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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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sagen.«
    Dabei hat er es mir gerade gesagt.
    »Natürlich nicht. Was glauben Sie, wann gibt es weitere Informationen über die Leiche?«
    DI Considine zuckt mit den Achseln. Er zieht am letzten Rest seiner Zigarette und schnippt sie in eine Pfütze.
    »Wir melden uns«, sagt er widerwillig.
    »Das weiß ich wirklich zu schätzen. Die Familie wartet besorgt auf … Neuigkeiten.«
    Considine wendet sich zum Gehen, dreht sich aber noch einmal um, um das letzte Wort zu haben.
    »Der Fluss wird wohl wieder ansteigen, dann müssen wir hier zusammenpacken und alles ist nur noch reine Vermutung. Erwarten Sie also nicht zu viel.«
    Ich gehe zum Fluss hinüber, trete bis an den Rand der steigenden Flut. Die Bauarbeiter hätten auch ohne die Entdeckung die Arbeit einstellen müssen. Von hier aus sieht man den eigentlichen Verlauf des Flusses, der sich zwischen Bäumen und Büschen hindurchschlängelt. Das Wasser sieht braun und irgendwie zähflüssig aus, dick wie Öl, als würden darin Geheimnisse treiben, die es aus der Erde gewaschen hat. Eine Chipstüte wird von der Strömung vorbeigeschwemmt, verfolgt von einer Einkaufstüte. Ruten von Haselsträuchern und Erle ragen aus dem Wasser. Darunter könnte alles verborgen sein. Am Rand des Wassers drehe ich mich um und schaue auf die Ödnis, die einmal der Black Patch war.
    Vermutlich gab es mehr Bäume, bevor die Bulldozer kamen; vielleicht bildeten sie einen Ring um das Gelände bis an den Rand, wo jetzt das kleine Zelt steht. Ein flaches Grab im Wald. Nein, es ist gar nicht so flach – immerhin hat sich jemand die Zeit genommen, mehr als einen Meter tief zu graben. Das macht man nicht in fünf Minuten, in Angst und Eile. Wollten sie es richtig machen? Mit Sorgfalt und Würde? Oder war es nur professionelle Gründlichkeit?
    Hinter dem Maschendrahtzaun befindet sich gepflegtes Waldland mit Feldahorn, Buchen und Haselsträuchern, dahinterliegen Felder, höher als der Fluss, so dass sie vor Hochwasser geschützt sind. Dort drüben gibt es vermutlich kein billiges Bauland. Hier am Wasser hüllen mich die Mücken schon nach einer Minute in eine Wolke. Hier würde ich kein Haus bauen, aber die Geschäftsleute, die die Stelle ausgewählt haben, und die Arbeiter, die es bauen, müssen ja nicht hier wohnen.
    Ich stelle mir vor, wie es früher war, als man hier mit dem Wohnwagen Halt gemacht hat. Das Gelände war damals durch Bäume von der Straße abgeschirmt. Es ist ohnehin eine ruhige Straße. Es gibt keine Häuser in Sicht- oder Hörweite. Solange keine anderen Fahrenden dort Halt machten, war es eine gute Stelle, um jemanden loszuwerden. Natürlich kann ich nicht beweisen, dass sie sich jemals hier aufgehalten haben. Der einzige Hinweis besteht darin, dass Tene sich versprochen hat. Er erwähnte den Black Patch und schickte mich dann auf eine falsche Fährte. Weshalb nur? Weshalb entwischten die Worte seinem Mund, wenn er nicht von ihnen verfolgt wurde?
    Ich sehe wieder zum Zelt hinüber. Eine der winzigen Kreaturen fliegt mir ins Auge; eine andere streift meine Nase. Ich zünde mir eine weitere Zigarette an, um die Viecher zu vertreiben.
    Der Regen wird stärker, klatscht auf die Wasseroberfläche und löscht meine Zigarette. Ich werfe die Kippe ins Wasser, wo die Strömung sie rasch davonträgt. Es sieht unheimlich und zielstrebig aus, wie etwas, das von einem Magneten unter einer Tischplatte bewegt wird. Was immer Rose zugestoßen ist, ich muss es herausfinden. Die Strömung, die sie mit sich gerissen hat, muss es unter der Oberfläche immer noch geben.
    »Bist du Rose?«, frage ich sanft, aber laut. »Wenn du es bist, sag es mir. Gib mir ein Zeichen. Ich weiß, dass du gewartet hast.«
    Ich frage die Wälder, das Wasser, die aufnehmende Erde. »Ist sie hier?«

35
    JJ
    Es hat wieder angefangen zu regnen. Ich mag es, wie das Wasser hier aufs Dach fällt – es ist leiser als im Wohnwagen. Und man kann die Geräusche von draußen hören. Den Regen und den Fuchs, der in der Nacht bellt. Ich habe die Laute der Füchse immer gemocht. Sie klingen so traurig.
    Als es dunkel wird, brennt mein Arm wie Feuer. Katie bringt Desinfektionsmittel und Verband, und wir versorgen die Wunde. Sie bleibt bei mir und will ein bisschen herummachen, worauf ich theoretisch auch Lust hätte, aber mir ist wirklich schlecht, also geht das nicht. Ich habe Angst, ich könnte mich übergeben. Ich glaube, sie ist ein bisschen sauer deswegen. Nach einer Weile geht sie wieder. Vielleicht ist das

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