich aussehenden Monopoly-Häuschen. Das einzige Zugeständnis an seinen Zweck ist ein schmales kreuzförmiges Buntglasfenster in grellem Türkis und Orange, das von außen eher an eine Schießscharte als an eine Quelle göttlicher Inspiration denken lässt.
    Skeptisch sehe ich Hen an.
    Er denkt wohl das Gleiche wie ich. Der Mann hat sich geweigert, uns eine Telefonnummer zu nennen. Wir kennen nur seinen Vornamen – Peter. Wie Petrus, der

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