Was mit Rose geschah
Mann! Nein, ihre feuchte, heiße Spalte, ihre stoßenden Hüften, es muss eine Frau gewesen sein, kein Zweifel … Die Erinnerung erregt mich gegen meinen Willen. Es war echt. Und dann denke ich zum ersten Mal an Lulu. Warum ist mir der Gedanke nicht früher gekommen? So würde es schmecken, wenn ich sie küsste. Und sie mag hilflose, unbewegliche Männer – das habe ich selbst gesehen. Ich habe gestanden, dass ich ihr nachspioniert habe – eine furchtbare Sache. Ivo war an jenem Abend bei ihr; das hat sie verschwiegen. Steckten sie von Anfang an unter einer Decke? War dies ihre ganz eigene verzerrte Form der Rache?
Als ich zu Hause nach der Arbeit mit zitternden Händen eine Steakpastete in den Ofen schiebe, sage ich mir, dass ich langsam verrückt werde.
Ich hänge in der Luft – schon seit Monaten. Ich scheine nicht gut oder auch nur normal zu funktionieren. Hen merkt das offenbar, denn er zieht mich damit auf, versucht es mit Diskutieren,fragt mich, woran es liegt – immerhin haben wir den Fall Rose Wood alias Rena Hart gelöst. Ich wurde dafür bezahlt. Leon Wood ruft an und entschuldigt sich für seinen barschen Ton; seine wiedergefundene Tochter hat ihn angerufen, und er hofft auf ein baldiges Treffen. Er nennt sie Rose, korrigiert sich und sagt dann »Rena«. Ein zufriedener Kunde.
Hen verlegt sich aufs Schimpfen: Ich würde mich gehen lassen, sei morbide und sonderbar.
Mein Partner hat recht – was wir erreicht haben, gilt in unserer Branche als Erfolg. Doch im Grunde habe ich ein furchtbares Chaos angerichtet. Nie zuvor in meiner beruflichen Laufbahn bin ich mir so sicher gewesen, dass etwas nicht stimmte, und das erschüttert mich. Nie zuvor bin ich so tief in eine Sackgasse geraten. Immer noch wache ich nachts auf und frage mich, ob die Gäste, die auf Roses Hochzeit waren, gelogen haben; ob das Datum auf der Heiratsurkunde gefälscht ist. Andererseits stimmt es nicht ganz, dass ich in diesem Sommer nichts erreicht hätte – ich bin jetzt geschieden und spüre meine rechte Hand nicht mehr.
Einer der neuen Fälle – eine misstrauische Ehefrau – erweist sich als unverhofft interessant, da Hen und ich einen ganzen Harem anderer Frauen und ein Netzwerk der Finanzkriminalität aufdecken. Andrea bittet um eine Gehaltserhöhung, die Hen und ich ihr bewilligen – wir hätten sie ihr schon vor Monaten und von uns aus gewähren sollen. Als Dankeschön bringt sie einen selbst gebackenen Kuchen mit, zu dem wir beide wohlwollend schweigen.
Dann ruft Lulu mich an.
»Ich fand, Sie sollten es wissen«, sagt sie, ohne auf meinen unbeholfenen Smalltalk zu warten. »Wir haben einen Brief von Ivo erhalten. Er wurde ans Krankenhaus geschickt. Er schreibt darin, dass er nicht zurückkommt.«
Andrea arbeitet im Vorzimmer. Auf ihrem Schreibtisch steht eine Vase mit gelben Blumen, die den Rest Sonne auffangen, derdurch die verstaubten Fenster dringt. Hen ist unterwegs. Ich drücke den Hörer ans Ohr und registriere jene extreme Empfindsamkeit, die Angst und Liebe ununterscheidbar in uns wecken.
»Was hat er sonst noch geschrieben? Hat er einen Grund genannt?«
»Nein. Er schreibt nur, dass er wegmuss. Der Brief ist an Christo gerichtet. Er schreibt, dass es ihm leidtut und dass er ihn immer lieben wird. Der Brief wurde am 14. in Plumstead abgeschickt.« Ihre Stimme klingt angespannt. »Ist das zu fassen?«
»Und er stammt definitiv von Ivo?«
»Ich kann das nicht beurteilen, aber Sandra und JJ sagen, es sei seine Handschrift. Und er hat geschrieben, dass Sandra sich um Christo kümmern soll, also kommt er offenkundig nicht zurück.«
»Gut … also … vielen Dank, dass Sie mir Bescheid gesagt haben. Wäre es vielleicht möglich, den Brief zu sehen? Haben Sie ihn noch?«
»Er ist bei Sandra.«
»Verstehe. Natürlich. Konnten Sie aus dem Brief irgendwie darauf schließen, warum er das alles tut?«
»Nein, das hat er nicht erklärt.«
»Klingt es nach … Selbstmord?«
Ich höre, wie sie Luft holt.
»Selbstmord? Ich weiß nicht … Er hat nichts dergleichen erwähnt. Es könnte natürlich sein … er schreibt, dass er nicht wegwill, aber dass es nicht anders geht. Klingt das nach dem Abschiedsbrief eines Selbstmörders? Wir haben es jedenfalls nicht dafür gehalten.«
»Keine Ahnung. Ich wollte nur wissen, ob Sie ein bestimmtes Gefühl dabei hatten.«
»Mich macht es einfach nur wütend. Dass er uns so sitzen lässt, ohne etwas zu erklären. Aber ich kenne ihn nicht sehr gut.«
Sie war es nicht,
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