Was sich liebt das raecht sich - Roman
verlieren, was ihm wichtig war – seine Firma, seine Familie, sein Heim. Er blickte auf sein Telefon. Iris hatte schon so lange nicht mehr angerufen, dass er sicher wusste, etwas wäre mit seiner Tochter nicht in Ordnung. Sie beide hatten immer eine enge Bindung
zueinander gehabt, und daher konnte er einfach nicht verstehen, dass Iris ihn plötzlich mied – außer, Judd hätte irgendwas damit zu tun.
Er trank seinen Whiskey aus und überlegte, wie in aller Welt ihm seine Familie je verzeihen sollte, falls er Shamrock tatsächlich verlor. Mit einem Mal erkannte er, dass er Tavvy viel zu lange ausgeschlossen hatte, und in dem Bewusstsein, dass er sich mit ihr versöhnen musste, stand er auf. Höchste Zeit, dass er nach Hause fuhr und für seine Fehler geradestand. Ohne auf die Atemlosigkeit zu achten, die ihn noch mal kurz zum Stehenbleiben zwang, tat er etwas, was er schon seit Monaten nicht mehr getan hatte.
Mit einem entschuldigenden Lächeln in Richtung des Porträts von seinem Vater schaltete er den Computer aus, sagte der überraschten Erica auf Wiedersehen und fuhr ein paar Stunden früher heim.
Eingehüllt in einen dicken Pulli ihres Mannes und in einen warmen Schal, führte Tavvy Kitty wie versprochen durch den Stall. Lochlin hatte in den letzten Wochen derart gestresst gewirkt, dass sie den Termin mehrmals verschoben hatte, aber da er in der letzten Zeit immer bis spätabends in der Firma war, fand sie, es wäre an der Zeit, dass sie Kitty endlich eine Chance gab.
Sie strich Moccachino mit langen, kräftigen Bewegungen über das breite Hinterteil und hielt dann der anderen Frau die Bürste hin. »Sehen Sie, es ist ganz leicht. Probieren Sie es mal aus.«
Ein bisschen nervös, weil sie in der Nähe eines derart großen, unberechenbaren Tieres war, nahm Kitty die Bürste in die behandschuhten Hände und ahmte Tavvys Streicheleien zaghaft nach. Dann wurde sie mutiger und fuhr kraftvoller und schneller über das weich glänzende
Fell. »Das ist die reinste Therapie!«, rief sie begeistert aus.
»Nicht wahr? Ich habe schon unzählige Stunden hier vergeudet, denn die Versorgung der Tiere macht mir einfach einen Riesenspaß.«
Kitty wies auf Petra, die energisch frisches Stroh in die Boxen schaufelte. »Sie wirkt unglaublich engagiert, auch wenn sie ein bisschen furchteinflößend ist.«
»Sie hat ein Herz aus Gold und die soziale Kompetenz einer Einsiedlerin«, stimmte ihr Tavvy fröhlich zu und erzählte ihr von ihren Plänen für den neuen Stall und vielleicht auch noch die neue Katzenunterkunft.
»Klingt wunderbar«, stellte Kitty ehrlich beeindruckt fest. Es überraschte sie, wie gern sie mit der anderen Frau zusammen war, aber sie empfand in vielerlei Hinsicht grenzenlose Bewunderung für sie. Mit der Gründung der Arche Noah hatte sich Tavvy auf ein ihr bis dahin völlig fremdes Terrain gewagt und etwas Fantastisches daraus gemacht. Kitty wünschte sich, sie hätte wenigstens die Hälfte ihres Muts.
»Was denken Sie gerade?«, wollte Tavvy wissen, als sie Kittys straff gespannte Schultern und den unglücklichen Ausdruck ihrer sanften grauen Augen sah. Sie fragte sich, ob Kitty vielleicht nur zu höflich war, um ihr zu sagen, wie entsetzlich sie ihre Zusammenarbeit fand. »Ich werde nicht beleidigt sein, wenn Sie es sich noch einmal anders überlegen, versprochen«, sagte sie. »Ich meine, ich liebe die Arche Noah , aber ich erwarte nicht, dass es allen anderen genauso geht.«
»Wenn Sie mir hier einen Job anbieten würden, würde ich sofort zusagen.« Kitty blickte wehmütig in Richtung des Wohnhauses von Pembleton. »Weil ich von allem hier total begeistert bin. Pembleton … ich finde es einfach zauberhaft, es kommt mir wie ein richtiges Zuhause vor.
Natürlich ist auch Brockett Hall ein wunderschönes Haus, doch es erscheint mir eher wie eine Eisskulptur. Da es bei aller Pracht einfach keine Seele hat.«
Tavvy erschauderte, denn Kitty hatte völlig recht. Auch ihr war Brockett Hall immer wie ein Mausoleum vorgekommen, furchtbar kühl und etwas unheimlich, wobei es für ihre Empfindungen natürlich Gründe gab. »Waren Sie jemals in Foxton Manor, dem Haus von Leo Beaumont? Sie würden es wahrscheinlich lieben, es ist altmodisch und gemütlich, und man spürt ganz einfach, dass dort jemand lebt.« Sie blies auf ihre kalten Hände. »Armer Leo, im Dorf macht das Gerücht die Runde, dass seine Frau Lexi ihn betrügt, aber keiner von uns will glauben, dass das stimmt.«
»Oh, es stimmt.«
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