Was Paare stark macht
liegen. Man hört zum Beispiel oft den Wunsch, der Partner möge stets fröhlich und gut gelaunt sein. Bei genauerer Betrachtung muss man allerdings zugeben, dass es wohl kaum einen Menschen auf dieser Welt gibt, der immer guter Dinge ist (und es würde einem vermutlich auf die Nerven gehen, wenn es so wäre).
> Könnte ich selber diese Erwartung erfüllen? Angenommen, eine Erwartung wäre grundsätzlich zu erfüllen: Fragen Sie sich als Nächstes, ob Sie Ihrerseits dazu in der Lage und bereit wären. Wir sollten in der Regel nichts vom anderen erwarten, das wir nicht auch selber zu geben bereit und fähig sind. So können wir vom Partner nicht erwarten, dass er uns immer wieder seine Liebe bekundet – und es selber nicht tun. Wir können auch nicht vom Partner verlangen, dass er immer da sein und sich für uns aufopfern solle, wenn wir selber nicht bereit sind, Opfer für die Beziehung zu bringen.
> Kann mein Partner die Erwartung erfüllen?
Die Sache ist möglich und für Sie selber ist die Erfüllung des Wunsches ein Klacks? Das heisst noch lange nicht, dass das auch für den Partner gilt. Gut möglich, dass man auf einen Bereich gestossen ist, der das Gegenüber überfordert und wo man vor dem «Unvermögen» des Partners tolerant sein muss. Jeder von uns hat seine wunden Punkte, seine Schwächen und blinden Flecken. Ein Partner beispielsweise, der in seiner Herkunftsfamilie nie die Erfahrung gemacht hat, wie man sensibel aufeinander eingeht und füreinander da ist, braucht mehr «Anlehre» und Geduld, um dieses Verhalten zeigen zu können. Dann ist bereits sein Bemühen ein wichtiger Schritt in die gewünschte Richtung.
DER ERWARTUNGSKATALOG
Erwartungen lassen sich in folgende Kategorien einteilen:
Typ
Inhalt
Realistische Erwartungen
Erwartungen an die Beziehung und den Partner, die erfüllt werden können und die auch wichtig sind und guttun:
«Ich erwarte von meinem Partner, dass er mich ab und zu mit einer Kleinigkeit überrascht und mir so seine Zuneigung und Liebe zeigt.»
«Ich erwarte, dass mein Partner sich genauso wie ich für unsere Beziehung einsetzt und ihr Sorge trägt.»
Überhöhte Erwartungen
Erwartungen, denen nachzukommen zwar möglich ist, die aber schon einiges erfordern. Sie entstehen oft aus einer Leidenschaftsphase heraus und können langfristig nur schwer erfüllt werden:
«Ich erwarte von meinem Partner, dass er jeden Samstagabend etwas Aufregendes für mich organisiert.»
Unrealistische Erwartungen
Erwartungen, die praktisch unmöglich zu erfüllen sind:
«Ich erwarte von meinem Partner, dass er in meiner Anwesenheit immer gut gelaunt ist.»
«Ich erwarte von meinem Partner, dass er weiss, wie es mir geht. Sonst liebt er mich nicht.»
Diffuse Erwartungen
Eine Erwartungshaltung gegenüber dem Partner, deren Inhalt man nicht konkret ausformulieren kann; oft mit schwelender Unzufriedenheit verbunden:
«Ich kann nicht genau sagen, was ich anders haben möchte. Aber irgendwie müsste etwas ändern, damit ich in der Beziehung zufrieden bin.»
Lisa…
…hat in ihrer Kindheit Gewalt erfahren und musst mit häufigen Wechseln von Bezugspersonen fertigwerden. Als Folge davon ist sie noch als junge Erwachsene zurückhaltend und misstrauisch. Als sie Martin kennenlernt, lässt sie ihn lange um sich werben. Aus einer tiefsitzenden Angst heraus scheut sie davor zurück, sich zu öffnen, weil sie nicht verletztwerden möchte. Martin lässt nicht locker und gewinnt schliesslich Lisas Zuneigung. Doch auch in der Beziehung zieht sie sich nach wie vor schnell zurück. Martin hat erwartet, dass nach der Eheschliessung alles anders werden würde, sie sich ihm öffnen und ihr «kompliziertes» Verhalten ablegen würde. Nun erkennt er, dass es viel Geduld brauchen wird, um zu diesem Ziel zu gelangen.
Erwartungen anzupassen, ist keine Niederlage
Vielleicht zögern Sie, Ihre Ansprüche auf ein realistisches Niveau anzupassen, weil Sie befürchten, die eigenen Bedürfnisse zu verraten oder schlicht nachgeben zu müssen? Das ist zwar verständlich, doch dieseBefürchtungen sollten Sie nicht in Ihrem Weg stehen lassen. Tatsache ist: Hat man seine Erwartungen erst mal auf ein realistisches Niveau angepasst, wird man oft mit der Erkenntnis belohnt, dass das, was man tatsächlich bekommt, durchaus genügt. Denn der Gradmesser sind einzig Sie – und nicht gesellschaftliche Idealvorstellungen oder irgendwelche sozialen Normen. Lassen Sie sich Ansprüche nicht von aussen aufdrängen. Es ist völlig
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