Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
Vom Netzwerk:
froh.
    »Sind Sie wach? Ray? Hallo, Ray.« Sie wirkt ein bisschen gereizt.
    »Hallo.« Meine Stimme klingt halbwegs deutlich.
    »Sie sehen heute viel besser aus.«
    »Sie waren schon mal da?«
    Ich versuche, mich zu erinnern, kann sie mir aber überhaupt nicht im Krankenzimmer vorstellen.
    »Ja. Sie waren aber nicht wach. Nicht richtig … da. Ich bin nicht lange geblieben.«
    Mein Gott. In was für einem Zustand habe ich mich befunden? Aber sie war da – zwei Mal! Da hast du’s, Rollstuhlmann.
    »Das muss ein schöner Anblick gewesen sein.«
    »Ja.« Sie lächelt.
    »Und, was führt Sie her?«
    Das Lächeln verschwindet. Ich wollte nicht aggressiv klingen.
    »Soll ich wieder gehen?«
    »Nein. So war es nicht gemeint. Ich bin wirklich froh, dass Sie gekommen sind. Ich weiß, als wir uns das letzte Mal getroffen haben … na ja, es tut mir leid, alles. Ich wäre nicht überrascht, wenn Sie mich nie wiedersehen wollten.«
    Ich hätte nicht »wirklich froh« sagen sollen. Einfach nur froh. Oder gerührt. Oder … egal, jedenfalls weniger als die Wahrheit.
    »Machen Sie sich keine Gedanken. Es geht Ihnen also besser.«
    »Viel besser.«
    »Das freut mich.«
    »Waren Sie zufällig in der Gegend?«
    Sie schüttelt den Kopf. »Ich bin nur hier, um nach Ihnen zu sehen.«
    »Oh.« Etwas Besseres fällt mir nicht ein. Ich bin voller Fragen, nur sind es nicht die richtigen. »Ähm … Wie geht es Christo?«
    Etwas zupft hartnäckig am Rand meines Bewusstseins. Es hat mit ihr zu tun.
    »Es geht ihm gut. Er ist noch im Krankenhaus, aber … sie kümmern sich wirklich gut um ihn.«
    Je länger ich darüber nachdenke, desto weniger verstehe ich, weshalb sie hier ist; weshalb sie überhaupt nett zu mir ist.
    Dann sagt sie, als hätte sie meine Gedanken gelesen: »Ich habe bei Ihnen im Büro angerufen. Ich habe mit Ihrem Boss gesprochen. Er sagte, Sie seien im Krankenhaus und … da bin ich hergekommen.«
    »Meinem Boss? Ich habe keinen Boss.«
    »Oh … Na ja, ich habe mit einem Mann gesprochen. Er klang so …«
    »Nach Oberschicht?«
    Sie wird rot, weil ich sie erwischt habe. Es kommt öfter vor, dass die Leute Hen für den Boss halten.
    »Hat er Ihnen gesagt, was passiert ist?«
    »Er sagte, Sie seien krank geworden und mit dem Auto verunglückt. Und dass es Ihnen ziemlich schlecht geht.« Sie rutscht auf ihrem Stuhl herum.
    »Ja, ich wurde vergiftet.«
    Ihre Augen werden groß. »Vergiftet? Wie meinen Sie das? Eine Lebensmittelvergiftung?«
    »Ich habe Tene und Ivo besucht. Ich glaube, sie haben mir etwas zu essen gegeben. Und … nun bin ich hier.«
    »Oh Gott.« Sie beugt sich vor und runzelt die Stirn. Sie sieht entsetzt aus. »Was haben Sie gegessen? Meeresfrüchte?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kann mich nicht erinnern. Aber ich habe mich gefragt, ob … es den beiden gut geht. Sie könnten ja auch krank geworden sein.«
    »Oh … Gott, ich weiß es nicht.« Sie holt tief Luft und stößt einen kurzen scharfen Seufzer aus. »Es tut mir so leid, Ray. Das ist ja schrecklich.«
    Sie hat mich Ray genannt. Also kann sie nicht allzu wütend sein.
    »Laut den Ärzten waren es Pflanzen.«
    »Pflanzen?«
    »Ja. Giftpflanzen. Zum einen Bilsenkraut, das Scopolamin enthält … zum anderen Ergotamin, also Mutterkorn.«
    Sie schaut mich nicht mehr an. Die Falten auf ihrer Stirn werden tiefer. Dann sagt sie schließlich: »Haben Sie … haben Sie eine Ahnung, wie es passiert sein könnte?«
    »Na ja … es muss wohl irgendwie ins Essen gelangt sein.«
    Während ich spreche, hat sie den Kopf gesenkt. Zum ersten Mal fällt mir ein grauer Haaransatz auf. Sie war wohl zu beschäftigt, um ihn zu färben. Beschäftigt … womit? Aus irgendeinem Grund tut mir der Anblick im Herzen weh.
    »Sie sollten nach den beiden sehen. Nicht auszudenken, wenn sie so krank wären wie ich und nicht in einer Klinik behandelt würden. Vor allem Tene.«
    Sie nickt und fummelt an ihrer Handtasche herum, obwohl »Handtasche« eigentlich nicht das richtige Wort ist. Man könnte einen Cockerspaniel darin unterbringen.
    Endlich schaut sie mich an. Ich meine, Tränen in ihren Augen zu sehen, bin mir aber nicht sicher.
    »Es tut mir so leid, Ray. Ich … sie sammeln manchmal alles mögliche Essbare wie Pilze, Beeren und – ich nehme an, da kann man leicht einen Fehler begehen …«
    »Sicher.«
    Ich schließe kurz die Augen. Das grelle Sonnenlicht kritzelt Muster auf die Innenseiten meiner Lider – sie erinnern an Ungeheuer mit langen Zähnen und schmutzigen

Weitere Kostenlose Bücher