Was sich liebt das raecht sich - Roman
Beagle, immer wieder in die Quere kam. Sie würde viel zu spät zur Arbeit kommen, das wusste sie. Ihre Frisur war wild zerzaust und ihre Mascara verschmiert, denn sie hatte sich die ganze Nacht in ihrem Bett gewälzt und überlegt, ob sie ihren Eltern erzählen sollte, mit was für einem Angebot Judd an sie herangetreten war.
»Hast du was verloren, Schatz?«
In einem honiggelben Seidenkleid, das sie bei Oxfam erstanden hatte, und in ihren Stiefeln aus künstlichem Leopardenfell kam Tavvy in die Küche und summte fröhlich vor sich hin. Inzwischen fielen ihr die Worte zu der letzte Nacht notierten Weise ein, worüber sie zu ihrer Überraschung wirklich glücklich war.
»Eine Liebe wie die unsere ist rar«, summte sie vor sich hin, » selten kostbar, wunderbar … die größte Liebe weit und
breit, voller Liebe, Leidenschaft und Zärtlichke-eeeit …« Sie blickte auf Iris, die gerade einen Korb mit Wäsche auskippte.
»Mein Handy.« Iris runzelte die Stirn. »Ich habe es gestern noch gesehen, aber jetzt ist es verschwunden .« Frustriert ließ sie ein paar von Caities farbenfrohen Tangas auf den Kopf des Hundes fallen, und der stieß ein empörtes Jaulen aus.
Tavvy hielt ihre Tochter davon ab, weiter Slips durch den Raum zu schleudern, und erklärte: »Ich glaube kaum, dass es zusammen mit der Unterwäsche in dem Korb gelandet ist. Außer du steckst es in deinen BH, so wie es Caitie manchmal macht.« Lächelnd überlegte sie, weshalb Iris so geistesabwesend war. Ihre bernsteinfarbenen Augen wirkten trüb, und sie fuchtelte nervös mit ihren Händen, was beides deutlich zeigte, dass irgendetwas nicht in Ordnung war.
»Alles okay?«, fragte Tavvy beiläufig, während sie nach einer von Shays Boxershorts von Abercrombie griff.
Iris zuckte mit den Schultern. »Ich komme zu spät zur Arbeit, dabei hatte mein Boss in letzter Zeit unglaublich viel Verständnis dafür, dass ich in Gedanken oft woanders war.« Unglücklich brach sie ab. Wie gern hätte sie Tavvy von Judds Angebot erzählt, weil die andauernde Heimlichtuerei wie ein bleiernes Gewicht auf ihrer Seele lag.
Meistens waren ihre Mutter und sie wie zwei Schwestern, tratschten über Jungs und Sex und unterhielten sich endlos über Musik, aber das hier, nun, sie hatte einfach das Gefühl, dass dieses Angebot von Judd etwas anderes war. Aus irgendeinem Grund kam es ihr so vor, als könnte sie sich ihrer Mum nicht anvertrauen, denn schließlich führten ihre beiden Eltern sich hinsichtlich der Harringtons total seltsam auf. Deshalb kroch sie unter den Küchentisch und suchte dort nach ihrem Telefon.
Unbehaglich hievte Tavvy den Wäschekorb in die Abstellkammer und seufzte leise auf. Seit Judds Rückkehr nach Meadowbank waren sie irgendwie alle aus dem Gleichgewicht geraten; die starke, verschworene Gemeinschaft der Familie driftete auseinander, wie wenn allein Judds Gegenwart ihren bisher undurchdringlichen Kreis zerstört hätte.
Sie stützte sich auf den Wäschekorb und dachte, dass es ein Fehler war, ihren Kindern nichts von der Vergangenheit zu sagen. Doch dann stieg das Bild von Judds boshaftem Gesicht vor ihrem geistigen Auge auf und rief die Löwenmutter in ihr wach. Nein, sie wollte ihre Kinder vor dem Mann beschützen, sie sollten nicht in sein bösartiges Spiel mit einbezogen werden.
»Oh, Iris, ich habe dein Handy gefunden!«, rief sie und zerrte das Gerät unter einem Stapel alter Zeitschriften hervor. »Du hast eine SMS.«
»Wahrscheinlich von Matt. Kannst du sie dir kurz ansehen? « Iris zog sich einen Fleecepulli über den Kopf und stöhnte, als sie merkte, dass ihr Haar erneut durcheinandergeraten war. Eilig band sie es zu einem Pferdeschwanz.
Tavvy rief die SMS auf Iris’ Handy auf und las sie eilig durch. Plötzlich rann ihr kalter Schweiß über den Rücken, und beinahe hätte sie das Handy vor lauter Schreck fallen gelassen.
»Was schreibt er?«, wollte Iris wissen, während sie in den Wasserkocher wie in einen Spiegel sah. »Ist er sehr sauer auf mich? Ich hatte ihm versprochen, heute möglichst früh da zu sein, denn wir haben jede Menge OPs.«
»Die SMS ist nicht von Matt.« Tavvy kam wieder in die Küche, setzte sich langsam an den Tisch und schob Iris das Handy hin. »Sie ist von Judd Harrington.«
Iris wurde starr vor Schreck, dann ließ sie jedoch zitternd ihre Hände sinken, griff nach dem Handy und las
die Nachricht durch. » Haben Sie sich schon entschieden? Die Zeit für die Gesangsstunden in L. A. wird langsam knapp.
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