Was sich liebt das raecht sich - Roman
aus, aber dein Vater wird sich auch wieder beruhigen. Du weißt ja, wie er ist, wenn er aus dem Gleichgewicht gerät.« Tavvy drückte seine Hand und wünschte sich, in ihrer Familie wären nicht alle derart kompliziert. »Überlass die Sache mir. Ich werde mit ihm reden, okay? Himmel, was für Hitzköpfe ihr zwei doch seid.«
»Die Mühe kannst du dir sparen«, stellte Shay mit einem frustrierten Schulterzucken fest. »Er hat es wirklich ernst gemeint. Aber vielleicht habe ich genau diesen Arschtritt auch gebraucht. Jetzt muss ich mir nur noch
überlegen, was in aller Welt ich aus meinem Leben machen soll.«
Tavvy sah ihn ängstlich an. Sie wusste, wie starrsinnig die beiden Männer waren, und hatte das ungute Gefühl, dass sich die Kluft, die durch den Streit entstanden war, nicht so einfach wieder schließen ließ.
»Kommst du zu Caities Aufführung?«, sprach sie in dem Versuch, die Wogen ein wenig zu glätten, ein anderes Thema an und dachte schuldbewusst an das Kostüm, das noch immer nicht fertig war. Sie hatte die komplizierte Konstruktion mit dem geschnürten Oberteil und dem Rock aus echten Blättern selbst entworfen, augenblicklich aber lag sie noch in einem Haufen auf dem Bett im Gästezimmer, wo die Unzahl verschiedener Teile, die sie noch zusammennähen musste, vor den tollpatschigen Hunden sicher war.
Shay bedachte sie mit einem argwöhnischen Blick. »Wird Dad hingehen?«
Tavvy verschränkte unbehaglich die Hände in ihrem Schoß. »Ähm … ich glaube, ja.«
»Dann rechnet ihr mit mir am besten nicht.« Und mit einem schiefen Lächeln fügte Shay hinzu: »Ich habe die Rede der Titania mindestens schon fünfzig Mal von ihr gehört und möchte ihr den großen Augenblick nicht dadurch verderben, dass ich dasitze wie auf einer Beerdigung. «
Er war allerhöchste Zeit, dass er sich selber einen Namen machte, ohne dass ihm sein Vater oder Shamrock dabei half, überlegte er, als er den Raum verließ, wo Tavvy ganz allein besorgt am Flügel sitzen blieb.
Während von außen der Regen gegen die Fensterscheiben schlug, stand Kitty vor Mrs Meadens erstaunlicher Auswahl an selbst eingemachtem Obst, nahm geistesabwesend
ein Glas Brombeermarmelade in die Hand und kam zu dem Schluss, dass Judd sie abermals betrog. Wahrscheinlich mit Darcy Middleton, dem jüngsten Neuzugang bei Jett, einer attraktiven, selbstbewussten jungen Frau von Anfang dreißig, die ihr auf der Party bei den Valentines begegnet war. Hochintelligent und sexy war sie haargenau Judds Typ.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Mrs Meaden aufgeregt. Sie hatte es kaum erwarten können, sich ihre amerikanische Nachbarin endlich einmal aus der Nähe anzusehen.
»O ja, bitte«, antwortete Kitty und setzte ein freundliches Lächeln auf. »Mein Sohn Elliot vermisst sein Weintraubengelee, aber ich bin nicht sicher, welche Ihrer Marmeladen ihm geschmacklich vielleicht nahekommt.«
Mrs Meaden unterzog sie einer diskreten Musterung. Abgesehen von ihrem etwas zu stark aufgebauschten Haar erschien ihr Kitty Harrington wie eine sympathische Frau von vielleicht Ende vierzig mit einer straffen, zierlichen Figur. Ihre grauen Augen blickten traurig, doch das überraschte Mrs Meaden nicht. Kitty wirkte viel zu nett, um die Frau von Judd Harrington zu sein.
»Da würde ich Ihnen mein Zwetschgenmus empfehlen«, meinte sie und hielt Kitty ein großes Glas mit dem Verkaufsschlager des Ladens hin. »Falls ich mir die Bemerkung erlauben darf, hat es einen herrlich pflaumigen Geschmack und ein Löffel davon peppt jeden langweiligen alten Muffin oder Teekuchen auf.«
»Da haben Sie wirklich eine gute Wahl getroffen«, stellte eine tiefe Stimme fest. »Ich bestreiche meine Brötchen jeden Sonntag möglichst dick mit Mrs Meadens wunderbarem Mus.«
Kitty fuhr herum und entdeckte einen Mann in einer schlabberigen Jeans und einem marineblauen Fischerpullover, der am Hals bereits in Auflösung begriffen war.
Seine blonden Haare waren feucht vom Regen und vor allem hoffnungslos zerzaust, doch in seinen karamellfarbenen Augen lag ein warmer, einnehmender Glanz.
»Ähm … ich bin Kitty Harrington«, stellte sie sich höflich vor und reichte ihm die Hand. »Wir sind vor kurzem aus den Staaten hergezogen, und mein Sohn vermisst die leiblichen Genüsse von daheim.«
»Das kann ich verstehen«, stimmte ihr der Mann mit angenehmer Stimme zu. »Ich bin …« Er wollte ihr seinen Namen sagen, als er plötzlich einen Blick auf seine Kleidung warf. »Himmel, wie ich aussehe!
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