Was sich liebt das raecht sich - Roman
vor. Am liebsten hätte sie sich eingeredet, dass das alles nur ein fürchterlicher Traum gewesen war, aber es war real, was der stechende Schmerz in ihrem Herzen ihr bewies.
Sie hatte ihr Gepäck am Flughafen gelassen, um es später abzuholen, und hatte jetzt nur ihre Handtasche und einen Strauß der Lieblingsblumen ihres Vaters – einen dicken Bund blauvioletter Iris – dabei. Sie trug eine eng sitzende weiße Jeans zu einem schwarzen T-Shirt und hatte sich die blonden Haare achtlos aufgesteckt, denn ihr Aussehen war ihr augenblicklich vollkommen egal. Nun, da sie endlich hier war, wollte sie nur noch zu ihrem Dad.
Nach einer halben Ewigkeit hatte sie sein Zimmer gefunden.
Shay und ihre Mutter waren bereits dort und standen neben einem Bett, das von einer Unzahl medizinischer Geräte und Schläuche umgeben war.
Als sie ihren Vater derart schwach und hilflos sah, brach sie in Tränen aus. »O mein Gott, ich kann einfach nicht glauben, dass das tatsächlich passiert ist und dass ich nicht hier gewesen bin. Könnt ihr mir das je verzeihen?«, stieß sie schluchzend aus. »Das mit Ace ist vorbei … Ich liebe ihn, aber die Sache mit ihm ist furchtbar schiefgelaufen …«
»Iris!« Tavvy fiel ihr um den Hals und drückte sie so fest, dass Iris das Gefühl hatte, ihr würden alle Knochen brechen. »Ich bin so froh, dass du wieder zuhause bist, Liebling. Bitte, mach dir keine Vorwürfe. Was ist zwischen Ace und dir passiert?«
»Ich kann noch nicht einmal darüber reden«, krächzte Iris und war dankbar, als auch Shay sie tröstend in die Arme nahm. »Es ist … es ist aus … Es hat sich herausgestellt, dass ihr alle vollkommen … umsonst von mir verraten worden seid.«
»Pst.« Shay küsste sie zärtlich auf den Kopf. »Schön, dich zu sehen, das meine ich wirklich ernst. Himmel, so braun, wie du bist und mit der schicken neuen Frisur hätte ich dich beinahe nicht erkannt.«
Sie sah ihn mit einem schwachen Lächeln an. »Gibt es irgendeine Veränderung?«
Shay verzog unglücklich das Gesicht. »Noch nicht. Aber die Ärzte wollen nachher noch mit uns sprechen.«
Tavvy sah die Tochter ängstlich an. Sie hatte keine Ahnung, was zwischen dem Mädchen und Ace vorgefallen war, doch Iris wirkte wie ein Schatten ihrer selbst.
»Hat Ace … hat er dich irgendwie verletzt?«
Iris kämpfte gegen ein neuerliches Schluchzen an. »Und wie. Aber er ist auch einer der nettesten, echtesten Menschen, denen ich jemals begegnet bin. Deshalb tut es ja so
weh.« Sie schnappte sich ein paar Taschentücher vom Tisch neben dem Bett.
Ein freundlich aussehender Mann mit grauem Haar betrat den Raum, stellte sich als Dr. Kemple vor und wollte von ihnen wissen: »Sind jetzt alle da?«
»Bis auf meine Tochter Caitie.« Tavvy sah auf ihre Uhr. »Sie ist unterwegs, muss aber irgendwo aufgehalten worden sein.«
Dr. Kemple blickte kurz auf seine Unterlagen und erklärte ruhig: »Trotzdem müssten wir, wenn möglich, das Gespräch gleich jetzt führen. Weil ich nämlich heute Abend noch zu drei weiteren Patienten muss.«
Tavvy nickte. »Also gut.« Und riss ängstlich die bernsteinfarbenen Augen auf. »Wie sieht es aus?«
»Nun, ich fürchte, die Prognose ist inzwischen nicht mehr ganz so gut wie ursprünglich erhofft«, begann er vorsichtig. »Wir haben eine Reihe verschiedener Therapien ausprobiert, aber bisher hat keine angeschlagen, und in Situationen wie dieser müssen wir unglücklicherweise an die langfristigen Folgen denken, wenn jemand so lange künstlich am Leben erhalten wird …«
Tavvy schrie leise auf und sank auf einen Stuhl. Iris blendete den Doktor einfach aus, setzte sich neben ihren Vater und nahm seine Hand, und Shay raufte sich unglücklich das dunkle Haar.
»Und wir können wirklich nichts mehr tun?«, fragte er, und ihm war anzuhören, dass er vollkommen erschüttert war.
Dr. Kemples Miene wurde ernst. »Wenn Sie wollen, können wir uns darüber, ob eine Organspende für Sie in Frage kommt, unterhalten, aber mir ist klar, dass es alles andere als einfach ist, in einer Zeit wie dieser an so etwas zu denken …«
Tavvy warf sich die Hand vor den Mund.
»Er bewegt die Hand!«, rief Iris aus.
Der Arzt nickte verständnisvoll. »Das ist eine unbewusste Reaktion«, erklärte er. »Das kann durchaus passieren, doch ich fürchte, dass das nur die Nervenenden sind. Eine solche Reaktion heißt nicht, dass er wieder zu sich kommt.«
»Er hat sie noch mal bewegt!« Aufgeregt sprang Iris auf. »Ich schwöre, er hat mir
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