Was nach dem koeniglichen Ball geschah
auf, dass etwas mit ihr nicht stimmte. Warum konnte sie sich nicht entspannen und einfach zufrieden sein?
Möglicherweise war sie dazu verdammt, ein Leben zwischen Bangen und Hoffen zu führen. Oder fiel es ihr nur schwer, das Glück zu genießen, weil sie Angst vor dem Tag hatte, an dem das Blatt sich wendete?
Seit der Hochzeit hatte Anne Sams Eltern nur wenige Male gesehen – vor ihrem Streit. Wenn er sie besucht hatte, hatte er sich stets eine Ausrede einfallen lassen, warum Anne ihn nicht begleiten konnte. Obwohl er sich die meiste Zeit gar nicht die Mühe gemacht hatte, ihr zu erzählen, wohin er fuhr. Fast schien es, als würde er seine Eltern vor ihr abgrenzen, damit sie sich nicht an Anne gewöhnten, und das bereitete ihr Kummer. Sie wollte nicht, dass Sams Eltern von ihr dachten, sie würde sie meiden oder – was noch schlimmer wäre – sie nicht leiden können. Dabei wünschte sie sich doch eine gute Beziehung zu ihren Schwiegereltern.
Als sie Anne und Sam eines Abends zum Dinner einluden, waren Sam entweder die Ausflüchte ausgegangen, oder er wollte Anne tatsächlich dabeihaben. Er nahm die Einladung an. Nervös fragte Anne sich, was er seinen Eltern wohl über ihre Ehe erzählt hatte.
„Wissen sie es?“, fragte sie Sam kurz vor ihrer Abfahrt aus dem Schloss. Sie hatte eine Stunde lang überlegt, was sie anziehen sollte und wenigstens ein Dutzend Outfits anprobiert. Schließlich hatte sie sich für ein schlichtes Kleid entschieden.
„Was sollen sie wissen?“, hakte Sam nach.
„Das mit uns – was geschehen ist.“ Sie hasste es, das zu erwähnen und Sam daran zu erinnern – als ob er es jemals vergessen würde.
„Ich habe ihnen nichts darüber gesagt“, versicherte er ihr, während er ihr den Mantel hinhielt. „Sie denken, alles ist in Ordnung. Und soweit es mich betrifft, stimmt das auch.“
Anne wünschte, ebenso vertrauensvoll sein zu können.
Am Morgen hatte es zu schneien begonnen – der erste Schnee in diesem Winter. Als Anne und Sam an der Villa von Sams Eltern ankamen, war der Boden bereits mit mehreren Zentimetern Schnee bedeckt, und auf den Straßen war es ein wenig rutschig.
Nachdem sie eingetreten waren und ihre Sachen abgelegt hatten, führte Sams Mutter Anne nach oben, um ihr das Schlaf- und Kinderzimmer zu zeigen, das sie bereits einzurichten begonnen hatten.
„Wie wunderschön“, sagte Anne und strich über eins der beiden Kinderbetten. Die Wände waren in einem zarten Grün gestrichen, und in den Regalen türmten sich Spielsachen und Bücher. Viele davon hatten einst Sam und Adam gehört, erzählte Sams Mutter.
„Ich habe noch nicht begonnen, das Kinderzimmer einzurichten“, bemerkte Anne. „Wenn Melissa und Chris in die Mastersuite umgezogen sind, nehmen wir ihr ehemaliges Schlafzimmer, denn direkt daneben ist das Kinderzimmer.“
„Ich hoffe, es stört euch nicht, dass wir schon eins haben“, meinte Mrs Baldwin.
„Natürlich nicht.“
„Wir wissen, dass es für junge Eltern sehr schön ist, gelegentlich einmal Zeit für sich selbst zu haben. Wir würden uns sehr freuen, wenn die Zwillinge gelegentlich hier bei uns übernachten könnten. Aber natürlich wollen wir uns nicht in eure Erziehung einmischen.“
„Es sind eure Enkel. Selbstverständlich können sie bei euch bleiben.“
Sams Mutter wirkte erleichtert. „Ich bin ja so froh. Ehrlich gesagt, haben wir nicht gewusst, wie du darüber denkst.“
Weil Anne nicht zu ihrem Leben gehört hatte. Ihre Schwiegermutter sprach es nicht aus, aber Anne wusste, dass sie das dachte. Was sollte sie zu ihrer Verteidigung sagen? Es ist nicht meine Schuld, euer Sohn wollte mich nicht mit zu euch nehmen? Damit würde sie zugeben, dass Sam und sie Probleme hatten, und seine Mutter würde bestimmt wissen wollen, weshalb. Anne schämte sich aber zu sehr zuzugeben, was sie Sam angetan hatte – dass sie ihn belogen hatte. Möglicherweise würden seine Eltern dann zu demselben Schluss kommen wie ihr Sohn – sie würden Anne für verwöhnt und eigensüchtig halten. Und ihr vorhalten, dass sie ihm eine Falle gestellt hatte.
Von nun an wollte sie mehr Zeit mit ihren Schwiegereltern verbringen. Vielleicht könnte sie ihre Schwiegermutter zum Tee einladen oder mit ihr in Paris oder Mailand einkaufen gehen. Und sie zum Dinner ins Schloss bitten.
„Tut mir leid, dass ich bisher nicht öfter hier gewesen bin“, gab Anne beschämt zu. „Ich bin bestimmt eine schlechte Schwiegertochter.“
„Oh, Anne“, erwiderte
Weitere Kostenlose Bücher