Was sich liebt das raecht sich - Roman
noch funktioniert hatte, versuchte vergeblich zu verstehen, was er hörte und sah. Caitie spielte zusammen mit Elliot Harrington Theater? Und mit wem trank Tavvy da Kaffee? Doch bestimmt nicht mit der Ehefrau von Judd? Sein Blick wanderte von Kitty zu der aufgeschlagenen Zeitschrift auf dem Tisch, auf dem der Verrat durch seine andere Tochter in prachtvollen Farben abgebildet war. Iris, die wunderschöne, talentierte Iris, in den Armen von Judds Sohn. Iris, die zu Jett gegangen war.
Krächzend zerrte Lochlin am Kragen seines Hemds, während der Schweiß in dichten Strömen über seinen Körper rann.
Shay trat ängstlich auf ihn zu. »Dad? Alles okay?«
Lochlin schüttelte den Kopf, rang nach Luft und griff
sich an die Brust. Der Schmerz, der ihn bereits seit Wochen plagte, dehnte sich bis in sein Genick und seine Arme aus und nahm immer weiter zu, bis er den Druck kaum noch ertrug. Er nahm verschwommen wahr, dass Caitie und Tavvy angelaufen kamen, während Kitty sich das Telefon schnappte und einen Krankenwagen rief, hörte ihre Stimmen wie aus weiter Ferne und versuchte, Luft zu holen, ehe er bewusstlos in den Armen seines Sohns zusammenbrach.
16
Tavvy fuhr erschrocken auf, nachdem sie, ihren Kopf auf Lochlins Bett im Krankenhaus gelegt, kurz eingedämmert war. Sofort blickte sie auf den Herzmonitor und atmete erleichtert auf. Die bunten Lichter blinkten, wie sie sollten, die rhythmischen Piepgeräusche waren ebenfalls normal, und Lochlins Gesicht wirkte entspannt. Er sah aus, als schlafe er, und vorsichtig schälte Tavvy sich aus der leicht muffigen Krankenhausdecke, die ihr überlassen worden war, und hob behutsam den Vorhang an. Es war später Nachmittag, doch Tavvy hatte jedes Zeitgefühl verloren, und dass es draußen hell und sonnig war, war ihr augenblicklich vollkommen egal. Sie schob sich die ungewaschenen Haare aus den Augen, zog ein schmuddeliges Gummiband aus ihrer Tasche und band sie zu einem Pferdeschwanz.
Dann fuhr sie sich mit den Händen durchs Gesicht und sah sich müde um. Hatte sie seit Lochlins Herzinfarkt auch nur einmal länger als zehn Minuten am Stück die Augen zugemacht? Sie wachte seit vier Tagen an seinem Krankenbett, ohne dass sich sein Zustand verändert hätte. Shay und Caitie waren regelmäßig aufgetaucht, aber sie hatte sie immer wieder weggeschickt und ihnen irgendwelche Aufgaben gegeben, um sie zu beschäftigen. Zum Beispiel hatten sie Iris kontaktieren sollen, doch seit Tagen hatte niemand sie erreicht. Seit sie das Bild von ihrer Tochter und Ace Harrington gesehen hatte, war ihr klar, weshalb Iris auf Distanz zu ihrer Familie gegangen war,
dass Iris allerdings einen Plattenvertrag mit dem größten Feind des Vaters unterschrieben hatte, glaubte Tavvy keinen Augenblick.
Seufzend nahm sie Lochlins Hand. Sie weigerte sich ebenfalls zu glauben, dass ihr Mann den schweren Herzinfarkt nicht überleben würde, obwohl die Ärzte sie gebeten hatten, auf alles gefasst zu sein, was das auch immer hieß. Sie strich Lochlin zärtlich eine Locke aus der Stirn. Seine Haut war geradezu gespenstisch bleich, und er wirkte irgendwie geschrumpft. Die magere, zerbrechliche Gestalt in dem viel zu großen Bett hatte keine Ähnlichkeit mehr mit der kräftigen, humorvollen Person mit den breiten Schultern und dem dröhnenden Lachen, die die große Liebe ihres Lebens war.
»Hallo, Mrs Maguire«, grüßte Rosie, eine hübsche irische Schwester mit einem prachtvollen Hinterteil. Sie brachte Lochlins Medizin und plauderte so gut gelaunt mit ihm, als höre er jedes Wort. »Ich wünsche auch Ihnen einen wunderschönen Tag, Mr Maguire!«, flötete sie. »Ach, könnten Sie doch sehen, was für ein herrlicher Tag es ist. Aber bald werden Sie wieder auf den Beinen sein, und dann können Sie rausgehen und die Sonne genießen, nicht wahr?«
Tavvy wischte sich die Tränen weg und sah Rosie mit einem dankbaren Lächeln an. Bestimmt würde es ihrem Mann gefallen, dass eine so hübsche junge Irin sich um ihn kümmerte.
Nach einem Blick auf die Geräte trug Rosie die Werte in eine Tabelle ein, tätschelte Tavvy aufmunternd die Schulter und erklärte ihr: »Sie dürfen sich keine Vorwürfe machen. Sie konnten ja nicht wissen, dass er schon seit Wochen immer wieder leichte Herzanfälle hatte.«
Tavvy nickte schniefend mit dem Kopf. Obwohl alle hier sehr freundlich zu ihr waren, wurde sie das Gefühl
einfach nicht los, dass sie hätte wissen sollen, wie krank Lochlin gewesen war. Warum hatte sie nicht bemerkt,
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