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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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hätte in den letzten drei Tagen nicht viel geschlafen.
    »Da sind wir schon zu zweit.«
    Es gibt Krabbencocktail in einer rosa Sauce und Steak mit einer anderen Sauce und Weißwein zu den Krabben und Rotwein zum Steak, aber ich schmecke kaum etwas. Ich tue etwas Furchtbares, das man niemals tun sollte: Ich betrachte die Frau, die mir gegenübersitzt, diese komplizierte, geduldige, großzügige, verschlossene Frau, und vergleiche sie mit meiner künftigen Exfrau. Und ich denke lauter elende, gemeine Dinge: Sie ist nicht so elegant wie Jen, nicht so gebildet, nicht so groß. Zweifellos verdient sie als Krankenpflegerin nicht so viel. Sie ist nicht so offen. Sie sieht auch nicht so gut aus. Natürlich nicht, sie ist ja nicht Jen, sondern sie selbst. Ich sollte mich schämen. Was ich auch tue.
    Sie hat sich Mühe gegeben. Auf ihrem Haar liegt ein subtiler schwarzroter Schimmer. Sie trägt die glänzenden schwarzen Stiefel mit den hohen Absätzen. Einen engen Rock, der ihre schlanke Taille betont. Ist das freundschaftlich? Ich frage mich, ob sie auch die roten Schuhe in Betracht gezogen und zu Hause gelassen hat, weil sie nur für ihn bestimmt sind.
    Ich weiß kaum etwas von ihr und habe keine Ahnung, wie sie tickt. Aber ich starte einen Versuch und erkundige mich nach ihrer Kindheit. Doch sie bleibt zurückhaltend, als würde sie meinen gezwungenen Ton irgendwie heraushören. Ich möchte das Gefühl von zuvor wiederfinden; ich war so aufgeregt wegen unserer Verabredung. Ich war glücklich. Das ist es, was ich wollte. Was ich will. Ich hole tief Luft und versuche, mich an den Duft zu erinnern. Den Perlmuttschimmer.
    »Wie lange arbeiten Sie schon für den Mann in Richmond?«
    »David? Ach, so etwa zwei Jahre.«
    »Gefällt es Ihnen?«
    »Ja. Es ist im Grunde ein guter Job. Nach dem Altenheim sowieso … Manchmal gibt es Stress mit seiner Mutter. Sie ist ziemlich versnobt und kommandiert die Leute gern herum. Mit ihm geht sie aber ganz wunderbar um. Hat ihre Arbeit und alles für ihn aufgegeben …«
    Ihre Stimme verklingt, sie wirkt zerstreut. Hoffentlich hat sie es nicht gemerkt. Eine Gabel kratzt laut über einen Teller, es ist meine.
    »Ich glaube, ich hatte Ihnen nicht gesagt, wo ich arbeite.«
    Ich wage nicht, sie anzusehen. Ich kaue, um Zeit zu gewinnen. Ich könnte lügen. Die Chancen stehen fünfzig-fünfzig. Vielleicht kann ich es durchziehen. Aber will ich ein Lügner sein? Wenn ich diese Frau respektiere, wenn ich eine Zukunft mit ihr – oder mit jemand anderem – haben möchte, muss ich doch die Wahrheit sagen. Lügner werden am Ende immer ertappt.
    »Niemand aus meiner Familie weiß, wo ich arbeite. Oder für wen.« Sie runzelt die Stirn, die doppelte Falte ist wieder zu sehen. »Machen Sie das immer? Alles über die Leute herausfinden, die Sie befragen? Gehört das zu Ihren … Ermittlungen?«
    Sie scheint nicht mal sehr wütend zu sein. Doch wenn ich ja sagen würde, würde ich lügen.
    »Nein. Ähm. Manchmal schon. Aber nicht bei Ihnen. Sie sind nicht verdächtig oder so. Ich wollte mehr über Sie erfahren,weil ich Sie mag, und da bin ich … Ihnen einmal gefolgt, nach Richmond.«
    Ich habe nur anderthalb Gläser Wein getrunken. Heute Abend wirkt er wie ein Wahrheitsserum.
    Lulu wirkt verblüfft, als würde sie sich überlegen, ob sie wütend sein soll oder … Geschmeichelt? Wohl kaum.
    »Sie sind mir nach Richmond gefolgt? Wann?«
    »Hm, vor ein paar Wochen.«
    Sie schluckt und bewegt ruckartig den Kopf, als würde der Ekel ihr die Kehle zuschnüren. »Warum haben Sie mich nicht einfach gefragt, wo ich arbeite?«
    Ich bin sprachlos. Auf die Idee bin ich gar nicht gekommen.
    »Ich weiß es nicht. Weil … weil es wohl das ist, was ich normalerweise tue. Ich habe mich daran gewöhnt.«
    Ein Schatten huscht über ihr Gesicht. »Und was haben Sie getan, als Sie dort waren?«
    Ich könnte lügen. Ich könnte lügen. Aber dann wäre ich ein Lügner.
    »Ich … habe Sie ins Haus gehen sehen.«
    Noch kann ich zurück. Noch kann ich etwas von diesem Abend retten – vielleicht meinen Ruf. Ihre Würde. Eine Zukunft.
    »Ich bin ausgestiegen, durch den Garten gegangen und habe Sie eine Weile beobachtet.«
    Ihr Gesicht ist noch weißer als sonst, falls das überhaupt geht. Ihre Zunge fährt über ihre Lippen, als dürstete es sie verzweifelt nach Wasser.
    »Und was haben Sie gesehen?«
    Meine Kehle ist seltsam angespannt und hart. Vielleicht versagt mir die Stimme, dann habe ich eine Entschuldigung.
    Ich könnte

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