Was sich liebt das raecht sich - Roman
allem fähig ist.« Dann verzog er das Gesicht und wollte mit Grabesstimme wissen: »Glaubst du, dass mir Lochlin je verzeihen wird?«
»Davon bin ich überzeugt. Gib ihm nur ein bisschen Zeit«, erklärte sie, obwohl sie sich in ihrem tiefsten Inneren nicht wirklich sicher war. Falls Judd wirklich Lochlins Erzfeind war, würde Lochlin Charlies Wechsel sicher als den Gipfel des Verrates ansehen.
»Ich komme mir wie das totale Arschloch vor.« Charlie hievte sich aus dem Pool, warf schlecht gelaunt ein Handtuch über seine Schulter und marschierte aus dem Raum: »Ich klimpere erst mal ein bisschen auf meiner Gitarre rum.«
Im selben Augenblick wackelten die Zwillinge auf hochhackigen Schuhen Richtung Pool. Sie hatten sich das blonde Haar zu Pferdeschwänzen gebunden, trugen leuchtend rote Badeanzüge mit höher ausgeschnittenen Beinen, als man sie in Baywatch sah, und hatten sich so dick mit künstlicher Bräune eingeschmiert, dass ein kränklicher orangefarbener Ton ihre Körper überzog.
Susannah sah die mürrischen Gesichter ihrer Töchter, woraufhin sie ihre Sonnenbrille abnahm. »Was ist los?«
»Wir wollen nicht zu dieser blöden Aufführung«, erklärte Skye ihr trotzig, während sie ein Glas mit Saft auf den Glastisch krachen ließ.
»Auf keinen Fall«, stimmte ihr Abby zu und spielte mit ihrem Pferdeschwanz.
»Etwa, weil Caitie Maguire die Titania spielt?«
»Mein Gott, auf welcher Seite stehst du eigentlich?«, fragte Skye verletzt zurück. »Ich dachte, du würdest verstehen, wie fertig es uns macht, dass schon wieder jemand anderes die Hauptrolle bekommen hat.«
Susannah musste ein Lächeln unterdrücken. »Tut mir leid. Natürlich verstehe ich, wie fertig euch das macht. Aber ihr werdet noch eure Chance bekommen. Weil es schließlich auch noch andere Rollen gibt.«
Abby schob schmollend ihre Unterlippe vor. »Hugo, unser Lehrer, hat gesagt, wir sähen für die Rolle der Titania zu ›erfahren‹ aus.«
»Ihr seht für euer Alter wirklich schon ziemlich … erwachsen aus«, gab Susannah diplomatisch zurück und zupfte an Skyes Pferdeschwanz. »Ihr seid genauso talentiert wie Caitie, nur waren bisher einfach noch nicht die passenden Rollen für euch dabei. Das ist alles.«
Skyes Blick wurde verträumt. »Im Sommer werde ich die Julia spielen. Es ist mir egal, was Hugo sagt, die Rolle gehört mir.«
»Oder mir«, fügte Abby stirnrunzelnd hinzu.
Grinsend wandte sich Susannah wieder ihren Büchern zu und riss erfreut die Augen auf, als sie die Zahlen sah. »Oh, mein Gott, im letzten Jahr hat Valentine zwei Millionen Pfund Gewinn gemacht!«, stieß sie mit schriller Stimme aus.
»Ist das gut?« Abbys Ton verriet, wie langweilig das Thema für sie war.
»Das ist sogar fantastisch .« Fröhlich sprang Susannah auf. »Das müssen wir feiern. Kommt, wir machen eine Flasche Schampus auf!«
»Davon dürfen wir nichts trinken«, rief die gewiefte Skye ihr in Erinnerung. »Weil wir schließlich noch keine achtzehn sind.«
»Was du nicht sagst«, stellte Susannah fest, löste die Folie von einer Flasche Krug und bedachte ihre Töchter mit einem vielsagenden Blick. »Aber falls ihr denkt, ich wüsste nicht, dass ihr schon länger trinkt, habt ihr euch eindeutig geirrt.« Damit ließ sie den Korken knallen, und kichernd hielten Skye und Abby ihr die leeren Gläser hin.
Iris beschloss, Shay zu suchen und dazu zu überreden, dass er doch mit zu der Aufführung der kleinen Schwester kam. Sie spähte aus dem Fenster Richtung Gartenhaus, bemerkte schwachen Kerzenschein und entschied sich, nachsehen zu gehen. Das malerische Gartenhaus war ein rosenumrankter Bau aus Buchenholz, durch dessen einmaliges Glasdach man des Nachts den Sternenhimmel sah. Wenn Shay irgendwo in aller Stille seine Wunden lecken musste, zog er sich am liebsten in das Häuschen, das mit bunt gestreiften Kissen aus Marokko, farbenfrohen Teegläsern und unzähligen Reisebüchern urgemütlich eingerichtet war, zurück.
»Ich wusste, dass ich dich hier finden würde.« Sie
streckte ihren Kopf durch die Tür des Pavillons und winkte sich den dichten Zigarettenrauch, der ihr entgegenschlug, aus dem Gesicht. »Gott, hier riecht es wie in einem Nachtclub!«
Shay sah sie mit einem flüchtigen Lächeln an. »Möchtest du auch ein Glas?«, bot er der Schwester an und hielt ihr eine offene Flasche Rotwein hin. »Oder eher einen Schluck. Ich habe nämlich keine Gläser mitgebracht.«
Sie warf sich neben ihm auf eins der Kissen und nahm ihm
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