Was nicht passt, wird kuessend gemacht
beharrte er. „Ich kann es nicht ändern, wenn ich nicht weiß, was es ist.“
„Da gibt es nichts zu ändern. Es ist meine Vergangenheit, und die kann nicht rückgängig gemacht werden. So einfach ist das.“
Er schaute sie an. „Nichts, was du sagen könntest, würde mich dazu bringen, mich von dir abzuwenden. Ich liebe dich. Das wird sich nicht ändern.“
Er meinte, was er sagte. Das konnte sie sehen. Und beinahe glaubte sie ihm. Aber das wäre zu leicht, dachte sie traurig. So viel Glück habe ich nicht.
Lange Zeit stand sie da, bevor sie akzeptierte, dass sie nicht viele Möglichkeiten hatte. Wenn sie es ihm jetzt nicht erzählen würde, würde er das Thema später wieder zur Sprache bringen. Entweder gab sie nach, oder zwischen ihnen war es aus. Sie versuchte sich einzureden, dass sie nicht schwach war, nur weil sie ihn nicht verlieren wollte. Doch sie wusste, dass sie sich damit nur selbst belog. Irgendwann, als sie mal nicht aufgepasst hatte, war ihr dieser Mann wichtig geworden.
Ein Stuhl mit gerader Rückenlehne stand in der Ecke des kleinen Schlafzimmers. Sie zog ihn näher ans Bett heran und setzte sich. Die Vergangenheit, die sie so sehr hinter sich zu lassen versucht hatte, war auf einmal wieder sehr präsent und hüllte sie ein.
„Meine Eltern starben, als ich noch sehr jung war“, fing sie an und betrachtete ihre kurzen Fingernägel, anstatt Will anzuschauen. „Ich war ein paar Jahre in verschiedenen Pflegeheimen und bei Pflegefamilien untergebracht. Es war nicht toll, aber auch nicht wirklich schlimm. Ich wurde nicht missbraucht oder so. Aber ich habe nie dazugehört, falls das Sinn ergibt.“
Sie hob den Kopf und sah, dass er sie aufmerksam anschaute. Ein beklommenes Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit. Das wird kein gutes Ende nehmen, dachte sie. Aber jetzt war es zu spät, sich eine Lüge auszudenken.
„Als ich ungefähr fünfzehn war, wurde ich zu einer Frau geschickt, die als Pflegemutter noch ganz neu war. Sie war älter – damals kam sie mir uralt vor, heute würde ich sie als mittelalt bezeichnen.“ Sie brachte ein gequältes Lächeln zustande. „Ich denke, sie war so Ende fünfzig. Sandy. Sie war sehr nett. Wirklich nett. Süß. Ihr lag wirklich etwas an mir – ein Gefühl, das ich sehr lange nicht gehabt hatte. Dann habe ich Ronnie kennengelernt. Er war ein Jahr älter als ich und der schlimmste Junge an der Schule. Unglaublich sexy, mit Tattoos und einem Motorrad. Ich konnte ihm nicht widerstehen. An dem Tag, als er mich das erste Mal geküsst hat, habe ich gewusst, dass ich sofort glücklich sterben könnte.“
Sie schaute auf die Decke, zum Boden. Überallhin, wo es sicher war.
„Mit Ronnie zusammen zu sein war aufregend. Gefährlich“, fuhr sie fort. „Einmal haben wir ein paar Flaschen aus einem Spirituosenladen geklaut. Das war viel zu leicht. Wir haben uns betrunken. Sandy hat davon nichts gewusst, nichts geahnt. Ronnie war ihr gegenüber immer so höflich. Sie betete ihn an und freute sich für mich. Ich fühlte mich schlecht, weil ich sie hinterging, aber das hielt mich trotzdem nicht auf.“
„Ich kenne diese Art Typen“, sagte Will.
„Dann wirst du nicht überrascht sein zu hören, dass die Sache eskalierte. Wir überfielen einen Eckladen in einer Nachbarstadt. Dann raubten wir eine Reinigung aus. Niemand hat großen Widerstand geleistet, und die Polizei hatte keine Ahnung, wer wir waren. So böse zu sein war aufregend und lustig und etwas, das wir gemeinsam taten. Am Tag gaben wir die braven Schüler, und abends waren wir Bonnie und Clyde.“
Schulterzuckend schaute sie ihn an. „Ich habe die Geschichte von Bonnie und Clyde nur in Teilen gehört und wusste nicht, wie sie endet.“
Sie atmete tief ein. „Wir beschlossen, als gemeinsames Geschenk zu unserem Schulabschluss eine Bank zu überfallen. Sandy ließ mich Collegebewerbungen ausfüllen und sagte, sie habe ein wenig Geld zur Seite gelegt, um mich bei der Zahlung der Studiengebühren zu unterstützen. Ich konnte es nicht glauben. Ich hätte besser zuhören und das Geschenk annehmen sollen. Aber ich wollte lieber mit Ronnie zusammen sein.“
„Ihr habt eine Bank überfallen?“ Will klang geschockt.
„Zumindest haben wir es versucht. Wir haben einen Plan gemacht und wären damit auch durchgekommen, wenn der Bankmanager nicht beschlossen hätte, uns aufzuhalten. Ronnie hatte eine Waffe und …“
Jetzt kommt der schwere Teil, dachte sie. Der Teil, der sie bis zum heutigen Tag
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