Was nach dem koeniglichen Ball geschah
entgegnete sein Vater.
Wieder ahnte Anne, was Sam dachte. Er hatte mehr als einmal die Bemerkung fallen lassen, dass er den Vize für einen Schwachkopf hielt.
„Ich weiß, dass es schwierig für dich sein wird, mein Sohn“, meinte sein Vater und wich Annes Blick aus.
„Mir geht es gut“, erwiderte Sam mit einem gezwungenen Lächeln. „Ihr solltet euch meinetwegen keine Sorgen machen. Im Augenblick zählt nur deine Gesundheit. Und wenn du glücklich bist, bin ich es auch.“
Obwohl seine Worte aufrichtig klangen, wusste Anne es besser. Das war eine Hiobsbotschaft für ihn gewesen.
Da das Wetter immer schlechter wurde, verließen sie kurz darauf Sams Eltern. Sobald sie im Auto saßen und auf dem Weg zurück zum Schloss waren, bemerkte Anne, wie verärgert Sam wirklich war.
„Dieser Vize ist ein Volltrottel“, erklärte er.
Doch er war attraktiv und sympathisch, und es waren schon Leute für weniger gewählt worden.
„Sam“, begann sie, aber er hob eine Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.
„Bitte. Nicht jetzt.“
Sie hatte gewusst, dass so etwas geschehen würde. Es war unvermeidlich gewesen. Und obwohl sie es geahnt hatte, war es nicht leichter für sie, die Situation zu akzeptieren. Seltsamerweise war sie beinahe erleichtert, es endlich hinter sich zu haben.
In den Sitz zurückgelehnt, sah sie hinaus in die Nacht und beobachtete die vorbeiziehenden Schneeflocken. Sie versuchte sich einzureden, dass es nur ein kurzer Rückfall war, der in einigen Tagen vergessen sein würde.
Sie versuchte, sich das einzureden, weil sie sich die Alternative nicht vorstellen konnte. Wenn Sam sie jetzt abermals aus seinem Leben ausschloss, wie lange würde es dauern, bis Anne ihn wieder für sich zurückgewinnen konnte?
Und wollte sie das dieses Mal überhaupt versuchen?
12. KAPITEL
Obwohl er wusste, dass es unfair und egoistisch war, konnte Sam Anne noch nicht einmal ansehen.
Es war einfacher für ihn gewesen zu akzeptieren, dass er nie in die Fußstapfen seines Vaters treten würde, als die Möglichkeit dafür noch in ferner Zukunft gelegen hatte. Doch jetzt wurde er unmittelbar damit konfrontiert. Wieder war er gezwungen, sich mit all dem zu beschäftigen, was er verloren hatte. All das, was er sich so sehnlich wünschte und doch nie bekommen würde. Und dafür machte er Anne verantwortlich.
Zu allem Überdruss war sein Vater auch noch an Krebs erkrankt. Sam hoffte, dass er bei der Prognose seines Gesundungsprozesses nicht gelogen und die Wahrheit beschönigt hatte, damit Sam sich keine unnötigen Sorgen machte.
Bedingt durch das schlechte Wetter brauchten sie doppelt so lange, um nach Hause zu kommen. Eigentlich war es nicht sein Zuhause, vielmehr empfand er es als eine Art Vorhölle. Halb verheiratet und halb unverheiratet – sein ganzes Leben befand sich in diesem undefinierten Zustand. Er brauchte Zeit, um in Ruhe über alles nachzudenken. Wenn er einen Vorwand fand, ein oder zwei Tage nicht im Schloss bleiben zu müssen, wäre er fort. Die Renovierung seines Hauses war schon längst abgeschlossen, also konnte er auch da bleiben. Doch dann gab es noch das Problem mit Annes Familie. Wenn er nicht aufpasste, würde er sich nicht nur elend fühlen, sondern auch noch arbeitslos sein. Und da ihm sein Job Spaß machte, hatte er so wenigstens eine Rückzugsmöglichkeit.
Sonst säße er in der Falle.
Während sie sich für die Nacht fertig machten, schwieg Anne, doch als sie ins Bett gingen, berührte sie ihn. Obwohl er sich schäbig vorkam, rutschte er weg von ihr. Zwar versuchte sie nur, ihn zu trösten und ihm eine gute Frau zu sein, aber er konnte sie nicht an sich heranlassen. Nicht jetzt – dafür war die Wunde noch zu frisch.
Morgen ist es bestimmt besser, versuchte er sich einzureden. Doch nachdem er sich unruhig hin und her gewälzt hatte, fühlte er sich schlechter. Anne wollte mit ihm reden, aber er schüttelte nur den Kopf. „Nicht jetzt“, sagte er. Er hasste sich selbst für den verletzten Ausdruck in ihrem Gesicht. Ihr gegenüber war das nicht fair – aber es würde die Zeit kommen, da er ihr verzeihen und weitermachen konnte. Aber bis dahin konnte er einfach nicht aus seiner Haut. Verbitterung und Feindseligkeit beherrschten seine Gefühle. Und immer wieder sagte er sich, dass es am kommenden Tag besser werden würde. Doch das geschah nicht. Mit jedem Tag zog Sam sich mehr vor Anne zurück.
Noch vor wenigen Tagen war er so dicht davor gewesen, ihr zu vergeben und alles hinter sich zu
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